Endlich ein echter Titelkampf wie in Spanien und England und nicht einer, bei dem die Bayern schon im Februar oder März Meister sind. So bejubelte „Bild am Sonntag“ den Tabellenführer Leipzig, der seit dem 3:2 in Leverkusen noch mehr im Mittelpunkt steht als bisher . Bayerns Kapitän Philipp Lahm meinte nach dem 0:1 in Dortmund vor den „Sky“-Kameras süfissant zur neuen Lage an der Tabellenspitze: „Leipzig Erster, das ist doch genau das, was sich alle gewünscht haben.“ Im ZDF-Sportstudio gab´s Samstag Abend eine Sonderschaltung nach Leipzig zu Sportchef Ralf Rangnick, um von ihm die Gründe des Höhenflugs zu erfahren. Rangnick erzählt nichts Neues. Es hat sich nichts geändert.
Hinter elf Spielen ohne Niederlage in der Bundesliga stehen die Philosophie mit aggressivem Pressing, extrem schnellem Umschalten, Rangnicks Blick für Turbo-Talente, die sich gut entwickeln (wie Marcel Sabitzer oder der Däne Poulsen, den er aus der zweiten Division von Lyngby um 400.000 Euro holte und der jetzt fünf Millionen wert ist), das Red Bull-Geld (nach dem Aufstieg wurde um 50 Millionen sehr gut eingekauft, wodurch laut Rangnick die Qualität im Training und Spiel stieg), kurze Entscheidungswege im Klub (im Prinzip entscheiden nur Rangnick und Vorstandschef Oliver Mintzlaff, Red Bull-Chef Didi Mateschitz hält sich aus dem Tagesgeschäft heraus), der Teamgeist (neun, die in Leverkusen gewannen, spielten auch in der zweiten Liga), die internationale Vernetzung über die Red-Bull-Filialen in Salzburg, den USA und Brasilien (allein via Salzburg kamen vom aktuellen Kader Goalie Gulacsi, Bernardo, Schmitz, Keita, Ilsanker und Sabitzer) und vor allem auch der neue Trainer.
Ralph Hasenhüttl kam bisher mit der nicht unproblematischen Situation, dass der Aufstiegstrainer als Sportchef im Klub blieb, hervorragend klar und bei den Spielern sehr gut an. Weil er immer klar sagt, was er denkt. Etwa jetzt: „Wir sind ein Eisberg und man sieht nur einen kleinen Teil davon.“ Was er damit meinte: Die junge Truppe (Durchschnittsalter 24,1 Jahre) zeigte bisher noch nicht das ganze Potenzial, das in ihr steckt.: „Im Moment können wir nichts verlieren, daher reagieren alle sehr cool.“ Im ZDF-Sportstudio freuen sie sich bereits auf den Besuch von Eisberg Hasenhüttl am nächsten Samstag.
Dortmund Trainer Thomas Tuchel behauptete nicht erst nach dem Sieg über Bayern, Leipzig könnte in der Bundesliga ebenso überraschen wie Leicester vergangene Saison in Englands Premier League. Also Meister Leipzig? Hasenhüttl und Rangnick haben ihre Meinung, das erst im dritten Jahr Bundesliga Europa nicht utopisch wäre, noch nicht revidiert. Dem Original Leicester geht´s übrigens in der Saison nach dem Husarenstück gar nicht gut: Nach dem 1:2 bei Watford liegt Ex-Teamkapitän Christian Fuchs mit dem Titelverteidiger nur auf Rang 14, zwei Punkte vor den Abstiegsplätzen. Sieger Sebastian Prödl, der das 2:0 vorbereitete und mit Watford als Achter sechs Punkte mehr am Konto hat, gestand: „Das ist jetzt ein anderes Leicester als in der letzten Saison.“ Der Trost für Leicester ist derzeit noch die Champions League: Da steht der Aufstieg in die k.o.Phase nach drei Siegen und einem Remis so gut wie fest. Allerdings war die Gruppe mit FC Porto, FC Brügge und FC Kopenhagen auch nicht allzu schwer.