Fußball

Bettler und Millionär: Die mahnende Stimme von Ivanschitz

Unter der Devise „Bettler oder Millionär“ bat die Spielergewerkschaft Mittwoch Abend zu einer Diskussion in die Wiener ÖGB-Zentrale. Ihre Vertreter waren von Jänner bis März dieses Jahr unterwegs, besuchten alle Teams von Bundesliga und zweiter Liga. Alle Spieler beteiligten sich mittels Fragebogen an einer Studie, um die Frage zu klären, wie viel Fußballer in Österreich verdienen, wie viele nach ihrer Karriere wirklich ausgesorgt haben. Wobei prinzipiell zu klären wäre, wie man den Begriff „ausgesorgt“ genau definiert. Gernot Baumgartner von der Gewerkschaft gab erste Details der Studie bekannt, weitere werden folgen. Demnach kassiert ein Spieler in der Bundesliga im Schnitt pro Monat 8000 Euro Fixum und 750 Euro pro Punkt. Brutto versteht sich. Die Schere zur zweiten Liga ist schon groß: 1300 Euro Fixum, 180 Euro pro Punkt. 17 Prozent der Spieler in der Bundesliga bekommen von den Klubs eine Wohnung zur Verfügung gestellt, 16 Prozent ein Auto.

Zur Diskussion über  diesen Fakten kam Ex-Temkapitän Andreas Ivanschitz von seinem derzeitigen Wohnort Prag nach Wien. In seiner erfolgreichen Karriere hatte er in Österreich, Griechenland, Deutschland, Spanien, den USA und Tschechien gespielt. Bei Rapid, Red Bull Salzburg, Mainz, Levante, den Seattle Sounders, mit denen er als erster Österreicher in der Major League Soccer Meister wurde sowie zum Abschluss  bei Viktoria Pilsen: „Wirklich transparent wurde mit Zahlen nur in der Major League Soccer  umgegangen“, bemerkte er. Ligavorstand Christian Ebenbauer (Bild oben), Wolfsberg-Kapitän  Michael Liendl und Manuel Ortlechner, der Kapitän von Austrias letzter Meistermannschaft hörten, wie Ivanschitz mehr Transparenz in Österreich nicht nur zur Diskussion stellte, sondern auch nachdrücklich empfahl „Denn nur wenn man Probleme offen anspricht, kann man etwas verändern“. Dass in Österreich Bedarf zu Veränderungen besteht, steht ja außer Diskussion. Auch wenn Ebenbauer das tat, was er tun muss: Sein Produkt, die Liga, in aller Form verteidigen. Das Jahr eins der Reform, mit der 85 Prozent der Bundesligaspieler zufrieden sind, gegen all vorgebrachte Kritik wie die von Zuschauerzahlen, die eher geringer werden als das sie steigen, verteidigte. Mit allen möglichen Vergleichen auch die zweite Liga als Erfolgsmodell hinstellte. Und wenn es etwas eng wurde, zog er sich auf die Argumentation, seriös könne man alles erst nach drei Saisonen beurteilen, zurück. Nach der Diskussion gab er doch zu, dass es besser wäre, nicht Platz drei wäre vor den letzten drei Runden noch heiß umkämpft, sondern Platz eins oder zwei. Aber diese Positionen sind ja seit Wochen schon einzementiert.  Ebenbauer gestand auch, dass der Imageschaden, der durch die Vorkommnisse rund um das letzte Wiener Derby im vergangenen Dezember entstand, nicht so schnell zu beseitigen sein wird.

Georg Pangl, Generalsekretär der Europäischer Ligen und Vorgänger von Ebenbauer, kam direkt vom Treffen mit dem Exekutivkomitee der UEFA aus Genf. Pangl ließ nur vornehm durchblicken, dass er dem alten Modell der zwei Zehnerligen mehr abgewinnen konnte, das neue eine sportliche Nivellierung bedeute. Die stritt Ebenbauer nicht ab. Komplett auf einer Linie sind Pangl und Ebenbauer beim Kampf gegen die Pläne der European Club Association in Sachen Europacupbewerbe ab 2024.  Dass von 24 Plätzen in der Champions League künftig nur vier via Qualifikation über die Ligen zu vergeben sein sollen, das darf es nicht geben. Das bekräftigen einiger als je zuvor die Ligen bei ihrem Treffen am Dienstag in Madrid. Das bemerkte dort auch Juventus-Boss Andrea Agnelli als Chef der ECA: „Ich denke, er hat eingesehen, dass es für die 14 Topklubs künftig unmöglich sein wird,  gegen die Basis zu arbeiten.“ So soll Agnelli schon die Bereitschaft signalisiert haben, auf Wochenendtermine für die Champions League doch zu verzichten. Abwarten.

Lars Christer Olsson als Präsident der Europäischen Ligen, Pangl und der Aufsichtsrat informierten  Mittwoch Mittag die UEFA-Exekutive in Nyon vom Madrider Treffen und der Einigkeit gegen die Pläne der Großen: „Ein erstes Abtasten“, meinte Pangl nur. Der Mittwoch Abend im Catamaran Riverbox interessante Zahlen parat hatte: 452 Klubs in Europa haben Lohnkosten bis zu zehn Millionen Euro, 124 zwischen zehn und 50 Millionen, 47 zwischen 50 und 100 (dazu dürfte als einziger österreichischer Klub Red Bull Salzburg gehören),  42 zwischen 100 und 300, nur zwölf zwischen 300 und 800. Und die wollen natürlich mehr als bisher abkassieren. Von den 15 Milliarden, die zwischen 1992 und 2018 via Champions League ausgeschüttet wurden, gingen 48 Prozent an sie. Von den zwölf Milliarden, die bis 2024 zu kassieren sind, bereits 60 Prozent. Das heißt es dann nicht mehr Bettler oder Millionäre, sondern Bettler und Millionäre. Die Schere zwischen arm und reich in Europas Fußball wird immer größer. Im Vergleich dazu ist die in Österreich zwischen Bundesliga und Erster Liga geradezu vorbildlich gering.

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