Die Spielvereinigung Unterhaching, ein Münchener Vororteklub, bei dem von 2007 bis 2010 die Trainerkarriere von Ralph Hasenhüttl begonnen hatte. Letzte Saison Zehnter der dritten Liga, der auch schon drei Jahre, von 1999 bis 2001, in der Bundesliga erlebt hatte. Montag wird dieser Verein bundesweit in Deutschland für Aufsehen sorgen: Ein mittelprächtiger Drittligist wagt den überraschenden Schritt an die Börse, den im deutschen Fußball bisher allein Borussia Dortmund vor 19 Jahren getan hat. Hinter dem mutigen Projekt, mit dem das Budget für drei Saisonen ohne Abhängigkeit von einem Mäzen gesichert werden, ebenso das Leistungszentrum und der Sportpark, der 15.000 Zuschauer fasst, ausgebaut werden soll, steckt ein Name: Manfred Schwabl, vierfacher deutscher Teamspieler mit Vergangenheit bei Bayern München, Nürnberg und 1860 München. Von 1. Juli bis zum 1.September 1994 hinterließ er auch kurzfristig Spuren in Österreich. Da gehörte er gemeinsam mit Peter Stöger, Souleyman Sane, dem Vater des von Bayern München umworbenen Manchester City-Stars Leroy, und Harald Cerny zum Dreamteam des FC Tirol, das laut Trainer Hans Krankl die Nordkette zum Brennen hätte bringen sollen. Es brannten aber bald nach der Verhaftung von Klubchef Klaus Mair die Finanzen, weshalb Schwabl seine Zelte unter dem Bergisel schon nach sieben Runden abbrach.
2012 übernahm Schwabl das Präsidentenamt in Unterhaching. Als 2015 der Abstieg aus der dritten Liga feststand, kam der mittlerweile 53jährige zur Einsicht, man müsse in Haching etwas anderes machen: „Konkrete Ideen hatte ich damals nicht“, erzählt er jetzt. Schneller und innovativer sollte der Klub werden, zugleich über den Tellerrand hinausschauen. Vor seiner Wiederwahl 2016 machte er die Ausgliederung der Kampfmannschaft in eine Kapitalgesellschaft zum Thema. Die Mitglieder stimmten zu, im Dezember 2018 war es soweit. Mit Wirtschaftsexperten erörterte über Jahre die Frage, was zu Unterhaching passe: Schuden machen durch Fananleihen? Oder sich einem Großsponsor ausliefern? Also Fremd-oder Eigenkapital? Den Weg mit einem einzigen Partner fand Schwabl „zu gefährlich“. Also blieb nur die Börse, um Eigenkapitel aufzustellen.
Die Vorarbeiten leistete ein 15köpfiges Team, die Kosten betrugen etwa 300.000 Euro. Mit der Börse München war man im Gespräch, es gab Umfragen vor Stadien in Bayern bei Fans über die grundsätzliche Bereitschaft zu Investitionen für die Aktie eines Fußbalklubs unter der Bundesliga. Die meisten knüpften ein Ja an Bedingungen wie Kontinuität im Management und Nachwuchsarbeit. „Eien heiße Zeit“ erzählt Schwabl über die Erstellung eines Wertpapierprospekts, in dem das Unternehmen Unterhaching mit 40,21 Millionen Euro bewertet wurde. Zwei Ankerinevestoren erwarben bereits Anteile für vier Millionen: „Warum sollte im Fußball nicht gehen, was bei mittelständischen Unternehmen in anderen Branchen klappt“ fragt Schwabl, der 750.000 der insgesamt 4,5 Millionen Aktien halten wird. Der Verein behält 2,25 Millionen, ein Partner Schwabls 405.000, in den Streubesitz kommen 1,095.000. Die Aktie ist von Montag bis zum 26.Juli für 8,10 Euro zu haben. In dieser Zeit werden 954.365 Stück ausgegeben. Rund 7,7 Millionen brutto sollen eingenommen werden. Schwabl sagt aber am Telefon klipp und klar: „Wenn jemand sein Geld in einem Jahr verdoppeln möchte, muss er es anderswo anlegen. Wir machen kein Harakiri, bleiben bodenständig.“ Trotzdem soll eine neue Ära eingeleitet, Geschichte geschrieben werden: „Es gibt kein Gesetz, dass wir das nicht dürfen“,weiß Schwabl. Die größte Chance für die Aktie sieht er im Aufstieg in die zweite Liga: „In zwei Jahren soll Unterhaching ein solider Zweitligist sein!“
Wenn man Manfred Schwabl in seinem ur-bayrischen Dialekt so reden hört, dann denkt man sofort: Solche visionären Typen würden Östereichs Klubszene auch sehr gut tun. Warum gibt es kein österreichisches Unterhaching? Meister Red Bull Salzburg hat den Börsengang nicht nötig, bei Rapid wird er nach den megaschlechten Erfahrungen mit der Rapid-Aktie Anfang der Neunzigerjahre, die im Ausgleich endeten, kein Thema sein. Aber ansonst? Für LASK, Austria trotz Gazprom-Finanzspritze, Sturm Graz, Wolfsberg, Altach, Mattersburg und so weiter drängt es sich geradezu auf, über das Modell Unterhaching nachzudenken, sich mit Schwabl auszutauschen, wie er das alles geschafft hat. Die Liga am Börsenparkett könnte für neue Impulse sorgen, in Folge auch für mehr Spannung und im Endeffekt für ein besseres Niveau.