Hundert Spiele bei einem Klub auf der Trainerbank sind in Zeiten wie diesen keine Selbstverständlichkeit, eher schon eine Rarität. Bei Didi Kühbauer ist es Sonntag Nachmittag so weit: „Bei Rapid zählt das doppelt“, behauptet er nicht zu Unrecht, „weil dort Druck und Stress außergewöhnlich hoch sind!“ Ein Geschenk zum Hunderter wäre sicher, im Spitzenspiel der in diesem Jahr in der Bundesliga ungeschlagenen Mannschaften seinen ersten Sieg als Rapid-Trainer in Salzburg zu feiern. Aber der Meister und Tabellenführer kann sich nach der 0:2-Pleite gegen Villarreal in der Europa League nicht erlauben, Geschenke zu verteilen. Ganz im Gegenteil.
Im Rückblick auf seine 99 Spiele als Rapid-Trainer glaubt Kühbauer, einiges erreicht zu haben, ohne dass großartig viel Geld in den Aufschwung investiert werden musste: „Anfangs waren wir weit weg von Salzburg, jetzt sind wir nahe dran!“ Das gilt es Sonntag zu beweisen. Denn beim letzten Duell, dem 2:6 im Achtelfinale des Uniqa-Cups vor zwei Monaten, war Rapid total untergegangen. Sollte sich das wiederholen, wäre dies auch bezeichnend für das Niveau der Liga im internationalen Vergleich. Gegen den Sechsten der spanischen La Liga kam Österreichs beste Mannschaft nur zu drei Torschüssen, aber gegen den ersten heimischen Verfolger und Herausforderer gibt es kein Problem. Trotz der Doping-Sperre von Sekou Koita und Mo Camara. Koita erzielte diese Saison in Champions League, Bundesliga und Cup 17 Tore. Darunter zwei gegen Rapid. Das Führungstor beim 1:1 im Allianz-Stadion, das 3:0 beim Kantersieg im Cup. Diese Gefahr droht Rapid Sonntag nicht mehr. Aber andere. Stichwort Patson Daka.
Salzburgs Routinier Zlatko Junuzovic sprach von einem reizvollen Sechspunkte-Spiel, Rapids wieder einsatzfähiger Kapitän. Dejan Ljubicic von einer Konstellation, die sich jeder wünscht. Mit ihm hat Kuhbauer wieder mehr Optionen. Aber Rapid braucht Ljubicic sicher mehr im zentralen Mittelfeld wie im Abwehrzentrum als einen von drei Innenverteidigern, zumal Leo Greiml auf dieser Position zuletzt voll überzeugt, beim 0:0 in Altach 115 Ballaktionen hatte. Das ist Rekord für einen Rapid-Spieler in dieser Saison. Kühbauer wird wohl versuchen, mit einer Fünferabwehr zu bremsen. Denn das spielerische Potenzial von Villarreal gibt es bei Grün-Weiß nicht. Das steht außer Diskussion. Der Schlager mag zwar richtungsweisend sein, hat aber noch keinen entscheidenden Charakter. Es kommt ja noch die Punkteteilung. Rapid würde auch bei einer Niederlage Zweiter bleiben. Dann könnt der LASK auf einen Punkt herankommen, wenn ihm in der Südstadt der achte Sieg hintereinander gegen die Admira gelingt. Die angenehmere Ausgangsposition als Rapid in Salzburg hat sicher Rapid II fünfeinhalb Stunden vorher in der zweiten Liga bei Austria Klagenfurt. Da sind die Erwartungen gleich null, wenn der grün-weiße Fußballgott Steffen Hofmann auf seinen Trainer aus der Meistersaison 2007/08, Peter Pacult, trifft.
In Salzburg wird hingegen erwartet, dass Rapid sein Leistungsmaximum herausholt, den seit Donnerstag sicher etwas angeknacksten Meister voll fordert. Die TV-Zuschauer dürfen sich auf flotte Sprüche freuen. Denn im Wiener Sky-Studio werden Alfred Tatar und Andi Herzog sitzen. Tatars Prognose: „Rapid ist für keine Mannschaft ausrechenbar!“