Am 8. August feiert Herbert Prohaska, Österreichs Jahrhundertfußballer, der letzte Teamchef, mit dem sich Österreich für eine Weltmeisterschaft qualifizierte, seinen 70. Geburtstag. Sie können bis zum Ehrentag täglich eine Geschichte aus dem Leben von Herbert Prohaska, insgesamt 70, lesen.
Das zweite Spiel in der Zwischenrunde gegen Italien war das erste von Österreich im riesigen el Monumental von Buenos Aires, dem Stadion von River Plate. Ein verunglückter Rückpass führte nach 14 Minuten zu Italiens Führung durch Paolo Rossi, dabei blieb es. Nach dem Debakel gegen Holland stellte Teamchef Helmut Senekowitsch Jara raus, brachte wieder Walter Schachner. Österreich hatte zwar in der zweiten Hälfte mehr Ballbesitz, ohne wirklich gefährlich zu werden. Damit war die WM für Österreich so gut wie beendet. Für Herbert Prohaska war bald klar: Es wäre mehr möglich gewesen. Denn das Team hatte Qualität. Angefangen vom Weltklassetormann Friedl Koncilia bis zu Jahrzehntetalenten wie Erich Obermayer, Bruno Pezzey, Schachner, Krankl und ihm. Aber es sollte nicht sein. Nach drei Niederlagen wollten die meisten eigentlich so rasch wie möglich zurück in die Heimat. Nochmals zurück nach Cordoba, der Stätte des Debakels gegen Holland, zum Duell gegen Deutschland, das reizte vorerst gar nicht. Aber die deutsche „Bild“-Zeitung setzte die letzten österreichischen Kräfte frei. Sie stellte die Spieler beider Teams gegenüber und wertete dies mit 11:0 für Deutschland. Die so provozierten Außenseiter leisteten den Rütlischwur: Die deutschen Weltmeister fliegen mit uns heim!
Es kam zu einer gehässigen Partie mit argen Beschimpfungen, allem voran vom deutschen Stürmer Rüdiger Abramczik. Bei 2:2 prahlte er damit, wie viel jeder Deutscher für den Einzug ins kleine Finale, das Spiel um Platz drei, kassieren würde. Ein Unentschieden hätte ihnen gereicht. Doch Österreich gewann am Ende 3:2, weil sich Krankl mit zwei Toren zu Recht ein Denkmal für immer setzen konnte. Nach seinem Siegestor durch ein Supersolo folgte der bis heute legendäre „I werd´narrisch“-Schrei des Radioreporters Edi Finger. In der Kabine sagte Krankl zu Prohaska: „Schneckerl stell dir vor, wie jetzt die Österreicher in Jesolo die deutschen Touristen häkeln werden!“ Zuvor fragte er nach dem Schlusspfiff noch am Rasen Abramczik, wie viel er denn für´s Heimfliegen kassieren wird.
Prohaskas Lust am Feiern über den ersten österreichischen Siegs gegen Deutschland seit 1931, seit 47 Jahren, war nicht so groß wie bei den Mitspielern mit Ausnahme von Jara. Der Duisburg-Legionär war sauer, weil er nicht spielte, Prohaska verärgert wegen des Streits mit Koncilia nach Deutschlands Ausgleich zum 2:2 durch Bernd Hölzenbeins Kopfball. Prohaska sprang bei der Flanke nicht, weil er dachte, Koncilia kommt aus dem Tor und fängt den Ball. Koncilia erwartete, Prohaska köpft ihn weg. Ein klassisches Missverständnis. Im ersten Zorn suchte jeder den Fehler beim anderen. Koncilia schimpfte wie ein Rohrspatz, Prohaska keppelte zurück. Am nächsten Tag entschuldigte sich Koncilia, womit die Sache erledigt war. Heute weiß Prohaska, dass es zu 80 Prozent seine Schuld war.
Ohne das dumme Tor gegen Italien hätte Österreich statt der Squadra Azzura um Platz drei gegen Brasilien gespielt. Der Ur-Wiener Ernst Happel sagte daher in Buenos Aires nach dem 2:1 mit den Holländern gegen Italien vor der Weltpresse, die Italiener müssten jetzt Südtirol an Österreich zurückgeben. Als Dank, dass sie durch die Sensation gegen Deutschland ins kleine Finale kamen. Mit der nötigen Distanz von Jahrzehnten begreift Prohaska das Phänomen Cordoba nicht. Eigentlich war es ein bedeutungsloser Sieg. Daher ist es ihm fast peinlich, über Cordoba zu reden.
