Acht Tore, eine rote und acht gelbe Karten, elf Minuten Nachspielzeit: Das war die bisher turbulenteste und dramatischeste Europacupnacht im Viola Park. Ohne Happy End für Austria, die in den ersten 39 Minuten noch in den Play-offs war, dann im Verlauf der Partie insgesamt 15 Minuten in der Verlängerung, ehe es das k.o. nach 101 Minuten kam, mit dem fünften Treffer für Polens Vizemeister zum 3:5 (1:2). Damit schied die Austria vor 10.244 Zuschauern mit dem Gesamtscore von 5:6 aus. Obwohl die Verlierer Applaus für ihre Moral verdienen, weil sie nie aufgaben, auch mit zehn Mann, so war es im Wechselbad der Gefühle doch auch ein Selbstfaller in Violett. Diesmal war die Defensivabteilung zu schwach. Fünf Tore nach einem Auswärtssieg daheim zu kassieren, das darf nicht passieren. Das hat nichts damit zu tun, dass der Kader von Legia einen zwölf Millionen höheren Marktwert hat, wie es Sportchef Manuel Ortlechner zur Pause im ORF-Interview einwarf.
Eigentlich lief von Beginn an vieles gegen die Austria, bei der Kapitän Manfred Fischer überraschend auf der Bank begann. Nach fünf Minuten musste Marvin Potzmann verletzt hinaus. Nachfolger Manuel Polster zählte diesmal zu den Schwachstellen. Legia war die aggressivere Mannschaft, profitierte davon, dass es in der Qualifikation zur Conference League erst in den Play-Offs einen VAR gibt. Der hätte nämlich gesehen, dass in der Aktion zum Führungstor die Flanke von Pawel Wszolek aus Abseitsposition kam. Dann traf ausgerechnet der Kolumbianer Jürgen Elitim, dessen Fehlpass in Warschau Austrias Führungstreffer ermöglichte, jubelte provokant vor Austrias Fantribüne. Den schnellen Ausgleich verhinderte nach einem Eckball die Latte bei einem Kopfball von James Holland. Bis dahin kam die Austria aus dem Spiel heraus nur zu einem gefährlichen Schuss von Andreas Gruber. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte fiel nach einem Ballverlust von Mathias Braunöder im Mittelfeld das 0:2. Die Austria wurde in der Vorwärtsbewegung erwischt, Reinhold Ranftl kam gegen Marc Gual zu spät.
Auch beim 0:3 nach 58 Minuten durch Tomas Pekhart ließ sich die Austia auskontern. Schon zuvor verhinderte Tormann Christian Früchtl mit zwei Topreaktionen den dritten Treffer. De Austria schien mausetot, auch von „Muki“ Huskovic, dem Doppeltorschützen von Warschau war nichts zu sehen. Mit der ersten wirklich gelungenen Offensivaktion traf Andreas Gruber nach Pass von Dominik Fitz nach 69 Minuten zum 1:3. Das gab Hoffnung, 14 Mintuen später nochmals Fitz zu Gruber, wieder Tor. Damit war die Austria im Nachspiel, das Stadion tobte.
Was danach passierte, sollte nicht passieren: Mitten in den Jubel traf Joker Maciej Rosolek, der in der 62. Minuten für den Torschützen Gual eingewechselt wurde, zum 2:4. Die Austria war nach 87 Minuten wieder draußen. Zwei Minuten später bekam der eingwechselte Aleksandar Jukic für einen Kopfstoß unnötig, aber zu Recht die rote Karte vom schwachen ungarischen Referee Istvan Vad. Auch das war ein Unterschied zwischen Austria und Legia: Die Joker der Polen schossen zwei Tore, einer der Austria schwächte die eigene Mannschaft. Doch dezimiert gelang Ranftl mit seinem schwächeren linken Fuß nach 96 Minuten das 3:4, was wieder ein Nachspiel bedeutet hätte. Da soll Austrias Jahrhunfertspieler Herbert Prohaska im ORF-Studio einen Jubelsprung wie zu aktiven Zeiten hingelegt haben.
Aber fünf Minuten später wieder Frust: Ernest Muci, Legias Torschütze in Warschau. in der 94. Minute für Kapitän Jose gekommen, traf zum 3:5. Zuvor ließ er Lucas Galvao, der bis dahin noch der beste der drei Innenverteidiger war, schlecht aussehen. Austrias Trainer Michael Wimmer wirkte bedient wie noch nie: „Eigentlich kann ich der Mannschaft keinen Vorwurf machen!“ Die Einnahmen aus Play-offs und Gruppenphase hätten der Austria wegen ihrer maroden Finanzen gutgetan. Jetzt hat die Austria im Europacup anders als in der vergangenen Saison Pause. In der Austria auch einmal fünf Tore kassierte (gegen Villarreal in Valencia), wie zuvor 2017 (zweimal gegen Milan). Mehr Treffer bekam die Austria in den letzten 20 Jahren nur 1991 im Europacup der Meister beim 1:6 gegen Arsenal in Highbury.
Foto: Mario Urbantschitsch.
