Fußball

In zehn Jahren Windtner traten beim DFB drei Präsidenten zurück

In den letzten sieben Jahren  verbrauchte der mächtige deutsche Fußballbund drei Präsidenten. Nach dem angekündigten Rückzug von Theo Zwanziger 2012 trat drei Jahre später Wolfgang Niersbach 12 Monate nach dem WM-Triumph in Brasilien wegen bis heute ungeklärter Ungereimtheiten um das deutsche Sommermärchen, die WM 2006, von sich aus zurück. Dienstag tat dies sein Nachfolger Reinhard Grindel nach nur 1083 Tagen unter dem Druck einer Medienkampagne. Im Vergleich zum Nachbarn gibt´s in Österreich  in Sachen Verbandschef eine Kontinuität: Seit 2009 gibt´s nur einen. Der nunmehr 68jährige Leo Windtner (Bild oben) ist in seiner dritten Amtszeit, die bis 2021 dauert. Und denkt an eine vierte.

Was wurde dem 57jährigen Grindel, zuvor Journalist beim ZDF, sogar Büroleiter in Brüssel, danach Bundestags-Abgeordneter der CDU und Finanzchef des DFB zum Verhängnis? Zunächst einmal deckte der „Spiegel“ auf, dass Grindel zu Beginn seiner Amtszeit zusätzlich zur Aufwandsentschädigung auch als Aufsichtsrat einer DFB-Tochterfirma heimlich, aber legal, ein Gehalt bezogen habe.  „Bild“ hatte sich schon zuvor auf ihn eingeschossen. Wegen der Vertragsverlängerung für Teamchef Jogi Löw vor der WM-Pleite, wegen seines Verhaltens in der Affaire um Mesut Özil, um das Ende der Teamkarriere von Mats Hummels, Jerome Boateng und Thomas Müller. Montag Abend hielt Grindel bei der  Gala zur deutschen  Jahrhundertelf in der Dortmunder „Hall of Fame“ die Laudatio für den Angriff der Legenden-Elf des Jahrhunderts mit Helmut Rahn, Gerd Müller und Uwe Seeler. Kaum war Grindel auf der Bühne, pushte „Bild“ via Internet die Exklusiv-Nachricht über eine geschenkte Luxus-Uhr an den Präsidenten auch auf viele, viele Handys. Viel perfider geht´s nicht mehr. Die Informanten müssen aus Grindels Umgebung beim DFB kommen.

Dienstag verkündete Grindel um 14.21 Uhr in der Frankfurter DFB-Zentrale seinen Rücktritt.  Seine Abschiedserklärung dauerte 4:55 Minuten. Tenor: „Ich bin fassungslos über meinen Fehler.“ Für den er sich entschuldigte. Die Uhr bekam er zu seinem Geburtstag vom ehemaligen ukrainischen UEFA-Vizepräsidenten Grigory Surkis geschenkt, sie hat einen Wert von 6000 Euro. Er sah es als Privatgeschek, war überzeugt, nichts Unrechtes getan zu haben: „Im Stress des Amtes  habe ich einfach zu wenig hinterfragt.“ Die Tätigkeiten als Vizepräsident der  UEFA und im Council der FIFA wollte Grindel behalten. Das bringt nette sechsstellige Summen. Rechtlich kann er das, weil er als Person gewählt wurde. Aber die Frage ist, ob UEFA und FIFA nicht reagieren. FIFA-Boss Gianni Infantino könnte sich eines seiner schärfsten Kritiker  auf elegante Art entledigen. Mögliche Grindel-Nachfolger? „Bild“ brachte sechs in Stellung. Darunter die ehemaligen Teamspieler Rudi Völler,  Christoph Metzelder und Thomas Hitzlsperger, den ehemaligen Innenminister Thomas de Maiziere und Dieter Zetsche, der am Jahresende als Vorstandvorsitzender von Daimler aufhört. Am öftesten wird  der Manager der Nationalmannschaft, Oliver Bierhoff, genannt. Der Anfang der Neunzigerjahre Torjäger von Austria Salzburg und Schützenkönig in Österreich war.

Österreich blieben in den zehn Jahren mit Windtner, in denen die Qualifikation für die EM 2016, das Semifinale bei der  Frauen-Europameisterschaft ein Jahr später sowie im letzten Herbst die erste Qualifikation der U21 für die EM-Endrunde  die einzigen Highlights waren, solch große Turbulenzen erspart. Aber es gab auch welche, wenn auch nicht annähernd so schwere. Um eine „patschert“ formulierte und vor allem auf ÖFB-Papier übersandte Bitte an die FIFA um Unterstützung des Acakoro-Hilfswerks „Help for future“ in Kenia, dem Windtners Frau vorsteht. Dabei ging es um 100.000 Dollar, die von der FIFA an den ÖFB im Glauben, dass es sich um eine wohltätige Verbandsaktion handelt, überwiesen, aber vom damaligen Generaldirektor Alfred Ludwig zurückgeschickt wurden. Die Zeitung „Österreich“ unterstellte Windtner, die 100.000 Dollar wären die Gegenleistung für seine Stimme zur Wiederwahl des damaligen FIFA-Präsidenten Sepp Blatter gewesen, was nicht den Tatsachen entsprach. Windtner klagte, ohne den Prozess zu gewinnen, wie man dem Urteil des Wiener Richters Stefan Apostol vom 11. Februar 2016 entnehmen kann. Der gravierende und entscheidende Unterschied zur Grindel-Affaire: Windtner behielt nachweislich nichts für sich, die 100.000 Dollar gingen an „Help for future“ nach Nairobi. Trotzdem gab es sogar Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft, die im Sand verliefen, und unbestätigte Gerüchte über ein Verfahren beim Ethik-Komitee der FIFA.

Bei seiner Wiederwahl im Sommer 2017 erhielt Windtner  nur eine Gegenstimme, vom Salzburger Landesverbandschef Herbert Hübel, der einen besseren Draht zu Infantino und UEFA-Boss Alexander Ceferin hat als Windtner. Aber die Aufregungen haben sich gelegt. Aber Windtner verfügt nicht mehr über ein Netzwerk verfügt wie zu der Zeit, als er noch Vorstand der Energie AG in Linz war. Das hat einer als Obmann der Sängerknaben von St.Florian nicht mehr, wie man man zuletzt  am gescheiterten Versuch der Einbürgerung von  Burnley-Stürmer Ashley Barnes, der eine Kärntner Großmutter hat. bemerkte.

Windtners Reaktionen auf die Pleite des Nationalteams in  Israel sorgten wieder für Kritik. Aber die wird vergehen. Angst, so unter  Druck wie Grindel zu kommen, muss er keine haben. Dafür lieferte er auch überhaupt keinen Grund. Gegenwind für ihn? Nur wenn seinen verbandsinternen Kritiker, die aber im Moment sehr leise sind, etwas gelingt, woran sie 2017 nicht zu Stande gebracht hatten: Einen profilierten Gegenkandidaten zu finden.

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