Fußball

Trainingslager in Rumänien? Das garantiert schlechte Stimmung

Österreich geht am 14. Juni 2020 im 54.000 Zuschauer fassenden Nationalstadion von Bukarest als 100:1-Außenseiter in die Europameisterschaft, die Quote für den Aufstieg ins Achtelfinale beträgt aber nur 1,40 (siehe unten). 72 Prozent der Österreicher trauen der Mannschaft von Franco Foda Platz zwei hinter Favorit Holland zu, vom Gruppensieg träumt niemand. Deutschlands Weltmeisterkapitän Philipp Lahm (Bild oben) meinte es mit Österreich besser, als er die „Nachbarn“ in die Gruppe zu Ukraine und Holland lotste, als mit seinen Landsleuten, denen er noch Europameister Portugal als zweites Topkaliber zu Weltmeister Frankreich bescherte. „Da muss man  gleich in die Vollen gehen“, meinte Teamchef Jogi Löw ganz gelassen. Die Devise gilt genauso für Österreich.

Foda kündigte kurz nach der Auslosung an, seine Kontakte zu Löw spielen zu lassen, der ja in den Neunzigerjahren sein Trainer beim VfB Stuttgart war. Um an möglichst viele Details über Österreichs Gruppenfavorit Holland zu erfahren, gegen den Deutschland in der Qualifikation in Rotterdam gewonnen, in Hamburg aber verloren hatte. Aber die Unterschiede zwischen Oranje und Rot-Weiß-Rot sieht man schon bei den Marktwerten: Hollands Innenverteidigung mit Virgil van Dijk und Matthijs de Ligt steht mit 175 Millionen im Kurs (van Dijk 100, de Ligt 75,00), die von Österreich mit Aleksandar Dragovic und Martin Hinteregger mit 21, also 154 Millionen weniger.  Mittelfeldmotor Frenkie de Jong vom FC Barcelona ist mit 85 Millionen mehr wert als Österreichs Topspieler  David Alaba (55) und  Konrad Laimer (17) zusammen. Hollands Topstürmer hat mit 45 Millionen 13 Vorsprung auf Marko Arnautovic.

Den Andrej Schewtschenko, der Teamchef der Ukraine, als besten Österreicher nannte. Aber bei Arnautovic gilt es abzuwarten, ob er 2020 in Shanghai vor der Europameisterschaft sein Niveau halten kann, da er in China sicher weniger gefordert sein wird als in Englands Premier League. Die vier Tore, die er zum Abschluss dieser Saison Samstag beim 6:0 von Shanghai SIPG gegen den Vorletzten Shenzhen erzielte, sagen gar nichts. Titelverteidiger Shanghai beendete die Saison als Dritter mit sechs Punkten Rückstand auf den neuen Meister Guangzhou.

ÖFB-Präsident Leo Windtner bezeichnete  Bukarest und Amsterdam als für die Fans günstige Spielorte, die man auch leicht mit Auto oder Zug erreichen könnte. Ganz richtig liegt Windtner damit nicht. Zwischen Wien und Bukarest liegen 1078 Kilometer, zwischen Wien und Amsterdam 1148. Da braucht es mit dem Auto schon an die elf Stunden Fahrzeit quer durch Ungarn nach Rumänien, quer durch Deutschland nach Holland. Fahrzeit mit dem Zug nach Bukarest über 10 Stunden, nach Amsterdam zwölf. Diese Strapazen auf sich zu nehmen, werden sich viele überlegen. Da wird schon das Flugzeug das bevorzugte Tranpsortmittel sein, auch wenn Umweltschützer aufheulen werden. Mit dem Flugzeug sind Amsterdam und Bukarest in jeweils zwei Stunden zu erreichen.

Die dringendste Frage, die im Dezember von Foda mit seinem Staff geklärt werden muss, ist die nach dem Base Camp während der Spiele. Geschäftsführer Bernhard Neuhold nannte Samstag Trainingslager in der Nähe von Bukarest, oder Amsterdam oder in Österreich als die drei möglichen Varianten. 2016 hatte sich das Viersternehotel Moulin de Vernegues in Mallenort, 40 Kilometer vom Flughafen Marseille entfernt, nicht als ideal erwiesen. In der parkähnlichen Hotelanlage war bald die große Langeweile aufgekommen, die Spieler bekamen von Fodas Vorgänger  Marcel Koller kaum „Freistunden“. Wenn schon in der französischen Provence eine gespannte Atmosphäre herrschte, dann wären rund zehn Tage in der Nähe von Bukarest fast ein Garant für schlechte Stimmung. Und eher kontraproduktiv für alle Aufstiegshoffnungen.

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