Die Träume bei Sturm Graz vom ersten Viertelfinale im Europacup seit 1974 sind vorbei. Weil Österreichs Vizemeister im Achtelfinal-Heimspiel gegen Lille, den Vierten in Frankreichs Ligue 1, nicht Sturm war, sondern die schwächste Leistung in diesem Jahr bot. Deshalb war es so eindeutig, wie es das 0:3 (0:1) ausdrückt. Sturm war nicht aggressiv, sondern wirkte müde, brachte nie die Energie und Intensität auf den Rasen brachte, die man gegen eine ballsichere Mannschaft braucht. Sturm bekam nie Zugriff auf das Match und den Gegner, Vielleicht hat man sich im Vorfeld auch zu sehr eingeredet, nur Außenseiter zu sein. Sturm wirkte ängstlich, wie das Kaninchen vor der Schlange, kam nie in die Zweikämpfe, verlor die meisten Duelle um die zweiten Bälle. Keine Spur von Pressing: „Wir sind nur nachgelaufen“, gestand Trainer Christian Ilzer (Bild) konsterniert. So etwas ist man bei den Grazern nicht gewohnt. Die 13.825 Fans in der ausverkauften Merkur-Arena feierten die Verlierer trotzdem. Nur das erinnerte an bessere Sturm-Auftritte.
Lilles 50 Millionen-Stürmer, der Kanadier Jonathan David, erzielte in 24 Minuten ein Tor mehr als in seinen vier Conference League-Spielen davor. Beim 0:1 nach 28 Minuten nützte er nach einer starken Aktion, die auf einen Fehlpass von Sturms Abwehrchef Gregory Wüthrich folgte, die perfekte Vorarbeit von Ayyoub Mouaddi, mit 16 Jahren der jüngste Spieler, der je im Europacup eingesetzt wurde. Beim 0:2 nach 52 Minuten stand David nach einem Kracher des Isländers Hakon Haraldsson, den Sturms Tormann Viteszlav Jaros noch an die Latte abwehrte, dort, wo ein Torjäger stehen muss, wenn er den Abpraller nützen will. Jaros verhinderte mit starken Reaktionen zwei weitere Lille-Tore, sah aber beim 0:3 nicht gut aus, als sich eine Flanke von Kosovo-Teamspieler Edon Zhegrova über ihn ins lange Eck senkte.
Chancen für Sturm? Bei 0:1 durch Manprit Sarkaria, bei 0:2 traf Otar Kiteishvili die Latte. Der Däne William Böving jagte den Abpraller weite über das Tor. Sarkaria wurde nach seinem Schuss, der zu schwach ausfiel, von Lilles England-Legionär Angel Gomes am Knöchel getroffen, musste ausscheiden. Die bittere Diagnose: Knöchelbruch und Operation. Damit ist die Saison und die Chance, bei der Europameisterschaft dabei zu sein, für ihn vorbei. Das passte zu dem schwarzen Abend von Sturm und Trainer Christian Ilzer. Jetzt gibt es nur noch den Tanz auf zwei Hochzeiten, das Duell gegen Red Bull Salzburg. Um Platz eins in der Bundesliga und den Aufstieg ins Endspiel des Uniqa-Cups.
In der Europa League bahnte sich in Aserbaidschans Hauptstadt Baku eine Riesenüberraschung an. In Form der ersten Saisonniederlage von Deutschlands Tabellenführer Bayer Leverkusen. Im strömenden Regen führte Aserbaidschans Meister Qarabag Agdam zur Pause 2:0, lag bis zur zweien Minute der Nachspielzeit 2:1 in Führung, ehe Tschechen-Stürmer Patrick Schick Leverkusens Mega-Serie per Kopf rettete. Der Last Minuten-Wahnsinn, damit im 35. Spiel hintereinander ungeschlagen. Trainer Xabi Alonso nahm im Vergleich zum 2:0 in Köln acht Wechsel vor, verzichtete zunächst auf Kapitän und Mittelfeldlenker Granit Xhaka, Kreativspieler Florian Wirtz, Flügelflitzer Jeremy Frimpong und Schick. Mit ihrer Einwechslung kam der Umschwung. Das 1:2 von Wirtz bedeutete das 100. Saisontor von Leverkusen. Souverän agierte hingegen Englands Tabellenführer FC Liverpool beim 5:1 (3:0)-Auswärtssieg gegen Sparta Prag. Drei Tage vor dem Duell um Platz eins in der Premier League gegen Manchester City setzte Trainer Jürgen Klopp Abwehrchef Virgil van Dijk und Mittelfeldstar Dominik Szoboszlai erst nach 51 Minuten ein, Torjäger Mo Salah nach 74. Ein Kantersieg gelang überraschend AS Roma mit 4:0 gegen Brighton.
Foto: Famous Sepp Pail.