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Zum Tod von Helmut Köglberger: Erinnerungen an einen „Schmähbruder“

Zur Eröffnung des neuen Austria-Stadions am 13.Juli kam er noch nach Wien. Dort sah ich Helmut Köglberger zum letzten Mal: „Es geht schon wieder halbwegs“, meinte er damals optimistisch, wie er eigentlich immer war. Darum traf einem die Nachricht vom Tod des ehemaligen Torjägers des LASK und der Austria im Alter von 72 Jahren doch etwas unerwartet. Obwohl er aus seinen gesundheitlichen Problemen nie ein Geheimnis machte: Der operierte Gehirntumor, das Herz, das Nierenversagen im Zuge einer Hüftoperation. Aber eigentlich hätte es doch zu denken geben müssen, dass er in den letzten zwei Monaten nicht mehr anrief. Denn ansonst hatte er sich regelmäßig  gemeldet. Immer mit einem Schmäh auf den Lippen.

Er hatte als Sohn eines US-Besatzungssoldaten, den er nie kennenlernte, in Sierning bei Steyr keine leichte Jugend. Die ersten sportlichen Schlagzeilen lieferte er, als ich noch in die Mittelschule ging. 1965 gehörte er er zu Mannschaft des LASK, die als erstes Team aus den Bundesländern Meister wurde. Und dazu auch Cupsieger. Am 5. September 1965 feierte er sein Teamdebüt. Vorangegangen waren wochenlange Diskussionen, ob ein erst 19jähriger Stürmer, der durch seine Schnelligkeit herausstach, in einem wahrscheinlich entscheidenden Qualifikationsspiel zur WM 1966 erstmals den Teamdress tragen sollte. Der damalige Teamchef Edi Frühwirth entschloss sich dazu. Es lag nicht an Köglberger, dass es vor 80.000 Zuschauern im Budapester Nep-Stadion überhaupt nicht klappte, nach dem 0:3 gegen Ungarn die WM 1966 ohne Österreich stattfand.

Mit Österreich zu einer Welt-oder Europameisterschaft zu fahren, das blieb Köglberger verwehrt. 1978, als es mit der Qualifikation klappte, war er mit 32 Jahren schon im Herbst seiner Karriere. Als deren Höhepunkt er doch stets eines seiner 28 Spiele mit der Nationalmannschaft bezeichnete. Das 0:0 gegen Brasilien in Sao Paulo knapp vor der WM 1974 gegen den regierenden Weltmeister. Der damalige Teamchef Leopold Stastny macht Köglberger, den ersten dunklelhäutigen Spieler in Österreichs Nationalmannschaft, auch zum Kapitän.  Dem Slowaken hatte Köglberger einen seiner Spitznamen zu verdanken: Einmal besuchte das Nationalteam vor einem Siel das legendäre Catchen am Wiener Heumarkt. Publikumsliebling war der dunkelhäutige  Jimmy Dula. Danach rief Stastny Köglberger nur noch „Dula“.

Seine beste Zeit hatte Köglberger, als ihn die Austria nach Wien holte. 1968 war dies passiert, sechs Jahre  blieb er. Unter dem gestrengen Trainer Ernst Ocwirk wurde er auf Anhieb Schützenkönig, die 31  Tore machten ihn zum drittbesten Torschützen in Europa. Damit gewann er den „Bronzenen Schuh“. Für die Austria erzielte er in 301 Spielen 202 Tore. Je  zweimal war er mit ihr  Meister und  Cupsieger. In der ersten Saison bei Violett spielte er auch mit dem routinierten Adi Knoll zusammen, der 1957 zu der legendären Mannschaft des Wiener Sportclubs gehört hatte, die Juventus Turin  im Europacup der Meister sensationell mit 7:0 deklassiert hatte. Knoll starb letzten Samstag mit 80, einen Tag vor Köglberger.

Köglberger spielte bei Austria noch mit dem legendären „Dralle“ Fiala in einer Mannschaft, dann mit Robert Sara, Josef Hickersberger, Thomas Parits, Alfred Riedl, den Uruguay-Legionären Julio Morales und Alberto Martinez, mit Edi Krieger und dem jungen Herbert Prohaska. Im Teamdress hießen seien Mitspieler unter anderem Karl Koller, Horst Nemec, Gustl Starek, „Buffi“ Ettmayer, Hans Pirkner und Kurt Jara, wenn es unter anderem auch gegen die deutschen Stars Franz Beckenbauer, Willi Schulz,  Berti Vogts, Günter Netzer oder Gerd Müller ging. Oder als 1971 im Olympiastadion Rom gegen Vizeweltmeister Italien mit Dino Zoff im Tor, Giacinto Facchetti, Roberto Boninsegna und Gigi Riva ein 2:2 erkämpft wurde. Auch mit dem jungen Hans Krankl stürmte Köglberger für Österreich.

Im Jänner 1975 kehrte er von der Austria zum LASK zurück. Typisch für ihn, dass sein Comeback im Linzer Dress in der Bundesliga gleich mit einem goldenen Tor endete. Zum 1:0 gegen Austrias Erzrivalen Rapid auf der Hütteldorfer Pfarrwiese. 1980 beendete er mit 34 die Karriere. Die große Auszeichnung folgte 28 Jahre später: Da wurde er  zum oberösterreichischen Fußballer des Jahrhunderts gewählt. Der sich in dieser  Zeit in erster Linie um den Nachwuchs kümmerte. Unter anderem beim LASK, den er auch in chaotischen, schweren Zeiten nicht im Stich ließ. Köglberger zählte auch zu den Initiatoren, die in den Slums von Kenias Hauptstadt Nairobi die Acakoro-Nachwuchsakademie gründete, die Kindern aus ärmsten Verhältnissen eine Chance bieten wollte.

Er ließ auch gegenüber Jungjournalisten, wie ich es in seiner besten Austria-Zeit war, nie den Star heraushängen. Nahm sich stets Zeit, sagte aber offen, wenn er Kritik für unberechtigt hielt, ohne deshalb beleidigt zu sein.  Auch das machte ihn sympathisch. Die gute Laune ging Köglberger über alles. Es gab fast kein Thema, bei dem er seinen Ruf als Schmähbruder nicht bestätigte. Irgendetwas fiel ihm auch in fortgeschrittenem Alter immer ein, mit dem er alle zum Lachen brachte. Darin war auch oft Kritik verpackt. Auch das zählte zu seinen Stärken. Nicht nur deshalb  werden seine Anrufe fehlen.

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