Am 8. August feiert Herbert Prohaska, Österreichs Jahrhundertfußballer, der letzte Teamchef, mit dem sich Österreich für eine Weltmeisterschaft qualifizierte, seinen 70. Geburtstag. Sie können bis zum Ehrentag täglich eine Geschichte aus dem Leben von Herbert Prohaska, insgesamt 70, lesen.
Der Herbst 1988 war die Zeit, in der Herbert Prohaska meist schon 90 Minuten vor Trainingsbeginn in der Kabine war. Um seine Achillessehnen behandeln zu lassen. Die rechte noch mehr als die linke. Aber nach einer Stunde kamen die Schmerzen wieder. Da hieß es. zurück in die Kabine humpeln und wieder behandeln lassen. Es gab Tage, an denen es trotz zu Behandlung nicht besser wurde. Immer öfter fanden Trainings der Austria ohne ihn statt. Der Entschluss, im Sommer 1989 endgültig aufzuhören, stand fest. Dennoch ließ er sich zu einer Rückkehr in die Nationalmannschaft breitschlagen.
Teamchef war nämlich ein Freund von Prohaska aus gemeinsamen Spielerzeiten, unter anderem bei der WM 1978, Josef Hickersberger. ÖFB-Präsident Beppo Mauhart ignorierte die Rufe nach Otto Baric, bestellte „Hicke“ zum Nachfolger von Branko Elsner, der zurücktrat, weil nach der WM 1986 auch die Europameisterschaft 1988 verpasst wurde. Hickersberger war nur für sechs Spiele Teamchef der Unter 21, von denen nur eines verloren ging, zuvor Spielertrainer in Traisen bei einem unterklassigen niederösterreichischen Klub. Die Stimmung bei seiner Präsentation im Wiener Tabakmuseum war eisig. Wurde nicht besser, als es im ersten Spiel um die Fahrkarte zur WM 1990 in Kiew gegen Vize-Europameister UdSSR die erwartete Niederlage setzte, Österreich beim 0:2 chancenlos blieb.
Prohaska war überrascht, als Hickersberger ihn und seine Frau zum Essen einlud. Offiziell, weil man sich schon lange nicht mehr gesehen hatte. Man verabredete sich beim Plachutta auf d er Heiligenstädter Straße in Döbling, 15 Autominuten von Prohaskas Haus in Klosterneuburg entfernt. Prohaska glaubte im falschen Film zu sein, als ihn Hickersberger plötzlich fragte: „Willst nicht wieder in der Nationalmannschaft spielen?“ Und erklärte seinen Plan: Er bräuchte einen, der die Gegner auf sich zieht, damit die „jungen Buam“ wie Andi Herzog und Peter Stöger befreit aufspielen können. Für Prohaska kam das nicht infrage, bis sich seine Frau in die Debatte einmischte: „Du kannst doch einen Freund, der dich um einen Gefallen bittet, nicht hängen lassen!“ Prohaska ärgerte ich sehr über die Intervention von Elisabeth, wollte dies vor Hickersberger aber nicht zeigen. Um Prohaskas kategorisches Nein vom Tisch zu bringen, brachte Hickersberger einen Kompromissvorschlag: Drei Spiele in der WM-Qualifikation und das Freundschaftsspiel gegen Italien, das Prohaska aus emotionalen Gründen reizte. Dazu sagte Prohaska nach kurzem Überlegen ja, obwohl er sich des Risikos bewusst war, dass es sofort „warum haben sie den Alten zurückgeholt“, heißen würde, wenn es nicht funktionieren sollte. Aber dazu kam es nicht.
Bei Prohaska Comeback, seinem 80.Länderspiel, gelang ihm zwar am 2. November 1988 im Praterstadion gegen die Türkei nicht viel, aber er wurde eng bewacht, dadurch bekam Herzog mehr Freiheiten, erzielte zwei Tore zum wichtigen 3:2-Heimsieg, Das 0:1 zu Ostern 1989 gegen Italien tat nicht weh. Viel mehr, im Auswärtsspiel gegen die DDR in Leipzig nach der schnellen Führung durch Toni Polster in der 87. Minute den Ausgleich zum 1:1 zu kassieren. Die allerletzte Partie im Teamdress war am 14. Juni in Reykjavik gegen Island, fünf Tage nach dem Abschied im Austria-Dress. Prohaska war Kapitän. Strömender Regen über den ganzen Tag, Österreich hielt irgendwie ein 0:0. Teamchef von Island war Sigi Held, der gemeinsam mit Hickersberger bei Kickers Offenbach gespielt hatte, mit Deutschland 1966 Vize-Weltmeister war, später Admira-Trainer wurde.
Der Schiedsrichter in Island kam aus Wales. Als nur noch wenige Minuten zu spielen waren, fragte er Prohaska, ob er nach dem Spiel seinen Dress haben könnte. Prohaskas Antwort: „Nur, wenn sie das Match sofort abpfeifen!“ Kaum, war der Satz gesagt, beendete King das Match, Prohaska zog das Trikot aus und drückte es King in die Hand. Die Mission war geschafft, keine Niederlage in drei Qualifikationsspielen. Als mit dem 3:0 gegen die DDR dank Polsters „Dreierpack“ die WM-Teilnahme fixiert wurde, jubelte Prohaska auf der Tribüne und nachher in der Kabine. Heute ist er Gattin Elisabeth und Hickersberger dankbar, weil sie ihm mit seinem Beitrag zur WM-Qualifikation einen ganz starken Abgang ermöglichten.