Fußball

Danke für die vielen schönen Tore, Marc Janko!

Marc Janko blieb seiner ruhigen, zurückhaltenden Art auch beim Karriereende treu. Das verkündete Österreichs Teamstürmer sechs Wochen nach einer Knöcheloperation via Facebook. Mit Dank für die vergangenen 16 Jahre. Den Dank muss Fußball-Österreich zurückgeben: Danke für viele schöne Tore, lieber Marc Janko! Das Bild oben ist nicht typisch für die Karriere des 1,96 Meter-Riesen: Der Ärger über eine vergebene Torchance. Es stammt vom 21.März dieses Jahres aus dem Wiener Happel-Stadion. Als er mit 35 bei seinem Kurzeinsatz per Kopf  die letzte Ausgleichschance beim 0:1 gegen Polen in der EM-Qualifikation nicht nutzte. Im 67. seiner 68 Länderspiele. Auch das ist nicht typisch. Mit 28 Toren für Österreich ist er der fünftbeste Teamtorschütze nach Toni Polster, Hans Krankl, Hans Horvath und Erich Hof. Das letzte erzielte er am 9.Oktober 2016 in Belgrad beim 2:3 gegen Serbien in der WM-Qualifikation.

14 Jahre ist meine erste bleibende Erinnerung an Janko schon her. Im November 2005 schlug Österreichs U21 England in Leeds 2:1. Ein besonderes, nicht alltägliches Ereignis. Beide Tore gingen auf das Konto von Janko. Ein bekannter Name durch seine Mutter, die Olympiadritte im Speerwerfen von Mexiko City 1968. Die Stürmerhoffnung antwortete in druckreifen Sätzen, hatte durchaus vernünftige, realistische Ansichten zu seiner Zukunft, spuckte trotz der Glücksgefühle über beide Tore keine großen Töne. Für 350.000 Euro hatte ihn im Sommer  davor Kurt Jara von Admira zu Red Bull Salzburg geholt, obwohl seine Verletzungsanfälligkeit kein Geheimnis war. 2006 folgte das Debüt im Nationalteam, 2007 setzten ihn Hüftprobleme für 258 Tage außer Gefecht. Ein Grund, dass er 2008 bei der Heim-Europameisterschaft fehlte. Aber die Karriere war nicht aufzuhalten.

Janko spielte bei neun Klubs in sieben Ländern, wurde in Österreich mit Salzburg Meister, in Portugal mit dem FC Porto, in der Schweiz mit dem FC Basel. Über den Cupsieg jubelte er in Holland mit Twente Enschede und Basel. 12,69 Millionen Euro bewegte er durch Ablösen bei seinen Transfers. Er erzielte Tore in Österreich (77), Holland (24), Portugal (4), der Türkei (2), in Australien (16), der Schweiz (31) und Tschechien (1), traf sowohl in der Champions als auch in der Europa League. Insgesamt sorgte Janko für 210 Tore. Sagt alles über seine Qualitäten. Die erste herausragende Saison war 2008/09 mit 39 Toren für Salzburg, der Rekordmarke in der Vereinsgeschichte, womit er Rang drei in Europas Torschützenliste belegte. Danach artikulierte Janko in einem der wenigen Male seinen Unmut über eine Trainerentscheidung. Als ihn der damalige Teamchef Didi Constantini beim WM-Qualifikationspiel gegen Serbien in Belgrad auf der Bank beginnen ließ, konnte und wollte das Janko nicht verstehen: „Wenn 39 Tore nicht für die Aufstellung reichen, was dann?“, fragte er nach dem 0:1 ziemlich verärgert in aller Öffentlichkeit. Ansonst fraß er vielleicht zu oft den Frust in sich hinein. Als ihn  Constantini nach Belgrad als Kapitän zur letzten Pressekonferenz vor einem Heimspiel gegen Griechenland mitnahm, aber dann nicht spielen ließ. der knorrige holländische Trainer Huub Stevens ihn in Salzburg öfters zum Sündenbock stempelte, ihn sogar nicht zum Begräbnis seines besten Freunds aus Admiras Nachwuchszeiten fahren lassen wollte. Nach fünf Jahren brachte Janko Salzburg durch den Wechsel nach Holland zu Twente Enschede sieben Millionen Euro. Das war damals die Rekordablöse in der Bundesliga.

In Holland hinterließ er Spuren wie zuvor in Österreich. Erzielte auch für Twente vier Tore in einem Meisterschaftsspiel wie zuvor bei Salzburg. Wurde im Pokalfinale zu Beginn der zweiten Hälfte der Verlängerung eingewechselt, sorgte für das Siegestor zum 3:2 gegen Ajax. Als ihm nach zwei Jahren bei Twente klar war, dass künftig der Holländer Luke de Jong mehr als er zählen wird, begann mit dem Wechsel zum FC Porto ein neues Erfolgskapitel. Das nur sieben Monate dauerte. Ein Muskelfaserriss in der Vorbereitung, der Kauf des Kolumbianers Jackson Martinez ließen ihn ja zu Trabzonspor in der Türkei sagen. Vielleicht die schlechteste Entscheidung in den 16 Jahren. Chaotische Verhältnisse, Tolunay Kafkas, sieben Jahre zuvor sein Trainer bei Admira, warf ihn aus dem Kader.  Er musste allein trainieren. Und trotzdem hielt Österreichs damaliger Teamchef Marcel Kosller an ihm fest. Janko sollte es ihm danken. In Australien startete er beim FC Sydney durch, überzeugte alle. Die Wahl zum Spieler der Saison unterstrich das. Aber wegen Jankos langen Reisen zu Österreichs Team verlängerte Sydney den Vertrag nicht. Der FC Basel, jetzt Kollers Klub, griff zu, In der Schweiz nannten sie Janko bald die Strafraumkobra, weil er dort gefährlich wie kein anderer war. Wegen eines Alters verlängerte Basel 2017 den Vertrag nicht. Die Kapitel, die danach bis zum Karrierende bei Sparta Prag und Lugano im Tessin folgten, boten keine großen Highlights mehr. Dennoch blieb Janko für Österreichs Team immer ein Thema. Sprach für ihn, aber gegen die Nachfolger.

Janko gelangen Tore, von denen man noch in Jahren reden wird. In Sydney etwa mit einem Volley aus 40 Metern Entfernung. Im Teamdress der Rückzieher in Moskau zum 1:0 gegen Russland in der erfolgreichen Qualifikation für die Europameisterschaft 2016 wenige Tage vor seiner Hochzeit in der Steiermark. Zum EM-Ticket steuerte er sieben Tore und zwei Assists bei. Der Muskelfaserriss  zwei Monate vor der Endrunde war der verhängnisvollste der Karriere. Wahrscheinlich verhinderte er  Österreichs Aufstieg. Der Janko in den Spielen gegen Ungarn und Island war in Bordeaux und Paris nicht der topfitte Janko der Qualifikation, gegen Portugal fehlte er überhaupt. Was für Jankos Charakter spricht: Er tauchte nie ab, stand immer Rede und Antwort. Hatte stets Argumente an der Hand, die zum Nachdenken zwangen. Und zeigte wie außer ihm nur wenige Verständnis für berechtige Kritik. Die Nummer 21 wird fehlen.

Wenn Familienvater Janko bald einen Job im Reich von Red Bull bekommt, wäre das keine Überraschung. Weil er zu Boss Didi Mateschitz seit den fünf Jahren im Salzburger Dress einen guten Kontakt, bei ihm einen Stein im Brett hat. Auf jeden Fall verdient sich der 36jährige einen gebührende Verabschiedung für den ÖFB. Das EM-Qualifikationsspiel gegen Lettland im September würde sich anbieten. Janko behielt auch nach dem Abgang aus Salzburg seine Wohnung im Zentrum der Festpielstadt.

Foto: © FOTObyHOFER/CHRISTIAN HOFER.

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