Das Prestigeduell gegen Deutschland im ausverkauften Happel-Stadion steigt erst fünf Tage nach dem Abschluss der EM-Qualifikation gegen Estland. Also müsste Teamchef Ralf Rangnick Donnerstag in Tallinn eigentlich keinen für Dienstag schonen. Oder macht er es doch? Eigentlich müsste er durch das enttäuschende 1:1 gegen Moldau in Linz fünf Tage vor dem wichtigen 3:1 gegen Schweden in Stockholm gewarnt sein. In Linz begannen nur vier Mann der Startelf von Stockholm, kamen Kapitän David Alaba, Xaver Schlager, Christoph Baumgartner, Marcel Sabitzer und Marko Arnautovic erst zur oder in der zweiten Hälfte. Gegen Moldau war es „nur“ ein Länderspiel, in Tallinn geht es doch aber darum, mit einem Sieg im zweiten Topf für die Auslosung der Europameisterschaft zubleiben. An die Chance auf den Gruppensieg zu denken, ist nett, aber unrealistisch: Weil Belgien Sonntag in Brüssel garantiert Aserbaidschan besiegen wird.
Was wird also Rangnick tun? Im November, vor dem speziell für die Legionäre intensiven Finish der Herbstsaison, ist auch die „Belastungssteuerung“ ein Thema. Aber von sich aus wird sich kein Spieler melden und bitten, ihn erst gegen Deutschland zu bringen. Wie Konrad Laimer schon dezidiert erklärte. Die meisten Spielminuten beim Klub in Rangnicks Kader hat bisher Rapids Matthias Seidl (1685). Mehr als tausend Minuten spielten bisher auch die Innenverteidiger von Freiburg und Lens, Philipp Lienhart (1450) und Kevin Danso (1440), Leipzigs Mittelfeldmotor Xaver Schlager (1419), Manprit Sarkaria bei Sturm Graz (1143), Mönchengladbachs Abwehrchef Max Wöber (1132), Laimer bei Bayern, (1059), Köln-Kapitän Florian Kainz (1038) und Alaba (103), den Real Madrids Trainer Carlo Ancelotti in beiden Champions League-Gruppenspielen gegen Braga schonte.
Aber es gibt auch welche, die größtenteils wegen Verletzungen Nachholbedarf in Sachen Spielpraxis haben, ein Spiel bräuchten. Das sind immerhin sechs, also eine halbe Mannschaft. Dazu gehören Wolverhampton-Stürmer Sasa Kalajdzic (252 Minuten) und Marko Arnautovic, der bei Inter Mailand bisher nur eine Minute länger im Einsatz war, zum einzigen Mal am 20. September zur Startelf gehörte. Christoph Baumgartner gab zu, dass er sich nach seiner „Saisonpremiere“ über 90 Minuten sehnt. Bei RB Leipzig kam er bisher nur auf 380 Minuten, weil er wegen muskulärer Probleme lange Zeit nur dosiert trainieren konnte. Auch weil es darum ging, eine ärgere Verletzung zu riskieren. Nicolas Seiwald war nicht verletzt, trug aber nur 369 Minuten den Leipzig-Dress. Der Grund war, dass Trainer Marco Rose andere Ex-Salzburger wie Routinier Kevin Kampl oder Amadou Haidara mehr forcierte. Wegen einer Knieverletzung kam Mainz-Verteidiger Philipp Mwene nur auf 306 Minuten, Michael Gregoritsch durch seine Wadenprobleme bei Freiburg nur auf 482 Minuten. Daher ging auch der Stammplatz verloren.
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