Zum letzten Mal schlug Österreichs Fussballteam Deutschland zur Eröffnung des renovierten und überdachten Happel-Stadions vor 32 Jahren. Das war das 4:1 im Wiener Prater am 29. Oktober 1986 mit je zwei Toren von Toni Polster und Reinhard Kienast, als Deutschland in der Teamchefära von Franz Beckenbauer Vizeweltmeister war. Sechs Jahr später gelang es in Nürnberg fünf Tage nach dem Tod von Ernst Happel ungeschlagen zu bleiben: Mit Happels Assistenten Didi Constantini als Chef hielt Österreich ein 0:0. Aber seit damals gewann nur Deutschland, demütigte mitunter seinen kleinen Nachbarn bei den neun Siegen hintereinander mit 31:8-Toren. Darum ist es fast vermessen, Samstag ab 18 Uhr in Klagenfurt, gegen Deutschland die Fortsetzung der Siegesserie von Österreich, den siebenten hintereinander, zu erwarten. Tipp 3, der Sponsor von ÖFB und Teamchef Franco Foda, bietet 40 Jahre nach dem legendären 3:2 Österreichs bei der WM in Argentinien die Super-Quote 40 an, sollte das Resultat von Cordoba im Wörthersee-Stadion wiederholt werden. sich dabei ein „neuer Hans Krankl“ profilieren. Auch am 21. Juni 1978 war Deutschland Weltmeister. So wie derzeit.
Das heißt: Wer bereit ist, 10 Euro auf Österreichs 3:2 zu wetten, der bekommt 400, falls es das Wunder von Klagenfurt wirklich gibt. Dort nochmals drei Tore zu erzielen wie drei Monate zuvor gegen Slowenien, diesmal gegen Weltklassetormann, Manuel Neuer, wäre wirklich ein Wunder. Teamchef Franco Foda lächelte milde zur gelungenen Marketing-Massnahme seines Partners, denn er weiß: Da müsste schon sehr viel passieren, dass tipp 3 zur Kassa gebeten wird.
Er und die Spieler wissen die Ausgangsposition im mit 29.200 Zuschauern ausverkauften Wörthersee-Stadion schon richtig einzuordnen. Superstimmung, Rückhalt von den Rängen, alles wunderbar. Aber alle stellten noch in Innsbruck mitten im Beifall über das 1:0 gegen WM-Veranstalter Russland außer Diskussion, dass man drei Tage später keinen Sieg erwarten dürfe. Dass die Leistung vom Mittwoch am Samstag nicht genügen wird. Von Marko Arnautovic über David Alaba („gegen Deutschland wird ein anderes Level nötig sein, da brauchen wir mehr Effizienz, denn zu so vielen Chancen wie gegen die Russen werden wir nicht kommen“) bis zu Abwehrchef Sebastian Prödl, der zurecht feststellte: „Wie gut wir wirklich sind, wird man erst im Herbst in der Europa League sehen, nicht in Testspielen.“ Damit Prödl und Alaba wie am Innsbrucker Tivoli nach dem Sieg abklatschen können (Bild oben), muss alles passen, bei Deutschland einiges nicht stimmen.
Foda kündigte zwei, drei Umstellungen im Vergleich zum Mittwoch an. Könnte auch Marko Arnautovic betreffen, der wegen einer Mittwoch erlittenen Schienbeinverletzung auch das Freitag-Training schon beim Aufwärmen abbrach. Aber egal, wen Foda bringt: Für alle wäre es ihr erster Sieg über Deutschland, auch für den Teamchef, der unisono mit Kapitän Julian Baumgartlinger Freitag Mittag in Klagenfurt feststellte: „Wir müssen am Limit sein, absolut on fire. Das wichtigste wird sein, mutig aufzutreten, um die kleinen Schwächen Deutschlands auszunützen.“ Man darf gespannt ein. Da fast alle Spieler in Fodas Kader einen Deutschland-Bezug haben, früher im Weltmeisterland spielten wie Arnautovic und Prödl, aktuell unter Vertrag stehen oder im Juli dort ihren Dienst antreten werden, wollen sich alle beweisen, gut in Szene setzen. Präsident Leo Windtner konstatierte bereits eine Verwandlung des Teams mit Foda von der Wohlfühloase unter Vorgänger Marcel Koller zu einem neuen Power Center. Abwarten, wie viel Power, sprich Energie, gegen den Weltmeister auf den Rasen gebracht werden kann. Denn eines steht fest: So gut und überzeugend wie die Wohlfühloase in der beeindruckenden Qualifikation zur Europameisterschaft 2016 trat das Power Center bei den letzten vier Siegen noch nicht auf. Aber das Potenzial dazu ist vorhanden, die Ansätze sind gut. Jetzt gilt es das, Samstag in Klagenfurt und acht Tage später im Happel-Stadion gegen die zwei besten Teams der Welt, Deutschland und Brasilien unter Beweis zu stellen. Da gilt fast der berühmte Kabarett-Spruch von Carl Merz aus den Fünfzigerjahren, der durch Helmut Qualtinger Kultcharakter bekam: Ein Unentschieden ist ein Sieg für Österreich!
