Am 8. August feiert Herbert Prohaska, Österreichs Jahrhundertfußballer, der letzte Teamchef, mit dem sich Österreich für eine Weltmeisterschaft qualifizierte, seinen 70. Geburtstag. Sie können bis zum Ehrentag täglich eine Geschichte aus dem Leben von Herbert Prohaska, insgesamt 70, lesen.
Roberto Falcao war der ungekrönte Kaiser von Rom. Er drückte der Meistermannschaft seinen Stempel auf. Dabei erinnerte sein Stil gar nicht an einen Brasilianer: Er lief sich die Seele aus dem Leib, stellte sich mit aller Klasse in den Dienst der Mannschaft, erziele spektakuläre Tore. Genoss abseits des Rasens viele Privilegien: Obwohl Brasilien so wie Österreich bei der WM in der Zwischenrunde ausgeschieden war, kam Falcao vier Wochen später als Prohaska zur Vorbereitung. Wenn in Rio Karneval gefeiert wurde, fehlte der Superstar beim Training. Er kam immer zu spät, lebte in Rom mit seiner Mutter und war eitel. Seine Autogrammkarten zeigten ihn noch mit einer Löwenmähne, aber ohne Geheimratsecken. Carlo Ancelotti war damals mit 23 der Jüngste der Viererbande, für Defensivaufgaben zuständig, hatte eine Riesenschusskraft, immer einen Schmäh parat. Heute mit 66 ist er einer der erfolgreichsten Trainer der Welt: Fünfmal Champions League-Sieger, in fünf verschiedenen Ländern sechsmal Meister, derzeit Teamchef in Brasilien. Prohaska freut sich über jeden Sieg, den Trainer Ancelotti feiert.
Im März verblüffte Niels Liedholm wieder einmal alle. Er schickte die Mannschaft in den Apennin zum Skifahren. Nicht zum Langlaufen, sondern mit Alpinskiern. Der Titelanwärter Nummer eins bekam einen eigenen Skilehrer. Alle überstanden den mehrtägigen Urlaub unverletzt. Roma verlor in der Saison nur dreimal. Zweimal gegen Juventus nach 1:0-Führung 1:2. Die Heimniederlage ärgerte Prohaska noch mehr, weil wenige Stunden zuvor Liedholm mit Maldera, Iorio und ihm drei Stammspieler aus der Mannschaft stellte. Egal, drei Runden vor Schuss war Roma erstmals seit 40 Jahren wieder Campeone, so wie es Liedholm zehn Monate zuvor prophezeite. Zu Beginn der Rückrunde bat Prohaska Präsident Dino Viola, eine Privataudienz für die Spielerfamilien bei Papst Johannes Paul II einzufädeln. Drei Wochen vor dem Meistertitel stand der Termin fest. Die Mitspieler wollten eigentlich nicht. Warum? Auf dem Trainingsgelände stand eine Kapelle. Des Rätsels Lösung: Vor Prohaskas Zeit war Roma schon viermal zu Audienzen geladen und wurde nicht Meister. Für Prohaska, seine Frau und die Schwiegermutter wurde es ein unvergessliches Erlebnis. Die ältere Tochter wollten den Papst nicht anschauen, die jüngere, nicht einmal ein Jahr alt, weinte während der gesamten Audienz. Der Papst überreichte alle einen Rosenkranz. Der hängt noch heute am Rückspiegel seines Autos.
Der Jubel in Rom kannte keine Grenzen. Im berühmten Lokalviertel Trastevere feierten die Fans bis in die Morgenstunden, Staatspräsident Sandro Pertini mit ihnen. Vor Freude sprangen viele in den Trevi-Brunnen. Bei der noblen Feier redete Viola über das Ausländerproblem, meinte, wir werden auch kommende Saison zwei haben, einer ist hier. Nur Prohaska war anwesend, bekam Riesenapplaus, Falcao längst in seiner Heimat. Nach dem Urlaub war alles anders. Falcao kam zurück und mit ihm sein Landmann Cerezo, Prohaska war nicht mehr gefragt.
Nie mehr Roma. Dabei hatte er mit seiner Frau beschlossen, in Rom sesshaft zu werden, für immer dort zu bleiben, nicht mehr nach Wien zu gehen. Später lud ihn Viola, der bei der Vertragsunterzeichnung gesagt hatte, dass er Prohaska ein Denkmal setzen wird, wenn er mit Roma den Titel schafft, in seine Villa ein, sagte, dass ihm alles sehr unangenehm sei. Ein schwacher Trost bei dem üblen Spiel, das mit ihm getrieben wurde. Kein Denkmal bekommen, sondern die „Papiere“. Aus der Traum vom Römer auf Lebenszeit. Von Italien wollt Prohaska nichts mehr wissen, schlug alle Angebote aus. Auch mit Walter Schachner bei AC Torino zu spielen. Bei seinem Ex-Trainer aus der Inter-Zeit, Eugenio Bersellini.