Eishockey

Ganz fest in nordamerikanischer Hand

Sonntag  endet  nach 44 Runden der Grunddurchgang der Eishockeymeisterschaft. Mit den Vienna Capitals auf Platz eins – mit 100 Punkten, wenn noch der  Heimsieg  gegen Znaim gelingt. Dahinter qualifizierten sich auch Salzburg, Linz, Bozen, erstmals seit acht Jahren Innsbruck und der KAC fix für das Play-Off. Bis 21.Februar spielen die ersten sechs um einen Platz unter den ersten drei, um sich den Play-off-Gegner aussuchen zu können. Die zweiten sechs, aus Österreich Villach, Graz und Dornbirn, um die restlichen zwei Play-off-Plätze. Aus der Umgebung von  Liga-Geschäftsführer Christian Feichtinger wird sicher Lob für das Niveau kommen, die Wahrheit sieht aber anders aus. Deutschland und Österreich sind die  letzten verbliebenen nordamerikanischen Eishockeybastionen in Europa. In denen die Legionäre aus  Kanada und den USA die meisten Jobs haben, in Österreich auch auf dem Trainersektor. So weit wie in Deutschland, dass Nordamerikaner auch im Management der Klubs das Sagen haben, ist es noch nicht gekommen. Aber was noch nicht ist,kann ja noch werden. In der Ligazentrale hat ja  nach Feichtinger  Ex-NHL-Referee  Lyle Seitz, der vom Schiedsrichterchef zum Director of Hockey Operations „emporgesunken“ ist, wie Kritiker behaupten, mit  seinem 65jährigen  Assistenten Don MacAdam das Sagen. Der trägt noch stolz den Stanley-Cup-Ring aus Zeiten, in denen er  zur erfolgreichen Organisation der Edmonton Oilers um Trainer Glen Sather (jetzt Präsident bei den New York Rangers, dem Klub von Michael Grabner) gehörte. Ob das Jahrzehnte später Österreichs Eishockey weiter helfen kann?

In Deutschland, wo die Ausländerzahl auf neun pro Klub beschränkt  wurde, spielen  120 Legionäre aus Nordamerika. In Österreich sind bei den acht Vereinen der Erste Bank Liga 86 Ausländer engagiert, davon 69 aus Nordamerika, von denen 37  30 Jahre oder älter sind.  Aber es kommt wie in den letzten Jahren  in der Regel nur der nach Österreich, der weder  in der russischen Millionenliga, noch in Schweden oder Finnland, der Schweiz oder Deutschland  einen Vertrag bekommt. Weil in all diesen Ländern mehr bezahlt wird.  Und das wirkt sich dann auch beim Niveau aus. Jetzt wieder  zu konstatieren am Beispiel von Salzburg-Heimkehrer Dominique Heinrich: Für Schweden beim ersten Anlauf nicht gut genug. Dort spielen in der obersten Liga 76 Ausländer, wovon 38 Kanadier oder Amerikaner sind. Es gibt Topvereine wie Färjestad, die nur zwei Legionäre unter  Vertrag haben.

In der Schweiz darf jeder  Klub pro  Spiel vier Ausländer einsetzen, drei weitere noch lizenzieren. Von den aktuell 47  kommen 20 aus Skandinavien, vier aus Osteuropa, der Rest aus Nordamerika. Dann ist pro Klub noch ein sogenannter Eishockey-Schweizer erlaubt. Als der gilt ein Ausländer, wenn der mindestens drei Saisonen schon im Nachwuchs in der Schweiz spielte wie der Vorarlberger Teamverteidiger Stefan Ulmer bei Lugano  oder dort überhaupt seine erste  Lizenz löste. Wie der Sohn der schwedischen Legende Kent Nilsson, als der drei Jahre bei Kloten spielte. Seit 2013 stürmt Robert Nilsson für den Züricher SC.

Wer behauptet, dass kaum einer der  nordamerikanischen Legionäre der österreichischen Klubs in der Schweiz eine Chance hätte, liegt nicht so falsch. Es gibt ja  dafür ein Beispiel: Der vor zwei Saisonen in Wien groß abgefeierte Kris Foucault war in Zürich eher ein Mitläufer, der  zwölfmal zu den Grasshoppers, dem Farmteam in Liga zwei, abgeschoben wurde. In Zürich trumpfte letzte Saison noch der jetzt in der NHL gefeierte Jungstar der Toronto Maple Leafs,  Auston Matthews, mit 18 Jahren auf. Solche Kaliber wird man in Österreichs Liga nie zu Gesicht bekommen.

Der renommierte Schweizer Eishockeyjournalist Klaus Zaugg  beschrieb  letztes Jahr treffend, wie clever die „nordamerikanischen Imperialisten“ mit betonter Freundlichkeit Klubchefs  umgarnen können, um ihre  Interessen durchzusetzen. In Österreich und Deutschland gelingt´s noch sehr gut. Villachs Manager  Giuseppe Mion  zählte vor Jahren zu denen, die vor der Entwicklung warnten. Jetzt muss er aber mit dem Strom mitschwimmen, ist derzeit  ein bisschen verzweifelt. Die Chancen, dass sich der Trend ändert, sieht Mion nicht. Eher die Gefahr einer Zweiklassengesellschaft: „Einige Klubs könnten von der Bildfläche verschwinden. Es fehlt komplett der Unterbau durch Österreicher.“ Ohne dieser Flut an Legionären  könnte mancher Verein wahrscheinlich nicht 22 konkurrenzfähige Spieler aufbieten. Dass es in der Liga keinen österreichischen Trainer  gibt, passt dazu.Obwohl der  Verband Akzente in der Trainerausbildung zu setzen versucht, sieht der erfahrene Mion auf zehn Jahre keine Chance für einen Österreicher,  einen Job als Cheftrainer in der Liga zu bekommen: „Weil ihm  viel zu wenig Respekt entgegengebracht werden würde.“

Etwas ändern könnte nur der Verband. Der versäumte dies in der Ära  von Präsident Dieter Kalt, weil der fürchtete, bei einer Konfrontation den gemeinsamen Sponsor von Verband und Liga (Erste Bank) zu verlieren. Kalts Nachfolger, Gernot Mittendorfer, kommt aus der Bank. Daher orten beim Oberösterreicher  manche die Gefahr, dass er sich zu sehr von der Liga und ihrem nordamerikanischen Gedankengut beeinflussen lässt. Bei so  vielen Legionären darf es nicht verwundern, dass auch in den Statistiken die Nordamerikaner dominieren, Österreicher kaum unter den Top Ten zu finden sind.  Das schaffen Routinier Oliver Setzinger,  Brian Lebler, Thomas Raffl und Andreas Nödl. Setzinger ist bei den Assists Dritter, Lebler bei den Torschützen. Der einzige Österreicher, der sozusagen  als letzter Mohikaner eine Rangliste anführt, ist David Kickert, der Back-Up-Goalie der Vienna Capitals. Mit einem Percentage von 93,2 Prozent abgewehrter Schüsse. Bedenklich, dass die Nummer eins im Nationalteam, Bernhard Starkbaum, bei Meister Salzburg derzeit klar im Schatten des Slowenen Gracnar steht, in der Rangliste der Goalies nur auf Rang 18 mit 89,5 Prozent aufscheint.

 

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