Fußball

Weltmeister nur Waldmeister? Jogi verspricht: „Wir scheiden nicht aus!“

Best NeVer Rest – diese Devise steht seit Wochen am Mannschaftsbus des deutschen Teams, auf den Trainingsanzügen der Spieler. Aber beim Start zur Titelverteidigung am letzten Sonntag war unglücklicherweise nichts zu merken, dass sich die besten niemals ausruhen. Auch der vor der WM vom DFB offiziell ins Leben gerufene  Hashtag „ZSMNN“, der für Zusammenhalt steht, konnte beim 0:1  gegen Mexiko nicht in die Realität umgesetzt werden.  Seit damals stimmt die deutsche Fußballwelt nicht mehr. Die Pleite vom Luschniki-Stadion hat den gleichen Stellenwert wie die  Regierungskrise, wenn nicht mehr. Kommt noch vor der U-Haft von Audis Vorstandschef Rupert Stadler. Und alles nur, weil Deutschland erstmals seit acht Jahren wieder ein WM-Spiel verlor.

Die beruhigenden Worte von Teamchef Jogi Löw, der auf ein Ausscheiden nach der Vorrunde angesprochen im ZDF-Studio nach dem 0:1 versicherte „das wird nicht passieren“, blieben ohne Wirkung. „Es geht schon ums Überleben“ titelte „Bild“ bereits letzten Montag, erklärte den nationalen Fußballnotstand: Statt Schwarz-Rot-Gold wie die Nationalfarben jetzt Schwarz-Rot-Not. Seither keine Talkshow, egal ob auf den öffentlich rechtlichen oder privaten deutschen Sendern, in der nicht  Kultjournalisten wie etwa „Waldi“ Hartmann, dem bereits vor Jahrzehnten Rudi Völler in seiner Teamchefära sehr temperamentvoll zuviel  Weizenbierkonsum vorgehalten hatte, ihren Senf dazugeben und von einer Spaltung innerhalb des Weltmeisterteams zu wissen glauben. Da eine Gruppe um Kapitän Manuel Neuer, Mars Hummels, Thomas Müller und Toni Kroos, als Widerpart eine um Sami Khedira, Jerome Boateng, Mesut Özil und Julian Draxler. Eine Krisensitzung der Mannschaft gab es auch, bevor sie Dienstag Abend zu ihrem zweiten Spiel gegen Schweden nach Sotschi flog. Bei dem es ums Überleben geht, das gewonnen werden muss.

Irgendwie eigenartig, dass Löw seit Montag via „Bild“ mitgeteilt bekommt, was er zu tun hat, wen er spielen lassen muss. Beispielsweise immer Marco Reus. Der wird auch Samstag beginnen.  Statt Özil oder Draxler. Ebenso möglicherweise Ilkay Gündogan statt Khedira, Mario Gomez an vorderster Front. Sicher nicht Mats Hummels im Abwehrzentrum,d er sich im Training eines Halswirbel ausrenkte. Ersatz: Niklas Süle von Bayern oder Antonio Rüdiger von Chelsea. Die guten Tipps für Löw, der sein Team immerhin zum Weltmeister machte, kommen in erster Linie von Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, dem Weltmeister von 1990. Deshalb eigenartig, weil in seiner Trainerkarriere jeglicher Erfolg fehlte. Sowohl anfangs bei Rapid wie  auch später als Teamchef in Ungarn und Bulgarien. Löw demonstrierte sich Mittwoch morgens in Sotschi demonstrativ lässig und entspannt. Drei Tage vor dem Entscheidungsspiel wollte er in T-Shirt, kurzer Hose, weißen Turnschuhen und Sonnenbrille  bei einer morgendlichen Spaziergang an der Promenade vor dem Hotel Radisson Blue, bei dem wohl nicht zufällig Kamerateams und Fotografen warteten, signalisieren: Nur Ruhe, ich habe alles im Griff! Manche sahen darin auch eine  „Botschaft“ an Teammanager Oliver Bierhoff. Dass er nicht viel von dessen Teamcampwahl in der russischen Einöde, im Wald von Watutinki bei Moskau hielt, sondern sich wie vor einem Jahr beim Confed-Cup im Radisson Blue von Sotschi viel wohler gefühlt hätte. Dabei bauten die Russen extra für den DFB-Tross in Watutinki im streng abgeschirmten Hotel einen neuen Gebäudetrakt. Der hat aber nicht den Charme des selbst gebauten Campo Bahia, dem Quartier von 2014 in Brasilien.

Und so geht in Deutschland die „Angst“ um, dass die Mission, zuerst Waldmeister in Watutinki zu sein, dann Weltmeister, nach nur einem Sieg in den letzten sieben Spielen, dem wenig überzeugenden 2:1 gegen Saudiarabien im letzten WM-Test, auf den Waldmeister beschränkt bleiben wird. Die Schweden geben sich ganz im Gegensatz zur deutschen Verunsicherung betont  locker. Wie Leipzig-Legionär Emil Forsberg mit der Behauptung, man hätte beim 1:0 gegen Südkorea mehr Tore erzielen können, werde dies aber gegen  Deutschland nachholen.  Reporter der wie man auch in Österreich von der  WM-Qualifikation 2014 weiß zur Provokation neigenden schwedischen Zeitung „Expressen“ brachten Donnerstag Khedira zum Pressetermin zwei Bordkarten für den Heimflug als „Geschenk“.  Khedira bedankte sich artig, stellte aber fest: „Die brauchen wir erst am 16. Juli!“ Einen Tag nach dem Finale. Wirklich? Deutschland-Schweden wird Samstag sicher das bisher am Wettmarkt Einsatzstärke WM-Spiel. Bei tipp3 ist Schweden 7,5-Außenseiter. Bei der Wette „wie weit kommt Deutschland“ prophezeiten allerdings 41 Prozent das Ende der Träume von der Titelverteidigung schon nach der Vorrunde.

 

 

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