Fußball

Was die Frauen von den Herren unterscheidet

Würde Österreichs Fußballteam mit David Alaba, West Hams Rekordkauf Marko Arnautovic & Co gegen Argentinien mit Lionel Messi auf neutralem Boden ein 1:1 erreichen, würde dies als grandioser, bahnbrechender  Erfolg, Zugehörigkeit zur Weltklasse, gefeiert werden. Wogegen auch gar nichts einzuwenden wäre. Geschafft haben ähnliches Samstag Abend bei ihrem zweiten Spiel der Europameisterschaft in Utrecht  die Frauen mit elf Spielerinnen aus der deutschen Bundesliga. 1:1 (1.0) gegen Frankreich, die Nummer drei der Frauen-Weltrangliste, mit dem Führungstreffer von Lisa Makas vom MSV Duisburg. Und damit sind die rot-weß-rote Damen nach zwei Partien die große Sensation der Titelkämpfe in Holland. An die Herren erinnert der Gegner  vom Entscheidungsspiel um den Aufstieg ins Viertelfinale am Mittwoch in Rotterdam: Island wie 2016 in Paris. Nur ist die Ausgangsposition eine ganz andere: Die Herren enttäuschten davor, hatten nur einen Punkt. Die Frauen, die einen Punkt vor ihrem ersten Spiel als Erfolg bezeichneten, haben  bereits vier. So viel wie Frankreich, einen mehr als die Schweiz. Daher reicht ihnen ein Unentschieden gegen die bisher punktelosen und bereits ausgeschiedenen Isländerinnen (Samstag 1:2 gegen die Schweiz) zum Aufstieg. Die Herren hätten gewinnen müssen, was nicht gelang.

Unterschiede gibt´s auch bei der Außendarstellung. Die erfrischende Ehrlichkeit von Bayern-Legionärin Manuela Zinsberger, Österreichs Torfrau, über ihren Fehler bei Frankreichs Ausgleich, tat richtig wohl. Ihre Glanztaten strich sie nicht heraus, sie stand zu ihrem Patzer.  Wohltuend, wenn man die Entschuldigungen der Herren-Millionenstars  im Gedächtnis hat. Und zudem hat man noch den  Sager von Deutschlands Trainerjungstar in Diensten von Hoffenheim, Julian Nagelsmann, im Hinterkopf. Der sich als Fan des Frauen-Fußballs outete: „Hier wird weniger gejammert als bei den Männern.  Das ist ein brutal ehrlicher Sport. Frauen heulen halt auch viel weniger rum, wälzen sich nicht am Boden wie die Männer. Da gibt es manchmal Grätschen, da denkst du nur, im Männer-Fußball ist das dunkelrot. Bei den Frauen gibt es einfach gar nichts.“ Wie bei der von der tschechischen Schiedsrichterin Jana Adamkova  ignorierten fast brutalen Attacke gegen die Kapitänin Viktoria Schnaderbeck im Finish: Rißquetschwunde am Knöchel, die genäht werden musste, Fragezeichen hinter dem Einsatz im Entscheidungsspiel um den Aufstieg.

Sympathisch auch die Reaktion von Teamchef Dominik Thalhammer, der sich auf Spekulationen für den Aufstieg gleich nach dem 1:1 vor dem ORF-Mikrofon nicht einlassen wollte, erst um eine „Verdauungspause“ bat, bevor er sich festlegen wollte.  Die Damen kämpfen Mittwoch zur TV-Prime Time in ORF 1 um den historischen Aufstieg, das Heimspiel der Salzburg-Männer gegen NK Rijeka um das Play-off zur Champions League ist nur das Vorspiel dazu. Samstag sahen bei den Frauen schon 704.000 Zuschauer auf ORF 1 zu – ihre bisherige Rekordquote.

Etwas überraschte in Holland: Ein Bild der Agentur GEPA von Österreichs  Trainingsplatz in Wageningen, als Thalhammer, Sportchef  Willi Ruttensteiner und Präsident Leo Windtner Schnaderbeck beim Training beobachteten. Windtner dabei in den gleichen Trainingsklamotten wie Thalhammer und Ruttensteiner. Der Präsident als Betreuer verkleidet. Offenbar benützt er die Damen, um sein etwas ramponiertes Image  wieder aufzubessern. Bei den nicht so erfolgreichen Herren posierte er vor einem Jahr nicht als einer aus dem  Betreuerstab. Aber die Frauen werden das schon verkraften.

 

 

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