Fußball

Das Dovedan-Wunder im Wahnsinnsspiel dauerte nur 14 Minuten

Nikola Dovedan (Bild oben), der Österreicher im Dress des deutschen Zweitligisten Heidenheim sprach schon vor dem Pokalviertelfinale bei Bayern München vom größten Spiel seiner Karriere. Die 93 Minuten vor 75.000 Zuschauern, der größten Kulisse, vor der er bisher spielte, waren es dann auch. Auch wenn es am Ende ein 4:5 (2:1) gab. In einem Spektakel, in einem Wahnsinnsspiel, das er in seiner Karriere wahrscheinlich nie mehr  erleben wird, obwohl die noch zehn Jahre dauern wird. Mit neun Toren, einem Video-Rot und einem Außenseiter, der in München zweimal einen Rückstand aufholte, 14 Minuten sogar im Semifinale stand. Das Dovedan-Wunder dauerte für seinen Geschmack viel zu kurz: „Das Match werd´ ích garantiert nie vergessen. Ich weiß nicht, ob ich noch jemals bei einem besseren und dramatischeren am Rasen stehen werde. Es war ein Spiel für die Geschichte.“ Bei dem auch er wieder aufzeigte. David Alaba sah alles von der Tribüne.

Nach 12 Minuten schien alles nach Plan zu laufen. Bayern ging in Führung, doch eine Minute später sah Innenverteidiger Niklas Süle für ein Foul an Heidenheims 33jähriger Kultfigur Marc Schnatterer, der seit elf Jahren für den Klub spielt, zunächst Gelb. Auf Befehl des Videoschiedsrichters in Köln  musste sich Referee Guido Winkman die Szene nochmals anschauen. Das tat er zwei Minuten lang, ehe er Gelb in Rot verwandelte. Bayern nur mehr als 70 Minuten mit einem Mann weniger. Trainer Niko Kovac holte bald Franck Ribery vom Platz, brachte Jerome Boateng ins Abwehrzentrum. Doch Dovedan war bald daran beteiligt, das Match erstmal zu drehen. Zunächst erhinderte noch Tormann Sven Ulreich seinen Ausgleich, dann eroberte der Niederösterreicher im Mittelfeld den Ball, setzte Schnatterer ein, dessen Flanke Robert Glatzel per Kopf verwertete. Der 25jährige ist ein waschechter Münchner, der zuvor bereits bei sechs Münchner Klubs spielte, aber nie bei Bayern. Nach 39 Minuten führte sogar Heidenheim, weil Schnatterer einen Konter vollendete. Da schien es, als könnte Heidenheims Trainer Frank Schmidt zum zweiten Mal zum Bayern-Rauswerfer werden. Er war schon bei Bayerns größter Pokal-Blamage dabei. Das war 1994 das 0:1 mit allen Stars wie Oliver Kahn, Lothar Matthäus, Mehmet Scholl unter Trainer Giovanni Trapattoni beim Regionalligaklub Vestenbergsreuth, bei Schmidt Libero spielte. Wie einige Jahre später in Wien beim Sportclub und der Vienna. Jetzt ist Schmidt seit 2007 bei Heidenheim, der dienstälteste Profi-Trainer in Deutschland.

Doch Kovac riskierte zur zweiten Hälfte alles. Brachte für Alabas Ersatz als Linksverteidiger, den Brasilianer Rafinha, Flügelflitzer Kingsley Coman, für James Torjäger Robert Lewandowski, der für das Bundesligaspitzenduell am Samstag gegen Dortmund geschont werden sollte. Es blieb keine andere Wahl als mit einer Dreierabwehr zu versuchen, das Ausscheiden zu verhindern. Lewandowski bereitete den Ausgleich von Thomas Müller vor, erzielte nach Müller-Assist das 3:2. Als Serge Gnabry nach 65 Minuten für das 4:2 sorgte, schien nach drei Treffern in Unterzahl alles gelaufen. Doch weit gefehlt.

Mit seinen Toren zwei und drei schlug der Münchner Glatzel  zwischen der 74. und 77.Minute zurück. 4:4 und Hoffenheim hätte sogar in Führung gehen können, ja sogar müssen. Doch Glatzel wollte sein viertes Tor, versuchte es selbst gegen Ulreich, scheiterte, übersah den mitgelaufenen Dovedan, der acht Meter vor dem Tor völlig frei gestanden wäre: „Krieg ich den Ball, ist alles offen“, trauerte  Dovedan dieser Szene noch eine Stunde nach Schlusspfiff nach. Denn Lewandowski sicherte mit einem Handselfmeter Bayerns 5:4 und den Aufstieg. Zum zehnten Mal hintereinander im Semifinale. „Ich bin stolz auf unsere Leistung“, gestand Dovedan nach diesem Karriere-Highlight,  „aber im Endeffekt kann ich mir darum nichts kaufen. Wir haben nichts erreicht.“ Außer viel Applaus für eine denkwürdige Leistung.

Unter den letzten vier im deutschen Pokal stehen sechs Österreicher: Seit Dienstag Marcel Sabitzer, Konrad Laimer und Stefan Ilsanker mit Leipzig, seit Mittwoch „Zuschauer“ Alaba mit Bayern sowie Marco Friedl und Martin Harnik mit Werder Bremen. Friedl bereitete als rechter Verteidiger beim 2:0 (0:0) in Gelsenkirchen gegen Schalke das Führungstor vor, der auch Guido Burgstaller für die Verlierer hätte erzielen können. Doch der traf bei 0:0 nur die Stange.

Foto: © FC Heidenheim Media.

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