Fußball

Trimmel, Hosiner, Pogatetz: In Köpenick ist jeder ein Fußballgott.

Bei Rapid brüllen die Fans seit mehr als zehn Jahren Fußballgott statt des Nachnamens Hofmann, wenn die grün-weiße Stimme Andy Marek verkündet, mit der Nummer elf Steffen. Was in dieser Saison zu selten passierte. Sicher mit ein Grund für die Enttäuschung in Grün-Weiß. Im Berliner Stadtteil Köpenick, im Stadion an der Alten Försterei, wird die Ehre, die ihm in seiner Rapid-Zeit nie widerfuhr, auch Christoph Trimmel zuteil. Freitag Abend vor dem Heimspiel des Kultklubs Union Berlin gegen Würzburg. Aber nicht nur bei ihm wird Fußballgott gebrüllt, sondern bei jedem der elf, die  beginnen. Und auch bei denen, die auf der Ersatzbank sitzen. Wie Trimmels Landsleute Emanuel Pogatetz und Philipp Hosiner. Für sie ist jedes Heimspiel eine große Party. Vor allem, weil der  erste Aufstieg in die erste Bundesliga greifbar nahe scheint.

Dahinter steht auch  ein halber Österreicher, wie sich  Helmut Schulte seit seinen zwölf Monaten  bei Rapid vor vier Jahren bezeichnet. In Hütteldorf behaupten viele zu Recht, dass die Fehler, die Grün-Weiß  zur Zeit das Leben so schwer machen, mit dem konsequenten Schulte als Sportchef nicht passiert wären, er nicht mitten im Aufschwung beim Umzug ins neue Stadion die Pferde gewechselt hätte. In Berlin suchte er mit bei Schalke nicht für gut genug befundenen Jens Keller offenbar den richtigen Trainer aus. Der frühere Fahrstuhl-Klub steht nur einen Punkt von Rang zwei entfernt am Relegationsplatz drei. Der Schlachtruf heißt „Eisern Union“. Seine Identität bekam der Klub schon in DDR-Zeiten: Die Union war immer der sympathischere Klub als Serienmeister BFC Dynamo, den die Stasi-Chefitäten förderten, zu dem sie die besten Spieler delegierten.  Union flogen die Herzen zu.Bis heute.

Der Großteil der Fans sind kleine Leute, die Arbeiter. Die selbst beim Ausbau der Alten Försterei anpackten. Aktuell wird der nächste Ausbau von derzeit 22 012 Plätzen geplant. Mit nur 3617 Sitzplätzen wäre die Alte Försterei bei einem Aufstieg nicht für die Bundesliga zugelassen. Eine Sondererlaubnis dürfte es aber geben. Schulte versichert aber, dass der besondere Charakter als Stehplatz-Stadion in jedem Fall erhalten bleiben wird. Den schätzt er schon seit den Zeiten, als er vier Jahre lang Trainer und später Sportvorstand in Hamburg beim Kultklub St.Pauli war. Legendär bei Union ist auch die von der Punk-Ikone Nina Hagen gesungene Vereinshymne.

Dirk Zingler, ein Baustoff-Logistik-Unternehmer, hält als Präsident Schulte seit dessen Amtsantritt im Februar 2016 den Rücken frei, hat in 13 Jahren die Union wirtschaftlich so stark wie nie gemacht: 14.000 Mitglieder, Zuschauerschntit von über 20.000, um den Schultes Ex-Klub Rapid derzeit kämpft. Bei Union gibt es oft mehr Bedarf als Plätze. Das Budget liegt bei 12,4 Millionen Euro, die Union  hat mit 9,16 Millionen Sponsorgeldern  um 1,3 mehr als Hertha BSC Berlin in der ersten Liga. Es ist schick, derzeit zur Union zu gehen. Mitunter kommt auch Deutschlands Teamchef Jogi Löw.

Trimmels Vertrag läuft aus, er wird wohl verlängert. Der Burgenländer ist absolut glücklich mit dem, was derzeit rund um die Eisernen abgeht: „Selbst als wir in Heidenheim 0:3 untergingen, mussten wir zurück auf den Platz, weil uns die Fans eine halbe Stunde nach Abpfiff feierten. Das ist Wahnsinn.“ Den es bei Rapid derzeit, siehe Wolfsberg, nicht  geben könnte: „Jeder wünscht sich hier den Aufstieg. Wir trauen und das zu. Aber es ist kein Muß“, sagt Trimmel. Der Kapitän hat einen großen Namen: Kroos! Aber es ist nicht Toni, der Weltmeister und Real Madrid-Star, sondern Bruder Felix, von Schulte  nach einer Leihe für 500.000 Euro fix von Werder Bremen geholt, gemeinsam mit Keller zum Kapitän ernannt. Von Toni bekam er das Versprechen: Wenn es um den Aufstieg geht, komm auch er in die Alte Försterei. Und brüllt „Fußballgott“ und „Eisern Union“.

 

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