Fußball

Was das WM-Ticket mit neuem Nationalstadion verbindet

In Marcel Kollers Heimat Schweiz kann sich Teamchef Vladimir Petkovic  zufrieden in den Winterurlaub begeben: Alle vier Qualifikationsspiele im Herbst gewonnen, so läßt es sich gut leben. Europameister Portugal bezwungen, dann auswärts Österreichs EURO-Bezwinger Ungarn und Andorra, letzten Sonntag daheim die Färöer. Zwar ohne zu glänzen, aber doch. Wenn es um ein WM-Ticket geht, dann sind die Eidgenossen eine Macht: Von den letzten 34 Qualifikationspartien nur eine verloren und die bereits im September 2008. Daheim  gegen Luxemburg. Konnte selbst unter einem Könner wie Ottmar Hitzfeld als  einmal passieren. Jetzt blickt  die Schweiz wieder mitleidsvoll und etwas höhnisch zum östlichen Nachbarn, redet wie das Massenblatt „Blick“ von einer Ösi-Seuche, trotz der Koller bleiben dürfe.  Vor einem Jahr schien Österreich  noch auf Augenhöhe zu sein – aber die Schweizer kamen heuer bei der EURO ins Achtelfinale, scheiterten dort an Polen im Elferschießen und  holten im Kampf um das WM-Ticket acht Punkte mehr. Ohne Punkteverlust zu bleiben schafften ausser der Schweiz nur Deutschland und Belgien. Da erwartet das Massenblatt „Blick“  die  vierte WM-Qualifikation hintereinander. Viel schlechter  die Lage bei Koller, für den viel Gegenwind erkannt wird. Bis Juni habe er als Kapazunder und Koryphäe gegolten, weil er den Ösi-Fußball  nach jahrelangem Dümpeln wachküsste, die erste Qualifikation seit 1998 schaffte. Damals Kaiser Marcel I., jetzt aber am Pranger. Die Sager von ÖFB-Präsident Leo Windtner, der sich lange genug in der Koller-Verpflichtung gesonnt habe, interpretierte der „Blick“ mit: Koller darf bleiben,muss aber liefern.

Nämlich das WM-Ticket, das Windtner noch nicht verloren gibt. Ebenso nicht den Kampf um ein neues Nationalstadion am  Standort des Happel-Stadions. Beide Hoffnungen verbindet eines: Kaum zu erfüllen. Auch wenn Windtner jetzt von einer Studie wusste, bei der mehr für einen Stadionneubau  als für eine Renovierung des Praterareals spreche, die Realität sieht etwas anders aus. Sportminister Hans Peter Doskozil ist zwar bemüht, hat aber auch die Zeichen der Zeit erkannt. Ein neues Stadion für 50.000 Zuschauer oder mehr (um vielleicht wieder einmal ein Champions League-Finale zu bekommen) kann bis an die 100 Millionen Euro kosten. Ob das zu vertreten ist, wenn dort ausser der Nationalmannschaft keiner spielt? Die Stadt Wien ist nach dem Rapid-Neubau, dem Allianz-Stadion in Hütteldorf und  wegen der  Adaptierung von Austrias Generali-Arena natürlich reserviert. Das hörte  Windtner bereits von Bürgermeister Michael Häupl, als um das Team vor der  EURO noch die große Euphorie herrschte, Koller im Wiener Rathaus einen Orden bekam. Da meinte Häupl ganz trocken  zum Thema Neubau, bei einer Drittelfinanzierung zwischen Bund, Stadt und ÖFB könne man darüber reden.   Damit teilte er durch die Blume Windtner bereits die Absage mit. Denn rund 30 Millionen selbst zu investieren, ist für den ÖFB nicht zu stemmen.  Also kann´s höchstens eine Renovierung geben. Um etwa den gleichen Standard wie bei der Heim-EURO 2008 zu erreichen.

Auch der Glaube,  Ex-ÖFB-General Alfred Ludwig als Leiter des Stadionprojekts gewinnen zu können, wird Illusion bleiben. Windtner weiß das, ebenso Doskozil. Der endgültig  seit 30. August, einen Tag nach  der offiziellen Verabschiedung Ludwigs im Kursalon, bei der er das Verdienstkreuz der Republik bekam, Doskozil in seiner Rede ihn auf die gewünschte  Mitarbeit in allen Stadionfragen nochmals ansprach. Am Morgen danach deponierte Ludwig im Ministerium höflich, aber bestimmt, dafür nicht zur Verfügung zu stehen.

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