Das altehrwürdige Stadion an der Stamford Bridge im Londoner Stadtteil Fulham wurde in Österreich erstmals vor 90 Jahren bekannt. Als dort am 7. Dezember 1932 das Wunderteam von Hugo Meisl mit Rudi Hiden im Tor, dem legendären Karl Sesta und Matthias Sindelar gegen England nur 3:4 verlor. 62 Jahre später schaffte die Austria dort im Europacup der Cupsieger unter dem unsäglichen deutschen Trainer „Ekel-Egon“ Coordes gegen Chelsea ein 0:0, schied aber in Wien nach dem 1:1 durch die Auswärtstorregel aus. Meister FC Salzburg ist Mittwoch Abend die erste österreichische Mannschaft seit 28 Jahren, die an der Stamford Bridge bei den „Blues“ gastiert. An den ersten Salzburger Sieg gegen eine Mannschaft aus Englands Premier League im Europacup zu glauben, der bei tipp 3 eine Außenseiter-Quote von 8,1 hat, wäre vermessen. Denn Chelsea ist daheim schon eine Macht. Von 31 Spielen in der Champions League nur sechs verloren, das letzte im Frühjahr gegen den späteren Gewinner Real Madrid im Viertelfinale mit 1:3. Davor gab es sechs Siege ohne Gegentor. Also wäre es schon ein Erfolg für Salzburg, auswärts gegen Chelsea ein Tor zu erzielen.
Wenn Salzburg ähnlich mutig auftritt wie im Herbst 2019 beim 3:4 gegen den FC Liverpool an der Anfield Road, dann verdient schon das wieder Applaus. Normal ist in London nichts zu holen. Der Unterschied in den Marktwerten beider Mannschaften ist gewaltig. Bei Chelsea 798,5 Millionen, bei Salzburg um 624 Millionen weniger, also 174,5. Dazu kommt der Ausfall der Innenverteidiger Oumar Solet und Max Wöber. Ist der Defensivverbund mit Bernardo und Strahinja Pavlovic im Zentrum stabil genug, um gegen Millionenstars wie Raheem Sterling, Kai Havertz und Pierre Emerick Aubameyang zu bestehen? Keinen Nachteil für Salzburg bedeutet es, dass in Chelseas Mittelfeld seit August Weltmeister N´Golo Kante wegen einer Muskelverletzung fehlt. Im Mittelfeld hat Chelsea zwei Leute, die in Österreich geboren sind: Den in Linz aufgewachsenen Kroaten Mateo Kovacic und den 19 jährigen Carney Chukwuemeka. Der kam im Oktober 2003 als Sohn nigerianischer Eltern in Eisenstadt auf die Welt. Nach starken Leistungen im Juni für England bei der U 19-EM in der Slowakei, wo er beim 2:0 gegen Österreich das Führungstor erzielte und auch beim 3:1 im Finale gegen Israel traf, holte ihn Chelsea um18 Millionen Euro von Aston Villa, gab ihm einen Sechsjahresvertrag.
Ob er beim neuen Trainer Graham Potter eine Chance bekommen wird? Im ersten Spiel des neuen Trainers vielleicht nicht. Dass Potter den begehrten Jo bei Chelsea bekam, wundert auch England-Kenner Sebastian Prödl. Nicht nur der ehemalige Watford-Legionär sah eine Diskrepanz, dass der neue Besitzer Todd Boehly einerseits noch den 37 jährigen Ronaldo holen wollte, andererseits auf eine steigende Aktie am Trainermarkt setzt, auf dem klingendere Namen wie Zinedine Zidane oder Mauricio Pochettino zu haben gewesen wären. Für Salzburgs Trainer Matthias Jaissle wird es eine Premiere auf der Insel: „Man hat richtig Lust. sich mit den Besten der Welt zu messen“. Sein Rezept, weil man nicht abschätzen, wie Kollege Potter „zaubern“ wird: „Das Hauptaugenmerk auf unser Spiel und unsere Prinzipien richten!“ Chelsea seht nach dem 0:1 bei Dinamo Zagreb viel mehr unter Druck als Salzburg. Die wichtigeren Partien für Österreichs Meister werden die zwei gegen Dinamo Zagreb, in denen die Entscheidung fallen wird, ob im Europacup überwintert. Kroatien Meister gastiert mit Ex-Rapidler Robert Ljubicic Mittwoch im Meazza-Stadon bei Milan.
Im 40.000 Zuschauer fassenden Stadion an der Stamford Bridge werden sich auch gute Bekannte treffen: Bernardo und Potter aus Brighton-Zeiten, Rekordkauf Lucas Gourna Douath spielte früher mit Chelseas neuem Innenverteidiger Wesley Fofana bei St. Etienne zusammen, Denis Zakaria und Noah Okafor kennen sich aus der Schweizer Nationalmannschaft. ServusTV überträgt von der Stamford Bridge ebenso direkt wie Sky Austria mit Marc Janko und Peter Stöger im Studio. 335 Kilometer nördlich von London schaut alles auf einen Ex-Salzburg-Torjäger: Erling Haaland trifft mit Manchester City auf seinen früheren Klub Borussia Dortmund. Für Englands Meister erzielte der Norweger bisher in acht Spielen zwölf Tore. Eine Dortmunder Vergangenheit hat bei Manchester City auch der überraschend geholte Schweizer Innenverteidiger Manuel Akanji.