Fußball

Austria redet sich den absoluten Willen ein

Die violetten Fanatics-Fans deponierten vor dem Anpfiff auf einem großen Transparent vor ihrer Tribüne, dass ihre Liebe zur Austria größer ist als ihr Ärger über das Versagen der Mannschaft in den letzten zwei Spielen. Eineinhalb Stunden bejubelten sie das 4:2 (1:0) gegen Hartberg und den Sprung auf Platz drei. Wenn die Austria dort auch am Saisonende steht, würde das die Qualifikation für die Europa League und ein geschafftes Saisonziel bedeuten. Nur wird das mit Leistungen wie gegen Hartberg absolut nicht gelingen. Auch wenn Michael Madl behauptete, der Sieg sei eine Sache des absoluten Willens gewesen, weil Violett in der zweiten Hälfte nach dem korrekten Gelb-Rot für Innenverteidiger Igor knapp vor der Pause mit zehn Mann spielen musste und dezimiert drei Tore erzielte. Die Austria redete sich das zwar nach dem Riesensprung in Richtung Meisterrunde zwar ein, aber ohne die schlimmen Eigenfehler von einigen Hartbergern, von dem überforderten Innenverteidiger  Michael Huber, der Glück hatte, dass Referee Markus Hameter ein klares Elferfoul von ihm an Bright Edomwonyi nicht erkannte, vom Ex-Austrianer Michael Blauensteiner und Christoph Kröpfl wären diese drei Tore nicht möglich gewesen.

Darum tat Trainer Thomas Letsch gut daran, nicht daran zu denken, alles rosarot zur reden. Dazu gab vor allem die erste Hälfte keinen Anlass. Kein Feuer, keine Leidenschaft, keine Aggressivität, kein Bestreben zu erkennen, sich zu rehabilitieren. Alles plätscherte nur so dahin. Die Führung nach einem Eckball durch Madl, sonst wenig. Hartberg hatte die besseren Ballstafetten. Austrias 4-4-2 mit Uros Matic und Kapitän Felix Grünwald im zentralen Mittelfeld passte punkto Raumaufteilung nicht so richtig zusammen. Igors Ausschluss passte so richtig ins Bild: Zunächst Gelb für Ballwegschießen, dann noch für ein unnötiges Foul weit in Hartbergs Hälfte gegen den Standfuß von Zakaria Sanogo: „Dann sind wir noch näher zusammen gerückt“, lobte nachher Madl. Wenn dazu erst eine rote Karte nötig ist, bedeutet das den falschen Einsatz.

Die entscheidende Szene ging auf das Konto von Kapitän Alexander Grünwald. So lange er konnte war er Lenker, Denker und auch Vollstrecker in einer Person. Nur 87 Sekunden nach Hartbergs 1:1, als alles möglich schien, nahm er an Hartbergs Strafraum einen Ball gekonnt runter, schoss aus der Drehung mit links genau ins Eck zur neuerlichen Führung. Erleichterung pur für Austria, wie der Jubel zeigte (Bild oben), ein Tiefschlag für die Steirer. Grünwald rollte nach dem Jubel die Stutzen runter. Damit wollte er ausdrücken: „Ich bin gezeichnet von meiner Karriere, hatte einige Verletzungen. Bei uns ist schon viel Herz dabei, wir geben schon viel von uns her!“ Als er nach 71 Minuten raus ging, weil die monatelange Pause noch Spuren zeigte, traf wenig später Matic mit einem etwas abgefälschten Schuss zum 3:1. Hartberg kam nochmals ran. Danach folgte der bemerkenswerte Eintausch von Alon Turgeman. Bemerkenswert, weil der Israeli nur 49 Sekunden später für den Endstand sorgte. Zu dem Zeitpunkt konnte der von Krämpfen geplagte Christoph Monschein kaum noch laufen. Das gibt auch zu denken.

Nach dem Schlusspfiff legte Präsident Frank Hensel am Rasen Sportchef Ralf Muhr erleichtert seine Hand auf die Schulter. Vor Anpfiff hatte  Hensel gestanden, dass ein großer wirtschaftlicher Schaden drohe, wenn nicht der Sprung unter die ersten sechs gelingt. Die Gefahr scheint gebannt. Austria nahm die Kampfansage von Rapid an, liegt wieder vier Punkte vor dem Erzrivalen, kann durchatmen. Sturm Graz ging hingegen daheim gegen den LASK mit 0:3 (0:2) total unter, kassierte die erste Niederlage unter Roman Mählich, liegt als Sechster nur noch einen Punkt vor Rapid. Und Mählich ahnte bereits, dass aus den letzten zwei Runden in Salzburg und gegen Austria drei Punkte zu wenig sein könnten, um unter den ersten sechs zu bleiben. Die Lage: Zwischen dem Fünften Wolfsberg und dem Neunten Mattersburg liegen nur vier Punkte. Die Burgenländer sind nach dem 1:0 (0:0) bei Wacker Innsbruck, ihrem ersten Auswärtssieg seit 22. September (2:1 bei Sturm), auch noch im Rennen, empfangen nächsten Sonntag Rapid. Der Schlager garantiert volle Tribünen.

In den letzten zwei Runden beginnen jeweils alle sechs Partien gleichzeitig. Das wird sehr spannend. Wacker Innsbrucks Sportchef Alfred Hörtnagl wollte Sonntag auf die „Sky“-Frage, ob auch er jetzt an einen Trainerwechsel denke, kein Statement abgegeben. Das lässt darauf schließen, dass auch in Tirol etwas im Busch sein könnte. Der möglicherweise davon betroffene „Sir Karl“ Daxbacher zeigte sich trotzdem gelassen: „Es ist schon besseren Trainern als mir passiert, dass sie gehen mussten.“

Foto: © FK Austria Wien Media.

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