Fußball

Was Hütteldorf von Bremen unterscheidet

Grün-Weiß sind sowohl die Klubfarben von Werder Bremen und Rapid. Bei beiden Klubs spielen die Fans eine große Rolle. Aber was den Umgang mit Mißerfolg angeht, gibt es entscheidende Unterschiede. Und da kann Hütteldorf von Bremen doch einiges lernen. Werder muß auf einen Titelgewinn ähnlich lange wie Rapid warten:Letzter Cupsieg 2009, letztmals Meister 2004. Die Platzierungen der letzten drei Saisonen, in denen die Rapid-Fans mit drei zweiten Plätzen hinter Salzburg alles andere als zufrieden waren: 13, 10, 12, immer Abstiegskampf mit Rettung im Finish, fast erst in letzter Minute.  Heuer begann die Saison desaströs: Blamables Cup-k.o.  bei Sportfreunde Lotte aus der dritten Liga, die ersten vier Runden kein Punkt, nach drei bereits der Trainerwechsel.  Ein 0:6 in München bei Bayern, ein 1:4 bei Mönchengladbch, daheim jeweils 1:2 gegen Augsburg und Mainz. Aber beim fünften Spiel  gegen Wolfsburg standen 40.000 Fans wie eine Mauer hinter der krisengeschüttelten Mannschaft, peitschten sie zum ersten Saisonsieg. Seither blieb Bremen noch zweimal unbesiegt.

„Unsere Fans sind der größte Trumpf, vor allem in den schweren Zeiten“, erzählte Österreichs Werder-Legionär  Zlatko Junuzovic stets in den letzten Saisonen, „wenn du mitten im Abstiegskampf , selbst nach schweren Klatschen auswärts, zum nächsten Heimspiel  mit dem Bus durch ein Spalier mit jubelnden Fans die letzten Kilometer ins Stadion fährst, dann gibt das einen zusätzlichen Schub, verleiht das Kraft“. Das Bewußtsein, dass wie in Bremen eine ganze Stadt zum Klub steht, kann es bei Rapid in Wien nicht geben. Schon wegen des violetten Erzrivalen.

 

Bei aller verständlichen Enttäuschung im Westsektor Rapids, der  die Klubpolitik mitbestimmen will,  über nur einen Sieg in den letzten sieben Runden,  über elf Punkte Rückstand auf Platz eins nach elf Runden, sollte man  doch vielleicht über das Bremer Vorbild nachdenken. Ob das nicht mehr hilft als der Mannschaft mit Transparenten und Gesten zu zeigen, wie wenig man sie derzeit schätzt. Auch wenn  90 oder mehr Minuten lang während des Spiels gesungen und geschrien wird, der Eindruck bleibt haften. Die Rapid-Devise aus den Zeiten des legendären Dionys Schönecker, das „gemeinsam kämpfen und siegen“, steht zwar vielerorts  im und rund um das neue Stadion. Aber nicht alle halten sich daran. Es gab bei Rapid schon Zeiten, als sogenannte Fans  zum letzten Training vor einem Derby kamen, Unterstützung  versprachen, aber zugleich handgreifliche Konsequenzen androhten, wenn es keinen Sieg gegen die Austria  geben sollte. Viel fehlt zu einer Neuauflage derzeit nicht mehr, vielleicht sogar nur kein Sieg in der Europa League gegen Sassuolo aus Italien am Donnerstag. Auch die grünweiße Chefetage sollte  sich  hinterfragen,ob es klug war , mit Prognosen und Kampfansagen an Salzburg die Erwartungshaltung in solche Höhen getrieben zu, aber alle Warnungen in den Wind geschlagen zu haben. Ein neues Stadion spielt nicht Fußball.

Die Fans aus dem Sektor West glauben fälschlich, mit dem Kauf ihres Abos ein Recht auf Seriensiege erworben zu haben. Das spielt´s nirgends. Auch der Ärger über den  ihrer Ansicht nach zu großen Business-Sektor  ist unangebracht. Man muss ein neues Stadion finanzieren, ebenso eine Mannschaft, die Titel holt. Ob die Gelder in dieser Saison richtig eingesetzt wurden, steht auf einem andern Blatt Papier.  Aber zum Thema Business-Plätze empfiehlt es sich,  auf YouTube die Wutrede von Bayern München-Präsident Uli Hoeneß auf  der Hauptversammlung 2007 anzusehen. Als er ähnliche Einwände  wie jetzt bei Rapid  als populistische Scheiße abqualifizierte und in den Saal brüllte: „Wir ziehen den Leuten in den Logen, die ihr kritisiert, das Geld  aus der Nase, damit ihr günstige Eintrittspreise habt.“ Neun Jahre später spielt sich das  beim deutschen Vorzeigeklub weiterhin so ab- und erstmals auch in Hütteldorf.

 

 

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