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Überheblich in den schlechtesten Start seit 1990!

Keinen Punkt nach den ersten zwei Spielen einer Qualifikation für Welt-und Europameisterschaften hatte Österreich zuletzt vor 29 Jahren. Das passierte 1990 mit der Jahrhundertblamage des 0:1 gegen die Färöer in Landskrona und dem 1:4 gegen das damalige Jugoslawien in Belgrad.  Seit Sonntag muss auch Franco Foda mit diesem Makel leben. Und damit, dass Österreich in seiner Teamchefära erstmal seit neun Jahren wieder vier Tore kassierte. Erstmals seit dem 4:4 gegen  Belgien in Brüssel. Mehr waren es nur ein Jahr später beim 2:6 gegen Deutschland in Gelsenkirchen. Das Unentschieden galt 2010 als Erfolg, das 2:4 (1:2) gegen Israel, die Nummer 92 der Weltrangliste, in Haifa am Sonntag als Blamage und Riesenärgernis. Den Grund dafür sprach Sportchef Peter Schöttel schon zur Halbzeit im ORF-Interview an: „Wir haben überheblich gespielt.“

Daher durfte am Ende Österreichs Rekordteamspieler Andreas Herzog  seinen vierten Sieg im achten Spiel mit Israel bejubeln. Sicher seinen bisher wichtigsten. Nach dem man feststellen muss, dass er in seinen knapp acht Monaten als Chef in Israel mehr bewegt hat als Franco Foda in der fast doppelt so langen Zeit in Österreich. Mit Herzog jubelte Sportchef Willi Ruttensteiner, der ihn nach Israel gelotst hatte. Für beide ist´s eine Genugtuung gegenüber ÖFB-Präsident Leo Windtner: Der hatte im Herbst 2017 zunächst den langjährigen Sportchef Ruttensteiner fallen gelassen, dann Herzog als Teamchef verhindert.  Noch eine Negativpremiere brachte für Österreich der schwarze Sonntag in Haifa: Erstmals erzielte ein Legionär aus China drei Tore gegen Österreich. Der 31jährige Eran Zahavi spielt dort, wohin Marko Arnautovic im Winter gerne übersiedelt wäre. In Guangzhou. Allerdings nicht beim Arnautovic-Wunschklub Evergrande, sondern beim kleineren Stadtrivalen R & F. Zahavis Teamkarriere schien zu Ende, bevor Herzog kam. Aus dem Buhmann der Fans wurde wieder ein Liebling. Der in 31 Minuten ein 0:1 in ein 3:1 verwandelte, dann elf Minuten später noch den Assist zum 4:1 von Red Bull Salzburgs-Torjäger Munas Dabbur (Bild oben bei seinem Jubel) leistete. Damit war alles für  Israels zweiten Sieg über Österreich im zehnten Spiel, den ersten seit dem 5:0 vor zehn Jahren im Ramat-Gan-Stadion von Tel Aviv.

Österreich ging nach acht Minuten durch den ersten Schuss auf Israels Tor durch Arnautovic nach Pass von Peter Zulj, von dem man sonst wenig sah, in Führung, beherrschte einen verunsicherten Gegner total, versäumte aber nachzusetzen, ließ die Israelis „leben“. Was Kapitän Julian Baumgartlinger nachher als „unentschuldbar“ anprangerte.  Der erste hohe Ball in Österreichs Strafraum brachte den Ausgleich, bei dem Martin Hinteregger nicht gut aussah. Dann kam die ominöse 40. Minute, in der Israels Goalie Ariel Harush gegen Arnautovic und einen Kopfball von Aleksandar Dragovic das 1:2 verhinderte, bei einem Dragovic-Kopfball an die Latte Glück hatte. Knapp vor der Pause kam Israel nach dem zweien hohen Ball in Österreichs Strafraum zur Führung. Wieder per Kopf, wieder wirkte Hinteregger desorientiert „Wir haben zur Pause nicht gewusst, warum wir in Führung liegen“, gestand Herzog.

Österreichs Versuch, den Rückstand noch in einen Sieg zu verwandeln, brachte in der Offensive außer einem gefährlichen Dragovic-Rückstand wenig. Die Nachlässigkeiten in der Defensive brachten die Israelis 4:1 in Führung, das zweite Tor von Arnautovic war nur noch Resultatkosmetik: „Da fehlen Mentalität und Biss“, ärgerte sich Foda nachher maßlos, „wenn die drei Chancen knapp vor der Pause nicht reingehen, wir den Sack nicht zumachen, muss man doch wenigstens das 1:1 in die Halbzeit bringen. Wir waren bei mehreren Umschaltmöglichkeiten zu lässig, spielten da Hacke eins, zwei, drei statt auf den Endzweck, haben in der Defensive zu schlecht verteidigt. Wir müssen rasch diese Mentalität ablegen.“ Schon vor dem Polen-Spiel hatte er gemeint, nach zwei von zehn Partien könnte in der Qualifikation noch nichts entschieden sein. Aber bei der peinlichen Darstellung  in Israel hatte man nie den Eindruck, dass die Mannschaft in der Zusammensetzung und mit dieser Mentalität eine Siegesserie starten kann, die am 7. Juni gegen Slowenien in Klagenfurt beginnen müsste, um das EM-Ticket zu holen. Foda schloss im ersten Ärger personelle Konsequenzen nicht aus, will künftig Spieler mit besserer Mentalität forcieren. Hätte er ja auch bisher schon tun können.

Um beim Thema Mentalität zu bleiben: Auf einen der mental stärksten Spieler, auf Stefan Lainer, verzichtete Foda in Haifa freiwillig. Das ging auch auf Kosten der Stabilität. Solche Nachlässigkeiten wie vor dem zweiten israelischen Tor von Valentino Lazaro, der auf Lainers Position spielte, passieren dem Kämpfertyp Lainer nie. Und so konnte Herzog, der bei allen israelischen Toren die Arme jubelnd in die Höhe riss, am Ende feststellen: „Bei uns hat sich un Sachen Mentalität schon etwas zum Positiven verändert. Wir brauchten für diesen Sieg  auch eine Portion Glück, aber jetzt bin ich einmal mächtig stolz!“ Mit Recht. „Bild“ titelte in Deutschland mit Schadenfreude: „Herzog blamiert seine Ösis“. Die haben schon sechs Punkte Rückstand auf Polen. Kapitän Robert Lewandowski erlöste in Warschau 60.000 Fans den Favorit in der 76. Minute per Kopf mit seinem 56. Länderspieltor gegen Lettland, so lange stand es 0:0. Nord-Mazedonien holte in Laibach beim 1:1 (0:1) gegen Slowenien einen Punkt, hat damit wie Israel vier Punkte mehr als Österreich.

 

 

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