Wer wirklich glaubt, dass Präsident Klaus Mitterdorfer Freitag im ÖFB aufgeräumt hat, ist selbst schuld. In Wahrheit ist noch gar nichts beschlossen worden. Daher warnte Tirols Verbandspräsident Sepp Geisler schon während der Sitzung des Präsidiums, die fast vier Stunden dauerte, das prinzipielle Ja zur Reform als großen Wurf zu verkaufen. Einer der Vertreter der Bundesliga, Sturm Graz-Präsident Christian Jauk, dachte ähnlich. Geisler kannte bereits seit Ende August die Pläne von Mitterdorfer, da er auch Vorsitzender der Rechtskomission ist: „Ich hab nichts gegen eine Veränderung oder einen hauptamtlichen Geschäftsführer, aber uns liegt nichts vor, was schon beschlussfähig wäre, weil zu viel ungeklärt ist. Das muss erst besprochen werden. Vor allem die entsprechenden Kompetenzen der neuen Geschäftsführung!“ Damit die Reform im Mai 2025 auf der Hauptverammlung in Bregenz tatsächlich beschlossen wird.
Man könnte fast den Eindruck haben, als habe Mitterdorfer die Reform inszeniert, um damit den internen Streit zwischen Generalsekretär Thomas Hollerer und Geschäftsführer Bernhard Neuhold zu beenden. Die Lösung, sich von beiden zu trennen, steht im Widerspruch zum Brief des Präsidenten, den er vor einem Jahr verfasste. Jetzt läuft alles darauf hinaus, dass nur Neuholds Zeit nach 20 Jahren beim ÖFB beendet wird. Denn der Plan, dass Hollerer der neuen Geschäftsführung angehören wird, ist kein Geheimnis. Vor allem, wenn Ligavorstand Christian Ebenbauer der neue CEO wird, so wie es Mitterdorfer will.
In Wahrheit hat Mitterdorfer seit Freitag eine neue Baustelle. Nämlich, dass er erstmals Ralf Rangnick einen Wunsch abschlug, nicht den Plänen des Teamchefs folgte. Rangnick, sein Staff und die Spieler wollten die Zusammenarbeit mit Neuhold fortsetzen, weil die zu ihrer völligen Zufriedenheit verlief. Elf der 13 Präsidiumsmitglieder, alle außer Geissler und Gerhard Götschhofer, der Präsident des oberösterreichischen Verbands, hatte dafür kein Verständnis, stimmten gegen Neuhold. Es wäre eine Überraschung, sollt Rangnick dies kommentarlos hinnehmen und zur Tagesordnung übergehen. Auf der Pressekonferenz nach dem 5:1 gegen Norwegen hatte er noch einen Kommentar zur bevorstehenden Präsidiumssitzung abgelehnt. Der kam dann in Form eines Briefs an die Präsidiumsmitglieder. Denen offenbar eines nicht bewusst war: Die Fussballfans sind sicher in erster Linie interessiert, dass alles beim Team weiter so funktioniert wie in diesem Jahr, es Siege gibt, über die sie sich freuen können. Machtspiele im Präsidium unter dem Deckmantel einer Reform, die dies gefährden könnten, lehnen sie ab.
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