Am Tag, an dem Österreichs EURO-Bezwinger Island in Reykjavik um seine erste WM-Teilnahme kämpft, die mit drei Punkten gegen den bisher sieglosen Gruppenletzten Kosovo fixieren kann, spielt Österreich in Chisinau gegen Moldawien „nur“ um den 25. Sieg im 54. und letztem Spiel der Ära von Marcel Koller. Der nichts am enttäuschenden Platz vier ändern wird. In Kollers Heimatland Schweiz redet Teamtorhüter Yann Sommer vor dem Finale um den Gruppensieg und das WM-Ticket am Dienstag gegen Europameister Portugal in Lissabon sogar von Chancen auf den WM-Titel im nächsten Jahr. Die Schweiz hat nicht entscheidend bessere Voraussetzungen als Österreich, Island schon gar nicht. Also müssen beide Länder in den letzten zwei Jahren etwas besser gemacht haben als Rot-Weiß-Rot. Ein Grund zum Ärgernis und für Konsequenzen. Sprich keine Vertragsverlängerung für Koller, Trennung von Sportchef Willi Ruttensteiner.
Von Österreichs Team, das am 9. Oktober 2014 in Europas Armenhaus Moldawien mit 2:1 den ersten Sieg in der glorreichen, ungeschlagenen Qualifikation zur EURO feierte, stehen beim Abschied von Koller nur Julian Baumgartlinger und Marko Arnautovic in der Startelf, sind Florian Klein und der Siegestorschütze, Marc Janko, damals Legionär beim FC Sydney, im Kader. Montag spielt sogar die wahrscheinlich jüngste Teamabwehr aller Zeiten. Mit einem 25jährigen (Moritz Bauer), einem 21jährigen (Philipp Lienhart, der 30. Debütant unter Koller, statt des gesperrten Aleksandar Dragovic) und zwei 19jährigen (Kevin Danso, Max Wöber). Florian Grillitsch dürfte im zentralen Mittelfeld wohl den verletzten Stefan Ilsanker ersetzen, Louis Schaub, der entscheidende Joker gegen Serbien, erstmals im Teamdress die Bundeshymne am Rasen hören, also beginnen.
Aber mehr interessieren die Dinge, die bis zum November-Spiel gegen Uruguay im Happel-Stadion passieren. Ab Dienstag wird Ruttensteiners Nachfolger, Peter Schöttel, vorrangig damit beschäftigt sein, eine Kandidatenliste für Kollers Nachfolge zu erstellen. Zehn Namen sollen nach den Vorstellungen des ÖFB-Präsidiums darauf stehen. Schöttel wird sich schwer tun, so viele zu finden, die schon im nächsten Monat zu haben sind. Da fallen einem in alphabetischer Reihenfolge Ex-Rapid-Trainer Zoran Barisic, Sturm Graz-Trainer Franco Foda, U21-Teamchef Werner Gregoritsch und Andreas Herzog ein. Selbst bei ihnen wird´s das eine oder andere Naserümpfen geben. Erst recht bei anderen Namen, die auf der Kandidatenbörse auftauchen werden. Auch Ausländer. Sicher wird Armin Veh, der letzte Meistertrainer des VfB Stuttgart, zur Zeit TV-Experte bei Sport 1, ins Gespräch kommen. Schliesslich ist er ein Klient des cleveren Linzer Managers Max Hagmayr, der auch Foda berät. Also wird sich Hagmayr entscheiden müssen, wen er mehr forciert: Foda, falls der das will, oder Veh. Bei Foda ist die Frage, ob ihn Schöttel als die von ihm bevorzugte österreichische Lösung sieht, weil er seit Jahren wieder in Österreich unter Vertrag steht.
Egal, auf wen die Wahl fallen wird, er muss gleich bei seinem ersten Lehrgang im November einige Dinge anpacken, damit es künftig wieder öfters Grund zum Jubeln gibt, wie für Guido Burgstaller beim letzten Sieg über Serbien (Bild oben). Er muss gleich mit David Alaba reden und ihm klar machen, auf welcher Position er ihn am wertvollsten für die erfolgreichste Zukunft des Teams sieht. Und wenn die so wie bisher im Mittelfeld ist, muss er das kommunizieren und begründen. Damit es nicht wieder zum abstrusen Verdacht kommt, Alaba dürfe sich die Rolle aussuchen, die er im Teamdress übernimmt. Das ist bei jedem seriösen Trainer unmöglich. Also war es dies auch bei Koller. Anders als der Schweizer sollte sein Nachfolger aber sicher für mehr interne Konkurrenz sorgen. Denn er hat so viel Auswahl an konkurrenzfähigen Legionären zur Verfügung, dass es künftig nicht mehr egal sein sollte, ob einer beim Verein erste Wahl ist oder nicht, ob er nach langer Verletzungspause schon wieder voll im Saft steht oder nicht. Dies zu ignorieren, kann mitunter gut gehen wie einige Male bei Janko, aber auch nicht funktionieren. Alles auf den Kopf zu stellen, der totale Umbau, wird sicher nicht notwendig sein.