Christian Seifert, der profilierte Chef der Deutschen Fußball-Liga, räumte nach 16 Jahren, in denen er für neue Umsatz- und Einnahmerekorde sorgte, knapp vor Weihnachten seinen Schreibtisch in der Frankfurter Zentrale. Auf eigenen Wunsch. Die rund 400 DFL-Mitarbeiter in Frankfurt und den Außenstellen in Köln, Berlin, Peking, Singapur und New York bekommen mit 2. Jänner erstmals eine Frau als Chefin: Donata Hopfen (Bild oben), eine frühere Medien-Managerin, eine Vermarktungs-und Digitalexpertin. Der Aufsichtsrat der Liga wählte die 45 jährige, die als bestens vernetzt und durchsetzungsstark gilt, aus. Bei der allmonatlichen Video-Schaltung saß Hopfen im Dezember bereits an der Seite von Seifert. Sie wird die mächtigste Frau in der Geschichte der deutschen Bundesliga, gehört zur kleinen Gruppen, der einflussreichsten weiblichen Führungskräfte in der Fußballwelt.
Als mächtigste gilt die Russin Marina Granovskaia, als Sportdirektorin von Chelsea der verlängerte Arm von Klub-Besitzer Roman Abramowitsch. Sie herrscht über Milliarden, bekam wegen ihrer humorlosen und beinharten Verhandlungsstrategie den Spitznamen „Eiserne Lady“. Fatma Diouf Samoura aus dem Senegal ist seit fünf Jahren die Generalsekretärin beim Weltverband FIFA, führt als erste Frau und Nicht-Europäerin das operative Geschäft. Die italienische Rechtsanwältin Ornella Bellia ist bei der FIFA seit 2019 „Head of Pfoessional Football“, verantwortet die Beziehungen zwischen Verbänden, Ligen, Klubs und Spielern. Englands Verband FA bekommt im Jänner mit Debbie Hewitt eine neue Vorstandsvorsitzende, die früher Chefin eines Autohauses und einer Schnellrestaurant-Kette war. Im französischen Verband gibt es mit Generaldirektorin Florence Hardouin, die auch im Exekutivkomitee der UEFA sitzt, und Generalsekretärin Laura Georges, zwei Spitzen-Frauen. Heike Ulrich arbeitet als Interims-Generalsekretärin beim Deutschen Verband.
Susan Whelan ist als Vorstandschefin bei Leicester der erste weibliche CEO in der Geschichte der Premier League. Baroness Karren Brady, die Vize-Vorsitzende bei West Ham, war bereits 1993 mit 23 Geschäftsführerin bei Birmingham City. 2014 wurde die jüngste Person,die je einen britischen Profiklub geleitet hat, in den Adelsstand erhoben, Amanda Staveley gilt als das Gesicht der neuen Besitzer von Newcastle aus Saudiarabien, die den 360 Millionen Euro-Deal eingefädelt und dabei selbst zehn Prozent erworben hat. Eine Art „Strohfrau“ des Newcastle-Scheichs Mohammed bin Salman, dem Menschenrechtsverletzungen und Anstiftung zum Mord vorgeworfen werden.
Was erwartet Donata Hopfen in Deutschland? „Die Klubs sollen ihr Zeit geben auf dem Weg, der sich am Anfang holprig anführt“, forderte Seifert. Allerhöchste Priorität hat für seine Nachfolgerin das Corona-Krisenmanagement. Weitere heikle Themen sind der Zwist mit dem Bundeskartellamt, das Ausnahmen von der 50+1-Investorenregelung bei Wolfsburg, Leverkusen und Hoffenheim kritisiert, die geplante Reform des Financial Fairplay der UEFA, die Investoren erlauben soll, künftig deutlich mehr Millionen als bisher in Top-Klub zu pumpen, womit die Bundesliga mit der 50+1-Regel international abgehängt werden würde. Die Klubs erwarten von der Vermarktungsexpertin Hopfen das Erschließen neuer internationaler TV-Märkte. Hopfens Motto heißt: Geht nicht, gibt´s nicht!
In Österreich ist Jurist Christian Ebenbauer seit 2018 der Vorstandsvorsitzende der Bundesliga. Wenn er sowie Seifert 16 Jahre im Amt bleiben sollte, wird dann eine Frau seine Nachfolgerin? Mit Ursula Thalhammer hat Ebenbauer eine Assistentin. Frauen auf Spitzenposition in Österreichs Klubfussball? Brigitte Annerl ist Präsidentin bei Hartberg, Diana Langes Swarovski bei WSG Tirol, sie gehört auch zum Aufsichtsrat der Bundesliga. Der LASK hat mit Barbara Niedermayr eine Geschäftsführerin.
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