Am 8. August feiert Herbert Prohaska, Österreichs Jahrhundertfußballer, der letzte Teamchef, mit dem sich Österreich für eine Weltmeisterschaft qualifizierte, seinen 70. Geburtstag. Sie können bis zum Ehrentag täglich eine Geschichte aus dem Leben von Herbert Prohaska, insgesamt 70, lesen.
Nach einer „Anlaufzeit“ zog Inters Trainer Eugenio Bersellini einen Zettel mit der Meisteraufstellung seiner Mannschaft hervor. Eine Position blieb unbesetzt, Bersellini kreiste sie mit einem Filzstift ein. Bernabei übersetzte Bersellinis Frage: Kannst Du diese Position spielen? Welche Frage. Halbrechts im Mittelfeld, das war seit Jugendtagen Prohaskas Welt. Bersellini entschied sich für ihn und gegen den Franzosen Michel Platini, damals so wie Prohaska 24 Jahre alt, weil er stets Fußballer bevorzugte, die Defensivaufgaben nicht scheuten. Heutzutage würde man sagen, die auch gegen den Ball arbeiten. Ob Bersellini die Entscheidung bereut hat? Platini wurde bei Juventus dreimal Torschützenkönig der Serie A.
Nach den Münchner Nachtgesprächen lud Inter Prohaska nach Mailand ein, um ihn dem Klubpräsidenten Ivanoe Fraizzoli vorzustellen. Einem schwerreichen Industriellen. Prohaskas Frau Elisabeth flog mit, ebenso Fani. Das noble Patrizierhaus mitten in der Stadt, in dem Fraizzoli wohnte, war beeindruckend. Meterhohe Pinien rund um einen riesigen Dachgarten, in der Wohnung des Inter-Bosses an den Wänden Gemälde von Tiziani, Fraizzolis Gattin braute und servierte selbst den Kaffee. Dann wurde ihm das Traininsgelände Inters in Appiano Gentile gezeigt. Drei Rasenplätze, eine Kraftkammer, die Prohaska nie „wichtig“ war, feine Kabinen und ein großes Warmwasserbecken. Geradezu ein Paradies im Vergleich zum WAC-Platz im Wiener Prater, auf dem die Austria trainierte. Aber dennoch geriet der Transfer, eigentlich Prohaskas Lebenstraum, in Gefahr. Durch ihn selbst.
Weil er bei den letzten Vertragsgesprächen darauf bestand, für eine fixe Ablöse von drei Millionen Schilling, heutzutage etwas über 230.000 Euro, zur Austria zurückkehren zu können. Die Angst war, dass ihm Inter mit einer hohen Ablöseforderung die Heimkehr nach Österreich verhindern könnte, falls er sich nicht durchsetzt. Inters Chefetage war sauer, Fraizzoli sogar gekränkt. Wie kann man sich schon mit dem Abschied von Inter beschäftigen, noch bevor er wirklich da ist? Prohaska und Fani baten um eine Verhandlungspause, gingen spazieren. Danach machte Prohaska, der sich fest vorgenommen hatte, hart zu bleiben, Inter den Vorschlag, einen Zehnjahres-Vertrag zu unterschreiben. Dann verzichte er auf die Klausel. Für Fraizzoli war ein derartiger „Rentenvertrag“ geradezu revolutionär, sehr verdächtig, nicht geheuer. Daher akzeptierte er lieber die drei Jahre mit Österreich-Klausel. Prohaskas Unterschrift bedeutete eine Art Fußballgeschichte: Italiens Fußballbibel, die rosa „Gazzetta“ feierte ihn als ersten Ausländer, der nach der 14 jährigen Legionärssperre engagiert wurde. Wenige Wochen später spielte Prohaska sein erstes von zwei Ablösespielen. Noch im Dress der Austria in Mailand. Mit alten Freunden gegen künftige Kollegen.
