Ein Aufreger jagte in den letzten Tagen vor dem WM-Auftakt den anderen. Am Freitag verbereitete ein Influencer aus Bahrain Gerüchte, Katar habe die Spieler von Ekuador mit mehreren Millionen US-Dollar bestochen, um einen Sieg bei der Eröffnung zu sichern. Darauf folgte das Alkohol-Verbot, verfügt vom katarischen Königshaus. Auch rund um die Stadien dürfen keine alkoholischen Getränke ausgeschenkt werden. Nicht zur Freude des 75 Millionen Euro-Sponsors der FIFA, der US-Brauerei Budweiser. Ihr Bier mit Alkohol wird nur in den VIP-Suiten der Stadien und in den Fanzonen von Doha erlaubt, allerdings erst ab 18.30 Uhr. Alkohol wird in Katar nur sehr eingeschränkt in Bars oder Hotels ausgeschenkt. Da konnte man noch von einer übertriebenen oder künstlichen „Bier-Aufregung“ reden. Samstag war das anders. Da kam als Tiefpunkt die traditionelle Pressekonferenz des FIFA-Präsidenten am Tag vor der Eröffnung dazu. Der 52 jährige Schweizer Gianni Infantino (Bild oben), begann seine Rede vor 400 Journalisten mit: „Heute habe ich sehr starke Gefühle“. Worauf eine Kunstpause folgte.
Nach der kam ein selbstgerechter Monolog, der eine Stunde dauerte. Er erklärte, sich als Katarer, als Araber, afrikanisch, homosexuell, behindert und Arbeitsmigrant zu fühlen. Er wisse als Sohn von Gastarbeitern, was Diskriminierung bedeute. „Ich hatte rote Haare und Sommersprossen“, sagte Infantino wörtlich. Womit das große Kopfschütteln begann. Auch als er meinte, die Europäer sollten sich für das, was sie in den vergangenen 3000 Jahren weltweit gemacht haben, die nächsten 3000 Jahre entschuldigen, bevor sie moralische Ratschläge an andere erteilen. Er sei über diese Doppelmoral traurig. Derselbe Infantino hatte vor Wochen einen Brief an die 32 teilnehmenden Nationen geschrieben, in dem stand, man solle sich auf das Sportliche konzentrieren und keine politischen Debatten führen. Trotzdem fragte er: „Darf jemand, der wie ein Inder aussieht, nicht für England oder Spanien jubeln? Das ist Rassismus!“ Katars Außenminister Mohammed Al Thani hatte Kritik an seinem Land pauschal als „rassistisch“ abgestempelt, Infantino folgte ihm. Damit spielte er auf die Berichte über gekaufte Fans an, die in Katar die verschiedenen Nationalmannschaften feierten. In der Fragerunde versicherte Infantino, sich auch als Frau zu fühlen, betonte noch einmal: „Europa war früher auch nicht besser!“ Am Ende outete sich FIFA-Pressesprecher Bryan Swanson als schwul und lobte Infantino für seine Hilfe.
Schon am Tag vor der Skandal-Pressekonferenz hatte DFB-Präsident Bernd Neuendorf angekündigt, Infantinos Wiederwahl im März 2023 nicht zu unterstützen. Bis jetzt gibt es keinen Gegenkandidaten. Österreichs Fußballbund ist bei der WM-Eröffnung durch Kärntens Verbandschef Klaus Mitterdorfer und Generalsekretär Thomas Hollerer vertreten. Mitterdorfer flog als Vertretung von Präsident Gerhard Milletich nach Katar. Normal eine Sache für einen Vizepräsidenten. Nicht bei Milletich. Das kann man auch als Belohnung für Mitterdorfers Loyalität zu Milletich werten. Die WM wird in Österreich sowohl in ORF 1 als auch bei ServusTV zu sehen sein. Erstmals teilen sich diese Sender die WM-Berichterstattung. Der ORF zeigt 39 Spiele, darunter die Eröffnung, ServusTV die restlichen 25. Das erste wird am Montag Holland gegen Senegal sein.
Foto: AP.