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Zidane blieb auch im Rücktritt einzigartig

Seit Donnerstag Mittag ist alles andere in den Hintergrund gedängt, was Fussball betrifft. Die Frage, ob Jose Mourinho am Abend zuvor in Innsbruck  Marko Arnautovic oder einen anderen beobachtet hat. Wie gut Deutschlands Teamkapitän Manuel Neuer vor seinem finalen WM-Test am Samstag in Klagenfurt gegen Österreich schon wieder in Form ist. Die Zweifel an der Fitness von Brasiliens Topstar Neymar, weil er im Trainingslager der  „Selecao“ in London wieder am operierten Mittelfuß behandelt werden musste. Es geht nur um den Rücktritt von Zinedine Zidane als  Trainer von Real Madrid, fünf Tage nach seinem dritten Triumph hintereinander in der Champions League. Auch damit ist der 45jährige Franzose einzigartig wie zuvor als überragender Spieler. Der einzige Unterschied: Das Ende der aktiven Karriere war mit dem Kopfstoss am 9. Juli 2006 im Berliner WM-Finale nach 110 Minuten gegen den italienischen Provokateur Marco Materazzi eines Welt-und Europameisters, Champions League-Siegers, Weltpokalsiegers, Meisters in Italien und Spanien, unwürdig. Weil er sich mitschuldig fühlen musste, dass Frankreich nach seinem Ausschluss das Elfmeterschießen verlor. Als Trainer  geht er hoch erhobenen Hauptes. Eben einzigartig. Es gab noch keinen, der mit dieser Bilanz aufhörte.

Mag sein, dass es „Zizou“ irritierte, dass Cristiano Ronaldo mit 33 offenbar den letzten Toptransfer seiner Karriere, möglicherweise zu Paris St. Germain,  anstrebt. Dass ihn Gareth Bale, der Held beim 3:1 gegen Liverpool im letzten Finale von Kiew, kritisierte, weil er nicht von Beginn an spielte. Aber man darf es dem introvertierten Zidane, dessen Sohn Luca eine Woche vor dem Endspiel in Kiew erstmals in der Meisterschaft im Tor vonReal Madrid stand,  abnehmen, dass es wirklich seine Überzeugung war, dass Real einen neuen Trainer braucht. Unter Mourinho wurde er 2010 Berater, 2013 bei Carlo Ancelotti Assistent. Ab 2014 genoss es Österreichs U21-Kapitän Philipp Lienhart, dass ihn Zidane bei der Real-Filiale Castilla trainierte, ehe er Chef wurde und ihn mitunter zum Training mit den Weltstars holte. Er übernahm  Real im Jänner 2016, als Rafael Benitez mit der Ansammlung von Einzelkönnern nicht zurecht kam, überfordert wirkte, daraus eine erfolgreiche Mannschaft zu formen. Zidane gelang es. Aber Ronaldo ist 33, Sergio Ramos, der so wichtige Kapitän und Leader, bereits 32. Die 17 Punkte Rückstand in der Meisterschaft zum FC Barcelona, für die er viel Kritik einstecken musste, gaben ihm zu denken. Spieler, die schon alles gewonnen haben und so viele Millionen verdienten, dass sie für ihr Leben ausgesorgt haben, sind eben nur über einen gewissen Zeitraum zu motivieren, nicht auf Dauer. Das erkannte Zidane, daraus zog er die Konsequenzen. Ob viele Trainer, deren Vertrag erst fünf Monate zuvor verlängert wurde,  so handeln würden, bleibt einmal dahingestellt.

Die Real nahe spanische Sportzeitung „Marca“ bezeichnete Zidanes Rücktritt als Misstrauensvotum gegenüber Real Madrids Zukunft. Und lag damit sicher nicht falsch. Natürlich begannen sofort die Spekulationen um den möglichen Nachfolger. Favorit der Buchmacher ist der Argentinier Mauricio Pochettino, obwohl er Mitte Mai seinen Vertrag bei Tottenham bis 2023 verlängerte, der Trainer der Premier League mit der längsten Laufzeit im Vertrag ist. Dann folgen der Italiener Antonio Conte, der bei Chelsea trotz Meistertitel und Cupsieg als nicht unumstritten gilt Und der 68jährige Franzose Arsene Wenger nach dem Ende seiner fast 22jährigen Ära bei Arsenal. Aber vielleicht entschließt sich Präsident  Fiorentino Perez erneut zu einer  internen Lösung, mit der  er bisher nicht nur bei Zidane, sondern Jahre zuvor auch bei Vicente del Bosque sehr gut fuhr. Die Kandidaten: U 19-Trainer Guti, der vom achten Jahr an bei Real spielte, in 15 Jahren als Profi fünfmal Meister und dreimal Champions League-Sieger war, ehe er mit 34 die Karriere bei Besiktas Istanbul ausklingen ließ. Oder der Argentinier Santiago Munari, der fünf Jahre lang den Real-Dress getragen hatte, einmal die Champions League und zweimal die La Liga gewann, jetzt Castilla coacht. Aber egal, wer kommt: Dreimal hintereinander die Champions League zu gewinnen wie Zidane, dazu je zweimal den Weltpokal und UEFA-Supercup, je einmal den spanischen Meistertitel, den Pokal und Supercup, wird für jeden ein Ding der Unmöglichkeit.

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