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Streaming ist zu wenig: Die Oldie-Liga will moderner werden!

Österreichs Zukunftshoffnungen Marco Kasper (19), David Reinbacher (18) und Thimo Nickl (21) kämpfen seit Beginn dieser Woche in den „Prospect Camps“ der Detroit Red Wings, Montreal Canadiens und Pittsburgh Penguins um ihre NHL-Karriere, wobei für Kaspers Härte spricht, dass er sein bisher einziges NHL-Spiel trotz gebrochener Kniescheibe nicht vorzeitig beendete. Für Marco Rossi beginnt der Kampf um den Platz im NHL-Kader von Minnesota Wild erst Ende nächster Woche. In Österreich beginnt Freitag sozusagen mitten im Spätsommer die ICE Hockey League, bei der es im Sommer einige Transfers von über 30 jährigen gab, viele daher eine Tendenz zur Oldie-Liga sahen. Die ältesten Mannschaften kommen aus Südtirol, das sind Bozen (Durchschnittsalter 29 Jahre) und Pustertal (28,58), gefolgt von den Kärntner Teams KAC (27,88) und Villach (27,3 Jahre). Das Durchschnittsalter der 13 Mannschaften beträgt 26,66 Jahre.

Liga-Präsident Jochen Pildner-Steinburg kündigte an, als Boss der Grazer 99ers mit Saisonende nach 25 Jahren aufzuhören, ließ allerdings offen, in der Liga weiterzumachen. Die er bei der Präsentation in Velden am Wörthersee als einzigartig in Mitteleuropa lobte. Aber deshalb ist sie noch lange kein Vorzeigeprodukt, wie er behauptete. Die letzte Finalserie zwischen Salzburg und Bozen hatte zugegeben ein gutes Niveau, was man von den Grunddurchgängen nicht behaupten kann. 170.000 Zuschauer in den Play-offs waren okay, der Medienwert betrug 87 Millionen. Ein Problem: Mit Ausnahme von Bozen sind die Spiele der ausländischen Klubs (Pustertal, Fehervar, Asiago, Laibach) weder in Salzburg, Klagenfurt, Villach, Graz, Wien, Linz, Innsbruck oder Feldkirch ein Renner. Sie locken kaum Fans an. Das wird sich nicht entscheidend ändern. Die Liga braucht laut Pildner Steinburg neue Statuten, muss moderner werden. Dass erstmals jedes Spiel via Streaming am Pay-Per-View-Kanal der Liga (live.ice.hockey) zu sehen sein wird, kann ein erster Schritt sein. Aber da muss schon mehr kommen.

Es steht außer Diskussion, dass zu viele, großteils drittklassige Ausländer in der Liga aktiv sind. Bei den acht österreichischen Klubs sind es 68. Spitzenreiter sind Villach (mit dem 40 jährigen Torhüter Jean Philippe Lamoureux), Innsbruck und Vorarlberg mit je zehn. Die Mannschaft aus dem Ländle dürfte trotzdem kaum konkurrenzfähig sein. Titelverteidiger Salzburg, der KAC und die Vienna Capitals begnügen sich vorerst mit sieben. Leider gibt es weiterhin nur einen Klub, der einem österreichischen Trainer vertraut. Das sind die Black Wings Linz mit Philipp Lukas. Bisher fuhren sie gut damit, verdienen allein deshalb schon Applaus. Der Modus hat sich nicht verändert. Ein doppelter Grunddurchgang, nach dem die ersten sechs im Play-off stehen, die vier Mannschaften danach in den Pre-Play-offs um die restlichen zwei Viertelfinalplätze spielen. Danach beginnt die Saison erst so richtig.

Eröffnet wird sie Freitag mit dem Schlager zwischen Salzburg und KAC, den Puls 24 ebenso live zeigt wie Sonntag Linz – Villach. Sowohl der Meister als auch KAC vertrauen neuen Trainern. Bei Salzburg folgte der 45 jährige Amerikaner Oliver David auf Matt McIlvane. Für David ist es das erste Engagement als Head Coach in Europa, in den letzten zwei Saisonen war er Assistent bei Biel in der Schweiz, fiel dort auch dank einer extrovertierten Art angenehm auf. Eine Mannschaft, die zuletzt zweimal Meister war, zu übernehmen ist sicher die schwierigere Aufgabe als die von Kirk Furey beim KAC. Er folgt auf den Finnen Petri Martikainen, der nach zwei Meistertiteln zwar respektiert, aber nie wirklich beliebt war. Bisher enstand der Eindruck, dass  Furey und Assistent Davdi Fischer mutiger agieren lassen, jungen Spielern mehr Möglichkeiten geben. Auch wenn die wichtigsten Neuerwerbungen Oldies sind: Der slowenische Stürmer Jan Mursak (35), der eine Vergangenheit in der NHL (2010-2013 Detroit), in Russland (vier Jahre ZSKA Moskau), der Schweiz (2018-2020 Bern) und Schweden (2020-2023 Frölunda) hat und Center Raphael Herburger (34), der aus der Schweiz nach Österreich zurückkehrte. Der schnelle Johannes Bischofberger, der nach zwei Gehirnerschütterungen lange zusehen musste, gilt praktisch als „Neuzugang“. Nicht mehr dabei: Die KAC-Legende Thomas Koch.  Wegen einer Handverletzung musste er mit 40 seine Erfolgskarriere beenden. Sein Nachfolger als Kapitän: Thomas Hundertpfund.

Einen neuen Trainer haben auch die Vienna Capitals. Marc Habscheid, der sich als Kanadas Teamchef bei der WM in Prag am 25. April 2004 am Weg zum Titelgewinn mit einem 2:2 gegen Österreich nach 0:2-Rückstand zufriedengeben musste. Letzte Saison schaffte er mit Vorarlberg mitunter bessere Resultate als erwartet. In Wien wirkt zwar die Halle dank der neuen Bande attraktiver, aber ist es auch die Mannschaft? Bis auf den schwedischen Durchschnittsgoalie Stefan Steen blieb kein Legionär. Verteidiger Alex Wall oder Stürmer Max Zimmer hätten schon bleiben sollen, aber das ging sich wegen der Spardevise finanziell nicht aus. Der Beste der neuen Legionäre ist der 34 jährige Slowene Rok Ticar, zuletzt zweimal bester Torschütze des KAC. Alles überstrahlt aber die Heimkehr von Dominique Heinrich (Bild) nach 15 Jahren in seine Heimatstadt.  Warum Salzburg seinen Rekordspieler, der letzte Saison ein Leistungsträger war, gehen ließ, bleibt rätselhaft. Für die Capitals ist der Verteidiger ein „Bullen-Geschenk“. Aber trotz seiner unbestreitbaren Klasse wird der 98fache Teamspieler mit Spitznamen „Henker“ nicht alle Lücken schließen können.

Zu hinterfragen bleibt das Tormannthema: Der 21 jährige Sebastian Wraneschitz soll beim Comeback in Wien entwickelt werden. Hoffentlich stimmt´s. Aber das hätte an der Seite von Bernhard Starkbaum sicher besser funktioniert als an der von Steen. Auch wenn Starkbaum schon 37 Jahre alt ist. Er darf nur noch Tormann-Trainer sein.  Das hatte sich General Manager Franz Kalla aus nicht nachvollziehbaren Gründen in den Kopf gesetzt. Damit „raubte“ er Österreichs Team den Rückhalt, der bei den letzten zwei Weltmeisterschaften doch einen großen Anteil am Klassenerhalt hatte. Ob Wraneschitz WM-tauglich wird?  Derzeit traut man den Innsbrucker Haien eher zu, oben mitzuhalten, als den Capitals.

 

 

Foto: Vienna Capitals.

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