Leipzig und Umgebung im Freudentaumel über Platz eins in der Bundesliga. Ralph Hasenhüttl ist der erste österreichische Trainer seit den Tagen von Ernst Happel in den Achtzigerjahren beim Hamburger SV, der dies schaffte. Marcel Sabitzer hat wahrscheinlich ein ewiges Andenken an den historischen Abend mit dem Sprung an die Tabellenspitze durch das 3:2 in Leverkusen: Eine Nacht über der linken Schläfe. Alles passiert in den für ihn sehr ereignisreichen ersten 18 Minuten. Nach vier endete ein Österreicher-Duell zwischen ihm und Baumgartlinger mit einem Eigentor des Teamkapitäns. Von seiner Hüfte ging der Ball zum 1:1 ins Netz. 14 später machte es dann bei einem Zweikampf zwischen Sabitzer und dem Brasilianer Wendell rumms: „Dann hat jemand den Bluthahn aufgedreht.“
Aber der Steirer überlegte keine Sekunde, sich auswechseln zu lassen. Die Wunde wurde am Spielfeldrand getackert, Sabitzer spielte mit Turbanverband weiter. In der Pause nähte Leipzigs Arzt das Cut mit fünf Stichen. Am Ende hatte Sabitzer den neuen Spitznamen „Blutbulle“, zog zufrieden Bilanz: „Der Schädel brummt, aber drei Punkte im Gepäck.“ Weil Ex-Salzburg-Tormann Gulasci bei 1:2 einen Elfmeter des Türken Calhanoglu abwehrte und Sabitzers Landsmann Stefan Ilsanker wieder eine Allrounderqualitäten in der Defensive bewies: Er begann als rechter Verteidiger, nach einer halben Stunde musste er ins Abwehrzentrum, machte dort dicht.
Lockere Stimmung, da konnte Hasenhüttl auch kurz über die vermummten Idioten witzeln, die Leipzigs Mannschaftsbus am Weg ins Stadion mit gelben und roten Farbbeuteln bewarfen, obwohl er es eigentlich nicht zum Lachen fand: „Einer hat den Bus aus zwei Metern getroffen. Vielleicht sollte der das nächste Mal nicht von vorne,sondern von der Seite kommen, da ist der Bus breiter.“ Für Hasenhüttl waren Mentalität und Siegeswille dafür entscheidend, das Leipzig seinen Aufsteigerrekord ohne Niederlage auf die ersten elf Runden ausdehnte: „Es tut der ganzen Liga gut, wenn Bayern erstmals seit Jahren ein Auswärtsspiel nicht als Tabellenführer, sondern als Zweiter beginnt.“ Und dann der Sprung zurück nicht schaffte, was durch die erste Niederlage in Dortmund seit vier Jahren, die erste in der Bundesliga unter Carlo Ancelotti passierte. Nach dem 0:1 ist David Alaba erstmals seit 37 Runden mit Bayern nicht mehr Tabellenführer, sondern erstmals die Landsleute Sabitzer und Ilsanker.
Die begeisterten Leipzig-Fans sangen Freitag Abend bereits vom Meistertitel. Schon zuvor waren alle 7500 Karten für den Fansektor beim Gipfeltreffen bei Bayern am 21. Dezember in München binnen einer halben Stunde weg. Aber Hasenhüttl und seine Spieler halten den Ball flach: „Nach elf Runden ist noch nie einer Meister geworden“, stellte Sabitzer cool fest. Dem kann keiner widersprechen. Leipzig verteidigt seinen Dreipunktevorsprung auf Bayern erstmals Freitag im Aufsteigerduell beim SC Freiburg.
Ein großer österreichischer Sieger der Runde war auch Peter Stöger mit dem 1.FC Köln durch das 2:1 im Rheinderby bei Mönchengladbach: „Wir haben alles abgerufen, was man vom 1.FC Köln verlangen kann“, behauptete Stöger, der nach dem Schlusspfiff über das ganze Gesicht strahlte. Zumal der Siegestreffer erst in der Nachspielzeit durch einen 34 Meter-Flatterschuss von Marcel Risse fiel. Zum Vater des Sieges wuchs aber der 30jährige Thomas Kessler, der Ersatz für den am Knie operierten Stammkeeper Timo Horn, in seinem ersten Bundesligaspiel unter Stöger: „Es ist ungewöhnlich, dass Köln auf diese Art Spiele gewinnt“, wunderte sich Stöger, in dessen Ära Köln bisher in Mönchengladbach zweimal 0:1 verlor. Im dritten Anlauf 2:1 gewonnen, Köln erster Derbysieg in Mönchengladbach seit acht Jahren. Ein Beweis mehr, dass Stöger und sein Assistent Manfred Schmid den 1.FC Köln weiter nach vorne bringen.