Fußball

Warum das Fleisch der Austria zu schwach ist

Treffender als der Ex-Austrianer Walter Kogler im Sky-Studio am Mittwoch Abend hätte man die triste violette Lage fünf Runden vor Schluss nicht beschreiben können: „Der Geist ist willig, aber das Fleisch zu schwach“. Und daher sind die Fans in Aufruhr, was sie nach dem Match zuerst den Spielern, danach AG-Vorstand Markus Kraetschmer und dem technischen Direktor Ralf Muhr recht lautstark und gestenreich mitteilten. Beide fanden dafür Verständnis: „Wir sind genauso enttäuscht wie sie“, versicherte Muhr. Kraetschmer konnte den Frust nachvollziehen, „wenn man sich so präsentiert wie wir gegen St.Pölten“. Nach der Fanschelte setzten sich Kraetschmer und Muhr wie so oft in dieser Saison zusammen. In der verdammten Pflicht. Lösungen zu finden, um Sonntag den Bock umzustossen, sprich den ersten Sieg in der Meistergruppe zu landen.

Skepsis ist angebracht, ob sie diese Lösungen finden werden. Denn die entscheidenden Fehler, die jetzt nicht mehr zu reparieren sind, begannen schon vor einem Jahr. Bei der Zusammenstellung des Kaders, hinter der keine klare Philosophie stand, wie die Austria eigentlich spielen will. Elf Neue, eigentlich eine komplette Mannschaft  sollten helfen, in der neuen Generali-Arena so richtig durchzustarten. Doch wenn man nach zehn Monaten Bilanz zieht, wer von den elf Neuen wirklich geholfen hat,kommt man nicht auf viele.

Wirklich durchgefallen sind die Südamerikaner: Ewandro ist bereits in Brasilien, der Chile Cristian Cuervas schwankt als Linksverteidiger zwischen Gefahrenherd und Mitläufer. Das gleiche gilt für die Salzburg-Leihgabe Igor. So überzeugend der Innenverteidiger 2017 im siegreichen Youth League-Siegerteam von Marco Rose unter gleichaltrigen agierte, so durchwachsen sind seine Leistungen in der Bundesliga. Mit Anfängerfehlern wie vor dem ersten Tor von St.Pölten. Auch der von Sturm Graz geholte Innenverteidiger Christian Schoissengeyr ist kein Rückhalt in der Abwehr, wenn er spielt. Im Gegenteil. Die Erwartungen in James Jeggo waren zu groß und falsch. Der Australier fällt am meisten mit Fouls auf, vom erhofften Stabilisator im zentralen Mittelfeld keine Spur.  Die größte Enttäuschung heißt Uros Matic. Keine Spur von dem dominanten Mittelfeldspieler aus einer Sturm-Zeit. Nur eine Zeitlupenversion davon. Woran das liegt? Keiner kann das sagen.

Winterkauf Stirling Yakete galt als Perspektivspieler. Derzeit versucht der Afrikaner dies bei den Young Violets zu zeigen. Bleiben noch vier. Thomas Ebner war im Herbst verlässlich, egal auf welcher Defensivposition er eingesetzt wurde. Heuer spielte er wegen Adduktorenproblemen noch nicht. Er geht ab. Aber das darf keine Entschuldigung sein. Vom nigerianischen Stürmer Bright Edomwonyi (Bild oben) hätte man sich auch mehr erwartet als vier Tore und rei Assists in 21 Einsätzen. Zu wenig für die Ansprüche der Austria. Max Sax, zu Saisonbeginn mit  Knochenmarksödem außer Gefecht. Daher bestritt er nur 15 Spiele, in denen er zeigt, Akzente setzen zu können. Wie seine sechs Assists zeigten. Zu einer dominanten Rolle reichte es bisher aber nicht.  Verletzt war auch lange Zeit Alon Turgeman. Ebenfalls nur 15 Einsätze. Aber nach seinem ersten Doppelpack gegen St.Pölten schon ein Tor mehr als Edomwonyi. Qualitäten im Abschluss hat der Israeli. Vielleicht kann er noch zum Trumpf werden. Aber das dürfte zu spät sein. Wenn von elf Neuen acht zuviel schuldig bleiben, dann muss das Fleisch bei Austria zu schwach sein. Egal, was sich der Trainer, wie derzeit Robert Ibertsberger auch alles einfallen lässt.

Damit künftig ähnliche Fehlgriffe nicht passieren, wäre es eine Überlegung wert, wieder einen Sportvorstand zu installieren. Der die gleichen Kompetenzen für den sportlichen Bereich bekommt wie Kraetschmer für den wirtschaftlichen. So wie es Thomas Parits war. Unter anderem in Austrias letzter Meistersaison. Der Trainer von damals, Peter Stöger, wäre prädestiniert dafür, neuer Sportvorstand bei Austria zu werden. Aber bisher gab es keinen, der ihm das so richtig schmackhaft machen konnte. Oder wollte?

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