Eishockey

Das schwächste finnische Team aller Zeiten ist Weltmeister

In Österreich glaubten alle nach den guten Leistungen in der Vorbereitung auf die Eishockey-WM in der Slowakei  an das besten rot-weiß-rote Team aller Zeiten. In den finnischen Medien gab es vernichtende Kritiken an der „Leijonat“, wie die Nationalmannschaft auf finnisch heißt. Weil die prominentesten NH-Legionäre absagten. Zwei Wochen später überschlägt sich Finnland in Lobeshymnen auf das schwächste WM-Team aller Zeiten, das mit dem 3:1 (0:1, 1:0, 2:0) den dritten WM-Titel nach 1995 und 2011 schaffte. 2011 ebenfalls in der Ondrej Nepela-Arena von Bratislava. Sieben Tage, nach dem dort Österreichs peinicher Abstieg gegen Italien passiert war. In der gleichen Kabine wie acht Jahre später, mit dem gleichen Teamchef. Natürlich hat Jukka Jalonen jetzt alles richtig gemacht.

Wenn man auf den Team Roster des Weltmeisters schaut, dann findet man dort 14 Speiler aus der finnischen Liga, in der sich Österreichs Teamstürmer Manuel Ganahl diese Saison nicht durchsetzte und daher in der nächsten wieder bei Österreichs Meister KAC spielen wird, Dann findet man drei Legionäre aus der Schweizer Liga, von denen Langnau-Center Harri Pesonen gegen Kanada für den Endstand sorgte, zwei aus der schwedischen, mit Stürmer Veli-Matti Savinainen einen, der bei den Kunlun Red Stars, dem chinesischen Klub in der russischen Millionenliga KHL spielt, zwei aus der National Hockey League sowie zwei aus der American Hockey League. Das ist Supertormann Kevin Lankinen, den die Chicago Black Hawks zum Farmteam nach Rockford schickten, lieber auf die Kanadier Cam Ward, Corey Crawford und den Schweden Anton Forsberg setzten.  Und das ist ein weiterer aus dem finnischen Defensivbollwerk vor Lankinen, Verteidiger Niko Mikkola von San Antonio Rampage, dem Farmteam der St,Louis Blues, des aktuellen Sensationsfinalisten um den Stanley-Cup. Und diese Mannschaft wuchs allen heiß gehandelten Goldtipps über den Kopf.

Schlug in Kosice gleich im ersten Gruppenspiel Kanada 3:1, wobei sich der 18jährige Stürmer Kaapo Kakko von TPS Turku  in den Vordergund spielte. Er wird sicher im Juni beim Draft der NHL, der Spielerbörse, als erster oder zweiter gezogen. In Kosice gab es aber auch zwei Niederlagen, das 2:3 gegen die USA in der Overtime und das 2:4 gegen Deutschland. Was die Kritiker zu bestätigen schien. Aber ab dem Viertelfinale jagte eine Sensation die andere. Zunächst noch in Kosice Titelverteidiger Schweden eliminiert. Durch ein 5:4 nach Verlängerung. Dann nach dem Umzug nach Bratislava im Semifinale das 1:0 gegen Topfavorit Russland. Das eigentlich unvorstellbar war. 24 Stunden später das zweite 3:1 nach 0:1-Rückstand bis zur gegen Kanada im Duell um Gold.  Im vierten Anlauf der erste Sieg in einem WM-Endspiel gegen die Kanadier. Bei diesem Siegeszug fielen ausser Staunen über das Teamwork, die perfekte Defensivorgansiaton vor allem zwei Namen: Der des 2,03 Meter großen Jokerit Helsinki-Stürmers Marko Antilla. Gegen Schweden schoss er den späteren Weltmeister in die Verlängerung, gegen Russland sorgte er für das Goldtor, einen Tag vor seinem 34.Geburtstag verwandelte er mit zwei Treffern gegen Kanada und den zweifachen Stanley-Cup-Sieger Matt Murray den 0:1-Rückstand in ein 2:1. Und dann Goalie Lankinen. Der 24jährige hexte gegen Schweden, gab sogar den Assist zum Siegestor, er hielt gegen Russland überragend und wehrte beim Finaltriumph 43 Schüsse ab. Murray nur 19. Auch der bessere Goalie war ein Faktor für den neuen Weltmeister, den bis Samstag keiner auf der Rechnung hatte. Lankinen wehrte  94,20 Prozent der Schüsse auf sein Tor ab. Österreichs David Kickert kam in der Rangliste der Keeper mit 88,68 % hinter der schwedischen Ikone Henrik Lundqvist auf Rang 14, liegt damit aber noch vor dem Italiener Andreas Bernard (88,18 %). Ein Beweis, dass Österreichs Abstieg nicht nur mit der Torhüterproblematik zu tun hatte.

Das beste Save-Percentage der Keeper hatte nicht Weltmeister Lankinen, sondern der Russe Andrei Vasilevski mit  94,58 %. Darum kam er auch ins All-Star-Team. Als einziger der entzauberten Sputniks, denen der Legionär von Tampa Bay Lightning im Penaltyschießen gegen Tschechien Platz drei rettete. Weiters im All-Star-Team: Die Verteidiger Filip Hronek, ein tschechischer Mitspieler von Thomas Vanek bei den Detroit Red Wings, und Mikko Lehtonen aus Finnland, die Stürmer William Nylander aus Schweden, Jakub Voracek aus Tschechien, der mit Michael Raffl bei den Philadelphia Flyers spielt und Mark Stone von den  Vegas Knights. Der Kanadier gewann die Wahl zum wertvollsten WM-Spieler, Vasilevski zum besten Tormann, Hronek zum besten Verteidiger, Russen-Center Nikita Kucherov von Tampa zum besten Stürmer.

Die Goldmedaille um den Hals war den finnischen Weltmeistern Sonntag knapp vor 23 Uhr aber sicher mehr wert als alle möglichen Auszeichnungen, die sie bekommen hätten können. Mit Finnland gewannen auch die Barbesitzer in der slowakischen Hauptstadt. Der Bierkonsum der finnischen Fans bei den Feiern  bis zur Sperrstunde  am Montag war rekordverdächtig. Genau wie acht Jahre davor. Wirklich ein Rekord war der WM-Besuch: 470.000 Zuschauer, 70.000 mehr als vor acht Jahren. Das freute den ehemaligen Trainer von Zell/See und Stadlau. Igor Nemecek war der Organisationschef der  WM.

 

Foto: © IIHF Worlds Media.

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