Eishockey

Eishockey pur und Tradition in einer Person: Kurt Harand ist 60!

In der auch in der neuen Saison fest in nordamerikanischer Hand befindlichen EBEL-Eishockeyliga wird sich kein Spieler finden, der einen Zehnjahresvertrag bei seinem Klub bekam oder  unterschrieb. Eine österreichische Eishockeylegende hatte dies in den Achtzigerjahren getan. Die stand auch für 151 Länderspiele mit 42 Toren und 36 Assists, acht Weltmeisterschaften und zweimal Olympia. Montag feiert WEV-Urgestein Kurt Harand seinen 60. Geburtstag. Die Sorgen um die Zukunft von Österreichs  Eishockey infolge der sinnlosen Flut von zweit- und drittklassigen Ausländern artikulierte er bereits vor einem Jahrzehnt. Sie ist aktueller denn je.  Harands Beitrag zur Eishockeyszene: Er arbeitet mit den Jugendlichen bis zu 14 Jahren, bildet sie in Wien aus. Bei den Danube Islanders am Eisring Süd.  Chef ist dort ein ehemaliger Mitspieler beim WEV, Philipp Wernecke. Harands Sohn Chris ist einer der Sportchefs. Der jüngere Sohn Patrick, inzwischen 33, spielt bereits in der fünften Saison beim KAC. Als Wiener auch nicht selbstverständlich.

21 Saisonen mit 633 Spielen, 293 Toren und 328 Assists, hat Kurt Harand in der ehemaligen Bundesliga hinter sich. Die Nummer 16 beim WEV bürgte für Qualität. Darum gab der damalige Präsident Anton Gruber dem linken Flügel einen Zehnjahresvrtrag, verlieh ihn nur je eine Saison an Feldkirch und Innsbruck, als der WEV Geld brauchte. Die Erinnerungen an die Teamkarriere sind auch nicht ohne: Bei der B-WM 1993 in Tokio blieb er mit Österreich ungeschlagen, erzielte  beim 3:3 gegen die USA gegen  Jim Craig, den legendären Tormannhelden beim US-Olympiasieg 1980 in Lake Placid,  das 2:1 für Österreich. Österreichs Sieg verhinderte nur Harands Freund aus WEV-Zeiten, Bill Gilligan, mit dem späten Ausgleich. Unübertroffen sind die Olympia-Erinnerungen. 1984 in Sarajevo, vier Jahre später in Calgary. Das Eröffnungsspiel im Saddledome vor 12.000 Zuschauern gegen die USA. Ein österreichischer Torschütze beim 6:10 hießt Harand. Gecoacht vom ehemaligen tschechischenWeltmeister Ludek Bukac und Gilligan, inzwischen Teamchefassistent.

Die Trainerkarriere konnte nur in Wien beginnen. Nach dem Abstieg, als auch die alt ehrwürdige Donauparkhalle, ein Überbleibsel der Gartenweltausstellung aus dem Jahre 1966,  abgerissen werden musste. Die Übergangslösung für wenig mehr als 1000 Zuschauer  in der Hopsagasse ergab aus dem Zusammenschlusss von WEV und Stadlau den CE Wien.Der aufstieg, gut Figur machte. Doch dann bildete sich der damalige Präsident ein, er brauche eine andere Lösung auf der Betreuerbank. Verpflichtete den damaligen Teamchef Ken Tyler, dessen Assistent Harand war. Tyler engagierte quer durch Europa Legionäre, blieb damit komplett erfolglos. Nach einem Jahr und einem Zwischenspiel in der zweien Liga  bei Fischerbräu kam Harand wieder zurück zum CE Wien. Blieb drei Jahre, bis es den Klub dann aus finanziellen Gründen nicht mehr gab. Die Erinnerungen an die Zeiten hat er daheim in seinem Haus genau aufbewahrt. Er kann sofort sagen, was in welcher Saison passierte. Das Rad der Zeit in Sachen Lgeionäre konnte er nicht mehr zurückdrehen. Versuchte es aber immerhin.

Ein Jahr gab´s kein Eishockey in Wien, ehe die Vienna Capitals die Bühne betraten. An der Gründung, die 2000 begann,  war Harand beteiligt. Mit seinem Freund Günther Hammer, seinen ehemaligen Mitspielern Martin Platzer und Hans Schuller, dem Finanzer Walter Schnopfhagen. Es gelang, den jetzigen Boss Hans Schmid zum Einstieg zu bewegen. Das bedeutete die Rettung. Zum Start gab es nur sechs Ausländer. 2004 kam´s zwischen Schmid und Harand, damals Trainer und Sportchef, zum Zerwürfnis, Schmid stellte dem Wiener Idol den Sessel vor die Tür. Harands letzte Tat: Er engagierte als seinen Nachfolger Jim Boni, der ein Jahr später den Titel erstmals seit Jahrzehnten nach Wien holte. Harand trainierte danach zwei Saisonen die Linzer Black Wings, assistierte den Teamchefs Lars Bergström und  Bill Gilligan, betreute Österreich Team bei Youth Olympia 2012 in Innsbruck. Danach waren seine Erfahrung und die Bereitschaft, sich im Nachwuchs zu engagieren, auch im Verband nicht mehr gefragt.

Seine Meinung über die rot-weiß-rote Eishockeyszene hat sich in den letzten Jahren nicht geändert: Man kümmert zu viel um Legionäre, zu wenig um die Österreicher, um einen eigenen Weg mit dem Nachwuchs, eine eigene Spielphilosophie. Mit dem erfolgreichen aktuellen Weg von Teamchef Roger Bader zeigt er sich sehr einverstanden, weil der auch den Mut hat, junge Österreicher zu forcieren. Aber Harand weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es auch für den Schweizer sein wird, in der A-WM zu bestehen, 2018 in Kopenhagen nicht abzusteigen, den Status der Liftmannschaft abzulegen. Weil der Großteil der Testkandidaten bei den Klubs nur Dritt-oder Viertlinienspieler sind, im Powerplay wenig zum Zug kommen. Es  gibt´s  keine Anzeichen, dass sich in der Liga etwas zum Besseren ändert. Eher das Gegenteil.

Weiter Selbstbeweihräucherung statt Selbsterkenntnis. Stolz wurde zum Saisonstart  zur Verlängerung des Sponsorvertrags mit der Erste Bank um drei Jahre die Zahl von einer Million Zuschauer präsentiert, dabei aber diskret verschwiegen, dass die einen Rückgang von fast 17 Prozent bedeuteten. Es gibt weiter keine Chance für einen österreichischen Trainer in der Liga. Man verschreibt sich Nordamerikanern, die nach einer Saison angezählt sind wie Greg Poss in Salzburg, erste Erfahrungen in Europa sammeln wie Troy Ward in Linz oder noch nie Chef waren wie der neue KAC-Mann Dave Walker. Die acht österreichischen Klubs, von Meister Vienna Capitals  über KAC, Salzburg, Villach, die Graz 99ers, Innsbruck und Dornbirn haben insgesamt 83 Ausländer unter Vertrag, die von den ausländischen Trainern bis zum geht nicht mehr forciert werden. Ein Wahnsinn, der nicht gut sein kann. Man braucht sich nur die erste Runde am letzten Freitag ansehen: Von den Toren, die Österreichs Klubs erzielten, gingen 21 auf das Konto von Legionären, 14 erzielten Österreicher.  Die löblichen Ausnahmen: Drei der vier Grazer Tore beim Sieg in Klagenfurt von Österreichern, ebenso fünf der sechs Villach-Tore gegen Zagreb. Hingegen gingen alle Treffer von Innsbruck und Linz auf das Konto der Ausländer.

Wahrscheinlich wird die Bestandsaufnahme bei Harands nächstem runden Geburtstag ähnlich ausschauen. Dies zu befürchten, bedeutet Realist zu sein. Er ist einer.

 

Foto: Relevant.at.

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