Fußball

Woche der Wahrheit bei Sturm Graz – vorerst nicht für el Maestro

Schon nach den ersten zwei Spielen seiner Ära muss sich in Graz Sturms neuer Sportchef Andreas Schicker als Krisenmanager bewähren. Nach der 1:2-Heimpleite gegen Wolfsberg und der eher desaströsen Vorstellung am Sonntag beim 0:4 gegen Rapid in Hütteldorf ist Feuer am Dach. Mittwoch Abend gastiert mit Red Bull Salzburg die beste Mannschaft der Liga in der Merkur-Arena, Sonntag steigt in Hartberg das steirische Derby. Salzburg verlor die letzten neuen Ligaduelle gegen Sturm  nicht, gewann davon neun, hat in den drei Partien seit dem Neustart nach Corona (Cupfinale gegen Austria Lustenau, Rapid, Hartberg) ein Torverhältnis von 13:0, blieb seit fünf Partien ohne Gegentor.  Da spricht Schicker von einer Woche der Wahrheit, allerdings nicht für Trainer Nestor el Maestro (Bild oben). Damit tut er etwas, was ein Sportchef in dieser Situation tun muss. Ganz egal, ob er 33 Jahre jung ist wie Schicker oder 30 Jahre älter, wie der zu Admira zurückgekehrte Ernst Baumeister: Er nimmt die Spieler in die Pflicht. Kündigt Konsequenzen für sie an, sollten sie nicht die Trendwende schaffen. Der Trainer soll auf jeden Fall bleiben.

Man sollte Schicker nicht wegen dieses Statements für unglaubwürdig halten, sollte die Fortsetzung des Sturm-Tiefs ihm keine andere Wahl lassen, als über den dritten Trainerwechsel innerhalb von zwei Saisonen nachzudenken. Schicker beurteilt Nestor el Maestro nicht nach seiner Außendarstellung, die wahrscheinlich die unglücklichste aller zwölf Bundesligatrainer ist, sondern nach dem, was er von ihm bei der Trainingsarbeit sieht, was er von ihm in den täglichen Gesprächen hört, welche Pläne er hat und was die Mannschaft davon umsetzt. Das ist zwar sehr löblich, aber irgendwann liegt die Wahrheit auf dem Platz. el Maestros Außendarstellung ist nicht erst seit Sonntag unglücklich, als seine Kommentare zum Debakel, wie etwa kleines Formtief, keinen guten Eindruck hinterließen, eher nach einer völlig unangebrachten Überheblichkeit klangen. Die schon im Herbst hatte, als er völlig unangebracht seinen ersten Cheftrainerjob in der Bundesliga bei Sturm als keinen bezeichnete, den er unbedingt haben müsse, als es sich den Ausraster in Mattersburg leistete. Dass el Maestro 2018 mit Trnava in der Slowakei sensationell Meister wurde, gibt ihm keine Berechtigung für solche „Aktionen“, für dieses Auftreten.

Man sagt immer, dass man im Erfolg die größten Fehler mache. So gesehen hat die aktuelle Situation für Schicker nur eine positive Seite: Er kann keinen Fehler begehen. Den letzten großen Erfolg hatte Sturm am 9. Mai 2018 mit dem 1:0-Sieg nach Verlängerung im Klagenfurter Cupfinale gegen Sturm. Von da an ging´s eigentlich bergab. Von der damaligen Startelf begannen letzten Sonntag nur Tormann Jörg Siebenhandl, Innenverteidiger Lukas Spendlhofer, Kapitän Stefan Hierländer und Thorsten Röcher. In der Sommer-Transferzeit nach dem Cupsieg verließen Marvin Potzmann, Deni Alar (beide zu Rapid), James Jeggo, Bright Edomwonyi (beide zur Wiener Austria) und Peter Zulj (zu Anderlecht) und der inzwischen aus Ingolstadt wieder zurückgekehrte Röcher die „Blackies“, die finanziell mit den Angeboten nicht mithalten konnten oder wollten, sich davon nicht wieder erholten. Paradox, dass alle sechs bei ihren neuen Klub das nicht brachten, was dort von ihnen erwartet wurde.

In Graz musste der damals allein amtierende Sportchef Günter Kreissl zwei Trainer vor die Tür setzen: Zunächst Cupsieger Heiko Vogel, der danach beim chaotischen deutschen Drittligisten Uerdingen scheiterte und jetzt Trainer bei Mönchengladbachs U 23 ist, danach letzten Sommer Roman Mählich, der nach Vogel Sturm aus einer schwierigen Situation in die Meisterrunde geführt und mit Glück auch einen internationalen Startplatz geschafft hatte. Dem Präsidiums reichte dies nicht, um mit Mählich weiter zu machen. Also engagierte Kreissl el Maestro. Weiter gebracht hat dies Sturm bisher nicht. Mählich kam mit Zweitligist Austria Lustenau ins Cupfinale. Sollte sich dies nicht ändern, wird Schicker in der Trainerfrage anders denken müssen als in der Woche der Wahrheit.

Foto: © FOTObyHOFER/Christian Hofer.

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