Wer sechs Tage vor seinem ersten Spiel bei der Europameisterschaft einen Turnierfavoriten im letzten Test besiegt, der ist für die große Herausforderung gerüstet. Das lässt sich über Österreich U 21 nach dem 3:1 (1:0) über Frankreich am Dienstag Abend vor nur 1450 Zuschauern in Hartberg behaupten. Nicht mehr und nicht weniger. Von einem Geheimfavorit in Rot-Weiß-Rot braucht man deshalb gar nicht reden. Nur von einer Mannschaft, die sich als Außenseiter sehr teuer verkaufen wird. Die Franzosen, die nicht auf drei Fixstarter wie Österreich mit Xaver Schlager, Kapitän Philipp Lienhart und Stefan Posch verzichten mussten, bekamen dies zu spüren. Serbien wird es nächsten Montag in Triest hoffentlich auch merken, ebenso später Dänemark und Titelverteidiger Deutschland in Udine.
Denn da steht eine österreihische Einheit am Rasen, die weiß, was sie tun muss, um erfolgreich zu sein. Und darauf konzentriert sie sich. Sie haben ihre Außenseitterrolle völlig angenommen, sind Relisten, tun nur das,was sie können, verzichten auf alles andere. Versuchen nicht zu künsteln oder ein Spektakel zu liefern. Das hat Trainer Werner Gregoritsch bei dieser Truppe geschafft. Die ist gut organisiert, lässt dem Gegner keine Räume, geht aggressiv in die Zweikämpfe, lässt defensiv wenig zu, kann den Ball gut zirkulieren lassen, gut umschalten, weiß die schnellen Spieler richtig einzusetzen, kann den Gegner mit frühem Attackieren auch in Verlegenheit bringen. Das sahen auch Sportchef Peter Schöttel und Teamchef Franco Foda mit Wohlgefallen.
Es gibt in dem Kollektiv keinen mit einer Sonderstellung, aber doch Eckpfeiler: Tormann Alexander Schlager in seiner derzeit herausragenden Form, Kevin Danso als eine Art Abwehrbollwerk, Ivan Ljubic im zentralen Mittelfeld, der so viele Bälle erobert, weil er ein Spiel auch gut lesen kann. Sicher gehörte zu dem Überraschungssieg auch viel Glück dazu. Weil die Franzosen Hannes Wolf (Bild oben) seine Tore zum 1:0 und 2:1 auflegten. Zunächst Nimes-Torhüter Paul Bernardoni, dann 45 Millionen-Verteidiger Ibrahima Konate von RB Leipzig. Weil die Franzosen Sitzer ausließen, oft nur Zentimeter zu Toren fehlten. Aber das 3:1 durch den eingewechselten Flitzer Husein Balic fiel schon durch einen perfekten Konter. Es war verblüffend, wie gut sich Spieler von St.Pölten (Sando Ingolitsch, Balic) oder vom Absteiger Wacker Innsbruck (die „Zaubermaus“ Sascha Horvath) gegen Millionenstars von Olympique Lyon oder RB Leipzig,in Szene setzten. Ein Muster ohne Wert war das Match sicher nicht. Zumindest nicht 65 Minuten lang, ehe die großen Wechselorgien einsetzten. 21 Österreicher kamen zum Einsatz, im Finish kurz auch noch das Trio, das Freitag nicht mit im Autobus nach Italien sitzen wird: Die Austrianer Petar Gluhakovic und Alexander Borkovic sowie Sturm-Talent Michael Lema.
Den Zuschauern wurde jedenfalls etwas geboten. Sie hörten so manche temperamentvolle Anweisung von Gregoritsch bis auf die Tribüne. Was man ja fast schon gewohnt ist. Er sah im Sieg einen wichtigen Schritt vor der Europameisterschaft: „Wir werden das schon richtig einordnen. Der richtige Stellenwert ist ganz einfach der, dass wir jetzt endgültig wissen, etwas zu können“. Und zwar als Mannschaft im Teamwork nicht zu wenig.