Mit dem Trainerwechsel von Julian Nagelsmann, der trotz drei Titelchancen gehen musste, zu Thomas Tuchel fühlen sich viele bestätigt, die Bayern München als den FC Hollywood bezeichnen. Tuchel hat Samstagabend im Spitzenspiel gegen seinen Ex-Klub Borussia Dortmund seine Premiere beim bayerischen Hollywood. Mit Dortmund konnte Tuchel in der Allianz-Arena nicht gewinnen: 2015 verlor er 1:5, als Pep Guardiola Bayern-Trainer war. 2017 unterlag er gegen Guardiolas Nachfolger Carlo Ancelotti 1:4. Samstag braucht Tuchel einen Sieg, um zum Bayern-Debüt Platz eins von Dortmund zurückzuholen, drei Tage später steht das Pokal-Viertelfinale gegen Freiburg am Programm. Was wird sich mit Tuchel alles ändern? Gegen Dortmund wegen der kurzen Vorbereitungszeit taktisch nicht viel, da erst Donnerstag alle Spieler beim Training waren.
Was kommt aber ansonst auf Bayern zu? „Definitiv kein einfacher Typ“, sagt mit Viennas Sportchef Andreas Ivanschitz einer, der es wissen muss. Er zählte auf der ersten Station von Tuchel in der Bundesliga bei Mainz zu den drei Österreichern, die unter ihm trainierten. Ivanschitz kam aus Athen von Panathinaikos, begann 2009, gleichzeitig mit Tuchel. Blieb vier Jahre bis 2013, ehe sein Vertrag nicht verlängert wurde, er nach Spanien zu Levante übersiedelte. Christian Fuchs war nur in der Saison 2010/11 Mainz-Spieler, entschied sich dann für Schalke. Tuchel ließ ihn spüren, dass ihm das nicht passte. Julian Baumgartner kam 2011, erlebt noch drei Saisonen mit Tuchel mit. Ivanschitz kam insgesamt auf 113 Spielen unter Tuchel mit 24 Toren und 19 Assists, Fuchs auf nur 33, Baumgartlinger auf 76. Im zweiten Heimspiel von Ivanschitz mit Mainz gab es die 2:1-Sensation gegen Bayern München unter Louis van Gaal. Österreichs damaliger Teamkapitän erzielte mit links das Führungstor. Geradezu fulminant begann die zweite Saison. Von den ersten neun Spielen acht gewonnen, darunter in München gegen Bayern 2:1 und in Leverkusen 1:0 durch ein Ivanschitz-Tor, daheim gegen Hoffenheim (mit Österreichs Teamchef Ralf Rangnick als Trainer) 4:2. Erst in der zehnten Runde kostete das 0:2 gegen Borussia Dortmund mit Jürgen Klopp die Tabellenführung. Am Ende der Saison war Mainz sensationell auf Rang fünf.
Ivanschitz spricht Tuchel keinesfalls Qualitäten ab: „Aber wer so gestrickt ist wie er, der kann nicht einfach sein. Er ist detailversessen, ein Perfektionist, der selbst nach Siegen jeden schlechten Pass kritisiert, seine Mannschaft jeden Tag ans Limit pushen will. Damit fordert er von den Spielern mehr, als manchen lieb ist. Dazu stellt er tagtäglich auch an sich und sein Umfeld höchste Ansprüche.“ Was Ivanschitz von Tuchel noch in Erinnerung blieb, ist dessen Schlagfertigkeit. Daher könnte durchaus bei Bayern ähnliches wie zuvor bei Chelsea passieren: Dort kochte Tuchel Weißwürste für die Mannschaft.
Foto: FC Bayern München.