Fußball

Aufgeben und aufgeregt gibt´s bei Marco Rose nicht

Heute bin ich im Arsch. Diesen Satz hörte man von Red Bull Salzburgs Trainer Marco Rose erstmals letzten Sonntag trotz 2:0-Sieg in St. Pölten. Zwei Auswärtsspiele in vier Tagen kosteten doch Substanz. Diese Woche warten zwei Heimspiele innerhalb von 96 Stunden: Donnerstag geht´s gegen Marseille nach dem 0:2 vom Stade Velodrome um den Aufsieg ins Finale der Europa League, Sonntag reicht im Spitzenduell gegen den Zweiten Sturm Graz, sozusagen dem „Vorspiel“ auf das Finale des Uniqa-Cups drei Tage später in Klagenfurt, ein Punkt zum fünften Meistertitel hintereinander, zu einer großen Party im Stadion.

Erstmals beeindruckte mich  eine von Rose trainierte Mannschaft  vor 13 Monaten in der Youth League beim Heimsieg über Atletico Madrid. Mit Amadou Haidara, Xaver Schlager und Hannes Wolf, die Donnerstag um ihr zweites großes Highlight innerhalb eines Jahre nach dem Triumph in der Youth League kämpfen. Ebenso Rose. Bim ersten persönlichen Treffen im letzten Dezember im Salzburger Trainingszentrum Taxham begrüßte er mich mit der Feststellung, dass jemand so weit fahre, nämlich von Wien nach Salzburg und wieder retour, um mit ihm zu reden, das finde er schon beachtlich. Und lud mich gleich zum Essen ein.

Erzählte rund um das Interview interessante Dinge aus seinem Leben. Rose wuchs in Leipzig auf, ging auf eine DDR-Sportschule, spielte bis 2000 für Lok und Vfb Leipzig, auch unter einem einer Trainer namens Gustl Starek. Er absolvierte mit Erfolg die Lehre zum Sozialversicherungswirt, kam dann über Hannover 96, wo RB Leipzigs derzeitiger Sportdirektor Ralf Rangnick sein Trainer war, nach Mainz.  Dort  blieb er zehn Jahre, gehörte zu der legendären Mannschaft, die unter Jürgen Klopp erstmals den Sprung in die Bundesliga schaffte. Von der Aufstiegsfeier reden sie in Mainz noch 14 Jahre später. Auch vom Auftritt Roses, als er mit Sonnenbrille in die Dunkelheit wankte und schrie: „Erstligaspieler Rose!“ Wie er sich als Spieler beschrieb, als loyalen und integrativen Leader, überraschte nicht. Aber das er sich auch als jähzornig und manchmal unkontrollierbar bezeichnete, schon. Wenn man bedenkt, welche Ruhe er auf der  Trainerbank meistens ausstrahlt. Selbst wenn Schiedsrichterfehler seine Mannschaft entscheidend benachteiligen. Wie in Rijeka das aberkannte Tor in der Qualifikation zur Champions League, wie letzte Woche in Marseille der nicht gepfiffene Elfer im Semifinale der Europa League.

Inspiriert Trainer zu werden, hat ihn Klopp. Vor allem mit seinen Ansprachen. Der Kontakt zwischen beiden ist noch da. Gratulationen zu Geburtstagen, SMS schreiben nach großen Siegen. Rose bekam welche von Klopp nach dem Triumph in der Youth League, der vier erfolgreiche Jahre als Nachwuchstrainer krönte, nach den Aufstiegen gegen Real Sociedad, Borussia Dortmund und Lazio Rom. Mittwoch Abend möchte Rose gerne eines an Klopp schicken, ihm zum Aufstieg ins Finale der Champions League gratulieren. Und 24 Stunden später eines von Klopp bekommen, wenn er mit  dem FC Salzburg das Endspiel der Europa League erreicht hat.

In Sachen Menschenführung schaute er sich einiges von Klopp ab. Nach den Erfolgen in der Europa League bedankte er sich bei allen Mitarbeitern, auch bei Wäschefrau und Busfahrer. Er überrascht die Profis, wenn er trotz 2:0-Pausenführung  laut wird oder völlig ruhig bleibt, wenn das Spiel nicht optimal läuft. Er verteilt Aufgaben in seinem Trainerteam. An den ehemaligen deutschen Teamstürmer in Bayern-Diensten, Alexander Zickler, in Sachen Offensive. An seinen im Internet entdeckten Taktik-Experten Rene Maric, an Österreichs ehemaligen Teamspieler Rene Aufhauser. Rose lässt sich immer beraten, hört auf Ratschläge, lebt sein Motto: „Das Wichtigste ist der Mensch.“ Auch wenn er sich als ungeduldigen Gerechtigkeitsfanatiker sieht.

Die Red Bull-Statistik unter ihm mit seiner Philosphie von der Überfall-Taktik mit Pressing, bei der  Rose nach der schnellen Balleroberung auch fußballerische Lösungen sehen will, ist Wahnsinn: Von 148 Spielen verlor er nur zehn! Inzwischen ist er in Deutschland ein gefragter Mann, interviewen deutsche Medien seine besten Freunde, verraten, das er mit der früheren Handball-Nationalspielerin Nikola Pietzsch verheiratet ist, die in Leipzig als bekannte Rechtsanwältin arbeitet, die zehnjährige Tochter Maria heißt. Jeden freien Tag verbringt er in Leipzig. Die besten Freunde? Die ehemaligen Mainzer Mitspieler Michael Thurk und Sandro Schwarz, der jetzt Mainzer Trainer ist.  In Leipzig Thorsten Görke, der verrät: „Aufgeben und aufgeregt sein, das gibt´s bei ihm nicht. Er ist oft hingefallen und hat sich aufgerappelt. Und ist bei allem Ehrgeiz, der er hat, derzeit sehr zufrieden.“ Das Ritual vor wichtigen Spielen wird auch vor dem Donnerstag beibehalten: „Wir trinken einen doppelten Espresso und er sagt, die Mannschaft sei gut vorbereitet, es werde alles gut gehen.“

Roses Vertrag lauft bis 2019 ohne Ausstiegsklausel. Er schätzt das harmonische Umfeld in Salzburg, ihn reizt die Champions League mit Österreichs Serienmeister, aber auch die Rückkehr nach Deutschland. Aber sein Charakter verbietet ihm, seinen Berater Dirk Dufner, den ehemaligen Sportchef von Freiburg und Hannover, der für die Münchener Arena 11 Sports Group arbeitet, damit zu beauftragen, ihn bei Klubs, bei denen die Trainerfrage nicht geklart ist, anzubieten. Bei Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt gilt er trotzdem als heißes Thema. Aber es zählt für ihn derzeit nur Marseille. Rose: „Wir sind gerne wieder bereit,einen speziellen Abend zu erleben.“

 

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