Fußball

Die WM-Revolution macht die Qualifikation für Alaba & Co leichter

Einen Tag nach dem dramatischen und denkwürdigen Finale zwischen Argentinien und Frankreich erinnert man sich noch an vieles zurück, was zwischen 20. November und 18. Dezember in Katar passierte. Oder was ich vor 48 Jahren in Buenos Aires am Plaza del Mayo rund um den Obelisken nach Argentiniens ersten WM-Titel mit Mario Kempes  als großen Helden erlebte. Menschenmassen auf den Straßen, Tänze und „Campeon-Sprechchöre“ bis in die Morgenstunden. So war es sicher auch von Sonntag auf Montag. Und erst recht Montagabend nach der Landung der „Albiceleste“ mit ihrem Kapitän Lionel Messi am internationalen Ezeiza-Flughafen der argentinischen Hauptstadt. Ein Land steht kopf, Bilder von Messi mit Pokal, mit Kindern oder den Mitspielern gehen um die Welt.

Argentinien ist erst der zweite Weltmeister der Geschichte, der das Turnier mit einer Niederlage begann. Der erste war Spanien 2010 in Südafrika, als nach dem 0:1 gegen die Schweiz wohl keiner an den Triumph des damaligen Europameisters so recht glauben konnte. Wie am 22. November nach Argentiniens 1:2 gegen Saudi-Arabien und auch vier Tage später nach dem Sieg über Mexiko. Die überzeugendste Leistung gab es erst im Endspiel, in dem wie 1986 beim zweiten WM-Titel im Endspiel eine 2:0-Führung aus der Hand gegeben wurde. Im Aztekenstadion von Mexiko City gelang das Tor zum 3:2 gegen Deutschland und dem zweiten WM-Titel noch in der regulären Spielzeit, in Doha erst im Elfmeterschießen. Das erinnerte an das Viertelfinale gegen Holland. 2:0 geführt, dann 2:2, Aufstieg erst im Elfmeterschießen.

Das Schweigen der iranischen Spieler bei der Hymne vor dem ersten Gruppenspiel gegen England aus Solidarität zu den Protesten in der Heimat blieben ebenso in Erinnerung wie die Sensation Marokko, das Weinen der Brasilianer nach dem Scheitern gegen Kroatien mit ihrem unermüdlichen Kapitän Luka Modric. Es war auch eine WM der schlechten Verlierer. Frankreich giftete nach dem Endspiel über das dritte Tor Argentiniens, das nicht zählen hätte dürfen, da beim Torschuss von Lionel Messi zwei argentinische Spieler knapp vor der Outline bereits im Spielfeld standen. Marokko reagierte auf die Niederlagen im Semifinale gegen Frankreich und im Spiel um Platz drei gegen Kroatien mit einem offiziellen Protest, wilden Reklamationen bei Katar-Refeee Al Jassim. Im Kabinengang sagte Verteidiger Achraf Hakimi noch einige „Nettigkeiten“ zu FIFA-Präsident Gianni Infantino, der die WM zweifelsohne zu seiner Selbstdarstellung missbrauchte, entschuldigte sich danach.

Die Liste lässt sich fortsetzen: Kroatiens Co-Trainer Mario Mandzukic, der ehemalige Stürmerstar, bekam auf der Bank im Semifinale Rot, weil er sich gegenüber dem italienischen Referee Daniele Orsato ungebührlich benahm. Nach dem argentinischen Elfmeter zum 1:0. Die Verschwörungstheorien der späteren Weltmeister gegen den theatralischen spanischen Referee Antonio Mahut-Lahoz nach dem Aufstieg gegen Holland waren unhaltbar und lächerlich. England vergab gegen Frankreich einen Elfmeter und machte für das Ausscheiden den brasilianischen Referee Wilton Sampaia verantwortlich. Das geht gar nicht. Uruguays Spieler griffen nach dem 2:0 gegen Ghana den deutschen Schiedsrichter Daniel Siebert fast tätlich an, weil er in der Nachspielzeit einen vermeintlichen Elfmeter nicht gab.

Frankreich war der erste Finalist der WM-Geschichte, der in der ersten Hälfte keinen Torschuss abgab, zu keiner Ballberührung im gegnerischen Strafraum kam. Und dann doch für ein historisches Endspiel sorgte. Der frustrierte Blick von Torschützenkönig Kylian Mbappe nach dem Finale neben Infantino gehört auch zu den Dingen, die keiner so rasch vergessen kann. Die WM in Katar war die mit den bisher meisten Toren, 172 Tore wurden in den 64 Spielen erzielt, je eines mehr als 1998 in Frankreich und 2014 in Brasilien. Und war eine, die für vorerst acht Teamchefs und einen Sportdirektor (Oliver Bierhoff in Deutschland) das Ende ihrer Ära bedeuteten. Entweder warfen sie selbst das Handtuch und mussten gehen. Das sind Gerardo Martino bei Mexiko, Luis Enrique bei Spanien, Roberto Martinez bei Österreichs EM-Qualifikationsgegner Belgien, Tite bei Brasilien, Fernando Santos bei Portugal, Paulo Bento bei Südkorea, Otto Addo bei Ghana. Der hatte seinen Rückzug schon vor der WM geplant wie Louis van Gaal in Holland, der kritisiert wurde, obwohl es in allen Spielen seiner dritten Ära keine Niederlage gab. Finalverlierer  Didier Deschamps will erst im nächsten Jahr mit Verbandspräsident Noel Le Great über die Zukunft reden. Der möchte an Deschamps festhalten. Auch prominente Spieler verabschiedeten sich nach der WM. Die Kapitäne von Spanien und Belgien, Sergio Busquets und Eden Hazard, bei Frankreich Torjäger Karim Benzema, der wegen seiner Muskelverletzung nicht dabei war.

1998 in Frankreich war Österreich letztmals bei der Endrunde dabei. In vier Jahren bei der WM in den USA, Kanada  und Mexiko gibt es eine Revolution: Statt 32 48 Teilnehmer, statt 13 aus Europa 16, drei mehr. Das macht es für David Alaba & Co sicher leichter, das WM-Ticket für Österreich nach sechs vergeblichen Versuchen zu schaffen. Dann wird es egal sein, ob in 16 Gruppen mit drei Teams oder in zwölf mit vier gespielt werden wird. Das steht bei der Revolution noch nicht fest.

Foto: FIFA.

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