Fußball

„Stani“ hat noch einen Termin bei Putin

Wer den russischen Teamchef Stanislaw Tschertschessow zwei Tage nach dem unglücklichen Scheitern aus Russland im Viertelfinale ans Telefon bekam, der hörte von ihm, wie groß die Enttäuschung über das verlorenen Elferschießen gegen Kroatien noch ist. Nur zu gerne  wäre er Mittwoch Abend beim Semifinale im Luschniki-Stadion wie schon zweimal zuvor bei der WM gegen Saudiarabien und Spanien wieder durch seine Coaching-Zone getigert, hätte erneut versucht, Mannschaft und Publikum zu pushen. Das war seine Mission. „Ich weiß gar nicht, ob ich zu den  letzten Spielen in Moskau noch ins Stadion gehe“, erzählte „Stani“ seinem Tiroler Freund Ralph Schader, „weil mir das weh tun würde.“ Sogar sehr weh.

Die Frage nach der Zukunft, die kann er noch nicht beantworten. Die Heim-WM sah er als große Chance, aus den Spielern alles herauszuholen.  Mit der Devise „ihr könnt daheim Geschichte schreiben, berühmt und unsterblich werden“. Die Stimmung  in ganzen Land wendete sich, war am Ende trotz der Niederlage total positiv. Auch Staatschef Vladimir Putin gratulierte ihm Samstag kurz nach dem Ausscheiden am Telefon. Und meinte, er solle die Augen offen halten und auf die kommenden Aufgaben schauen. Das wäre im Herbst die Nations League gegen Schweden und die Türkei.

Aber „Stani“, der sich persönlich bei der WM perfekt präsentierte,  weiß als Realist, wie schwer es wird, das WM-Niveau zu halten. Wenn die Spieler künftig möglicherweise nicht mehr so motiviert sein, nicht mehr die Unterstützung eines ganzes Landes spüren werden, wenn nicht alles dem großen gemeinsamen Ziel untergeordnet wird: „Ich hätte uns zugetraut, im Luschniki-Stadion mit 70.000 Zuschauern im Rücken das Finale zu erreichen“. Etwas Glück fehlte dazu. Fünf Tage nach dem Endspiel hat er einen Termin bei Putin im Kreml. Und danach? Kommt  Tschertschessow zurück in seine zweite Heimat nach Tirol. Um einmal tief durchzuatmen und nachzudenken.

Die deutschen TV-Zuschauer konnten sich in den letzten Wochen mehrmals überzeugen, dass Tschertschessow seit seiner Zeit in den Neunzigerjahren im Tor von Dynamo Dresden und später beim FC Tirol perfekt deutsch spricht. Auch damit machte er Werbung in eigener Sache. Das wird auch den deutschen Bundesligaklubs nicht verbogen geblieben sein. Von Deutschland heim nach Tirol wäre es kein gar so weiter  Weg…

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