Seit Donnerstag um 14.29 Uhr war es kein Geheimnis mehr, dass die Wiener Austria als einziger von 16 Klubs, der um eine Lizenz für die Bundesliga ansuchte, keine erhielt. So wie im Vorjahr aus finanziellen und rechtlichen Gründen, diesmal nur aus finanziellen. Die andere elf Bundesligavereine bekamen vom Senat fünf unter Thomas Hofer-Zeni die Lizenz, dazu fünf Zweitligisten (Blau Weiß Linz, Admira, der GAK, der Floridsdorfer AC und St. Pölten). Auflagen gab es für den LASK und den Floridsdorfer AC. Beide müssen im Herbst ein überarbeitetes Budget abgeben, der LASK wohl wegen des Stadionneubaus. Gegen Blau Weiß Linz leitete der Senat ein Verfahren wegen eines möglichen Verstoß gegen die Lizenzbestimmung über Transfererlösbeteiligung ein und wegen Fristverzug weiterer Unterlagen. Hofer-Zeni bemerkte, die Qualität der Antragsunterlagen haben zugenommen. Für die Austria dürfte dies nicht gelten. So wie die Austria erhielten logischerweise die Young Violets keine Zulassung für die zweite Liga. Die bekamen drei Amateurteams eines Bundesligaklubs (Rapid II, Sturm II, LASK Amateure) ebenso wie drei Regionalligaklubs (DSV Leoben und Hertha Wels aus der Mitte, SW Bregenz aus dem Westen), aber nicht Stripfing aus dem Osten. Wegen Nichterfüllens von sportlichen und infrastrukturellen Kriterien.
In den Minuten danach folgten Jubelmeldungen von Hartberg, Vienna, Sturm Graz, Red Bull Salzburg, LASK, Ried, St. Pölten und Rapid, ehe sich 56 Minuten nach der Aussendung der Bundesliga auch die Austria meldete, gegen die Entscheidung des Senats fünf verbal zu schießen begann. Mit der Behauptung, alle eingereichten Unterlagen hätten die Lizenzbestimmungen erfüllt. Daher sei die Entscheidung nicht nachvollziehbar, mit den Lizenzbestimmungen nicht in Einklang zu bringen. Die violette Chefetage machte auch aus einem Hauptgrund für die verweigerte Lizenz kein Geheimnis: Der Senat habe die Kooperationszusage eines langjährigen, verlässlichen Geschäftspartners infrage gestellt, obwohl diese vom Wirtschaftsprüfer positiv bewertet wurde. Diese Zusage sei auch Teil der Fortbestandsprognose des Klubs, die damit für den Ligasenat nicht ganz nachvollziehbar sein dürfte. Die Prognose sei laut Austria unter Beiziehung eines Insolvenzanwalts und eines externen Unternehmensberaters in Übereinstimmung mit den Lizenzbestimmungen erfolgt, erfülle sämtliche Vorgaben des Insolvenz- und Unternehmensrechts. Daher würden die Zweifel des Senats jeglicher Grundlage entbehren.
Nur aus Jux und Tollerei, ohne berechtigte Gründe, hat der Senat bei einem Verein mit mehr als 60 Millionen Euro Verbindlichkeiten sicher keine Zweifel. Etwa, wenn die Kooperationszusage nicht vertraglich fixiert ist. Auffällig, dass Austrias verbale Offensive quasi anonym erfolgte. Kein Name stand unter der Stellungnahme, keiner hatte den Mut dazu. Vor einem Jahr rettete der damalige Vizepräsident Raimund Harreither mit seiner Initiative in zweiter Instanz die Lizenz. Ohne seine Aktivitäten, zu denen auch gehörte, ehemalige Austria-Spieler wie David Alaba und Aleksandar Dragovic um finanzielle Unterstützung zu bitten, die beide gewährten, wäre es nicht gelungen, eine Lizenz zu bekommen. Seit letzten August ist Harreither nicht mehr Vizepräsident, sondern zog sich zurück. Jetzt braucht Violett sozusagen einen „neuen Harreither“, der das Kunststück wiederholt. Aber wer kann das sein? Naheliegend wäre, dass Sportvorstand Jürgen Werner mit seinen Investoren die Initiative noch mehr als bisher ergreift. Und dass Kurt Gollowitzer, der als möglicher neuer Präsident nach Frank Hensel seit Wochen genannt wird, auch Akzente setzt. Der Geschäftsführer der Wien Holding ist derzeit stellvertretender Vorsitzender im Aufsichtsrat der Austria-AG und im Kuratorium des Klubs.
Bis 21. April hat die Austria Zeit, beim Protestkomitee schriftlich Einspruch einzulegen, auch neue Beweismittel vorzulegen. Die zweite Instanz wird bis 27, April ihre Entscheidung treffen. Damit ist das verbandsinterne Verfahren abgeschlossen. Gegen das Urteil kann innerhalb von acht Tagen eine Klage beim ständige neutralen Schiedsgericht eingebracht werden. Bis Ende Mai soll über die verhandelt werden. Zweifelsohne erschwert die vorläufige Lizenzverweigerung alles für die Austria. Sowohl die sportlichen Planungen als auch das Tagesgeschäft, sprich Derby gegen Rapid am Sonntag.
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