Fußball

Der Wembley-Wahnsinn: Über sieben Brücken musst du gehen!

Corona-Virus und Delta-Variante sind offenbar nicht mehr so „gefährlich“  wie noch  letzten Samstag bei Österreichs 1:2 gegen Italien. Da durften nur 22.500 Zuschauer ins London Wembley-Stadion. Wenn England jedoch Dienstag Abend Deutschland zum Highlight des Achtelfinales der Europameisterschaft, sind 45.000 erlaubt. Was Deutschland und Österreich verbindet: Die Fans dürfen wegen der Auflagen der Gesundheitsbehörden bei den Reisebestimmungen, sprich Quarantäne bei der Einreise, nicht nach London. Somit werden nur 2000 in England lebende Deutsche in Wembley sein. Somit vergrößert England seinen Heimvorteil. So wie Österreich durfte auch Deutschland nicht zum Abschlusstraining auf den Wembley-Rasen, um ihn zu schonen. Montag behauptete die UEFA plötzlich wenig glaubhaft, Deutschland habe nicht darum angesucht.

Das englische Boulevardblatt „Sun“ schrieb von „Germany coming home“. Die Deutschen kommen nach Hause. Warum? Weil Wembley quasi eine gute Stube des deutschen Fußballs wurde. Weil dort immer wieder die Rache für ein Tor vom 30. Juli 1966 gelang, das möglicherweise gar keines war. Es geht um das 4:2 nach Verlängerung im Finale der WM, genauer gesagt um den Treffer von Geoff Hurst zum 3:2, der als „Wembley-Tor“ in die Geschichte einging (Bild oben). War der Ball mit vollem Umfang über der Linie oder nicht? Mit der modernen Torlinientechnik würde diese Frage nicht mehr gestellt werden. Franz Beckenbauer, damals 20 Jahre jung,  bleibt bis heute dabei: „Der Ball ist auf die Torlinie geprallt, war aber nicht mit vollem Umfang über der Linie!“  Dafür revanchierten sich die Deutschen in den folgenden Jahrzehnten ein paarmal.

Erstmals im EM-Viertelfinale 1972. Beckenbauer, Günther Netzer, Gerd Müller und Uli Hoeneß zaubern, Deutschland gewinnt glanzvoll 3:1, schaltete die Engländer aus. Das Retourspiel in Berlin endete 0:0.

Dann 14 Jahre später im EM-Halbfinale 1996. Da verloren die Engländer nach Elfmeterschießen 6:7. Den entscheidenden Elfmeter für England vergab Gareth Southgate. Der ist jetzt Teamchef. Deutschland genn auch das Endspiel durch das Golden Goal des jetzigen Teammanagers Oliver Bierhoff 2:1, wurde in Wembley Europameister.

Vier Jahre darauf in der Qualifikation für die WM 2002. Das letzte Spiel im alten Wembley, das danach abgerissen wird.  Das letzte Tor in Old Wembley erzielte ein Deutscher: Didi Hamann, jetzt Analytiker bei „Sky“ traf mit einem Freistoß aus 32 Metern zum 1:0. Englands Teamchef Kevin Keegan trat danach noch in der Kabine zurück. England redet lieber vom 5:1-Triumph beim Retourspiel in München.

2007 lud England im neuen Wembley Deutschland zu einem der ersten Länderspiele ein. Das deutsche Dankeschön war ein 2:1. 2013 folgte noch ein 1:0-Sieg.  Siebenmal  spielte Deutschland in der Teamchefära von Jogi Löw bislang gegen England. In Wembley blieb er ungeschlagen (zwei Siege, ein Unentschieden). In Erinnerung ist auch der 4:1-Triumph bei der WM 2010 in Südafrika. Bei einem großen Turnier schlug England Deutschland zuletzt bei der EM 2000. Nach dem 1:0 in Belgien schieden allerdings beide aus. Endet Löws Ära in Wembley oder geht sie  in Rom gegen den Siegen aus Schweden-Ukraine weiter? Diesmal lässt er Leon Goretzka, den Schützen des späten Ausgleichs gegen Ungarn von Beginn an ran. England kassierte bisher noch kein Tor, überzeugte weder  ei den 1:0-Siegen gegen Kroatien und Tschechien, noch beim 0:0 gegen Schottland.

Beide Teams versuchten sich durch Privatkonzerte in Stimmung zu bringen: Ed Sheeran sang in Englands Quartier in St. Georges Park, Peter Maffay gab im deutschen Campo Baviara am adidas-Gelände  in Herzogenaurach seinen größten Hit zum Besten. Über sieben Brücken musst du gehen!

 

Foto: FIFA.

Meist gelesen

Nach oben