Fußball

Ein offener Brief an Andi Herzog zum 50er: Du bist nicht aufzuhalten!

Hallo Andi! Ich schreib nicht oft solche offene Briefe an Persönlichkeiten, vor denen ich tiefen Respekt habe. An Thomas Vanek ging zu seinem 1000.Spiel in der NHL der bisher einzige, dafür wirst Du als Eishockeyfan Verständnis haben. Wir kennen uns seit 30 Jahren, seit Dich die Vienna im Winter 1988 von Rapid ausleihen konnte, weil auch schon damals bei Grün-Weiß das Vertrauen in die eigenen Talente nicht übermäßig groß war. Nach drei Spielen bei der Vienna lieferste Du bereits Geschichten über Dein Teamdebüt gegen Griechenland in Athen. Im Sommer lief der Leihvertrag aus, die Vienna wollte Dich unbedingt fix kaufen. Legendär ist die Geschichte von der Verhandlung zwischen dem damaligen Vienna-Präsidenten Walter Nettig und dem schon verstorbenen Rapid-Boss Heinz Holzbach im Gourmettempel Steirereck. Um Dich zu bekommen schob Nettig unter dem Tisch Holzbach einen Aktenkoffer zu. Inhalt: 1,5 Millionen Schilling in bar. Damals sehr viel Geld für einen 19jährigen. Aber Holzbach blieb standhaft, obwohl Rapid die siebenstellige Summe gut hätte brauchen können. Du musstest zurück nach Hütteldorf. Vier Jahre später bekam Rapid für Dich von Werder Bremen mehr als das Zehnfache. Dazwischen spieltest Du Deine erste Weltmeisterschaft in Italien.

Ich hab´Dir viele Ereignisse zu verdanken, die immer in Erinnerung bleiben werden. Wie Du im Rapid-Dress Inter Mailand mit seinem drei deutschen Weltmeistern Lothar Matthäus, Andreas Brehme und Jürgen Klinsmann schlecht aussehen ließ. Das Meisterstück 1993 mit Bremen in Stuttgart, als Du danach im ZDF-Sportstudio den Meisterwalzer getanzt hast, mir Dein Trainer Otto Rehhagel jovial seine Telefonnummer gab. Mit der Versicherung, ich sei der einzige Boulevardjournalist, mit dem er rede, der ihn immer anrufen dürfe. Deine Goldtore in der  WM-Qualifikation gegen Schweden, die Österreich die bis heute letzte Teilnahme an einer WM-Endrunde  sicherten. 1999 kam in Berlin noch ein Cupsieg mit Werder Bremen  dazu. Ausgerechnet gegen Bayern München, wo es Dir  Jahre zuvor eine Saison nicht gut gegangen war. Weil Ellenbogentechnik und das Ränkespiel hinter den Kulisse nie Deine Sache waren und in den nächsten 50 Jahren nie sein werden. Daher Rückkehr nach Bremen.

Du warst der einzige, der in seinem 100, Länderspiel mit der Rückennummer 100 spielen durfte. Alfred Ludwig, damals der ÖFB-General, setzte die Erlaubnis 2002 bei FIFA-Präsident Sepp Blatter durch, weil er um Deine großen Verdienste wusste. Bis zum legendären Tor ein Jahr davor in Tel Aviv gegen Israel, das Österreich damals in aufgeheizter Atmosphäre noch ins Play-off um ein WM-Ticket brachte. Im Laufe der Jahrzehnte gab´s zwischen uns viele Gespräche und Diskussionen, in denen Du durchaus überzeugend argumentiert hast. Darum hab ich seit nunmehr 10 Jahren immer für Dich plädiert, wenn der Teamchefposten in Österreich zu vergeben war. Oder der Trainerjob bei Rapid. Wenn viele behaupten, der macht das nur, weil sie „verhabert“ sind, dann war und ist mir das egal. Typisch für Deinen Mut zu Risiko war, dass Du bei Deinem Einstand im Betreuerstab bei Österreichs Team den damaligen Interimsteamchef Willi Ruttensteiner überredet hast, den damals 19jährigen Rapid-Verteidiger Andreas Dober im Old Trafford von Manchester gegen England und den großen Joe Cole debütieren zu lassen. Dober erledige dies ohne Fehl und Tadel. Das er später nicht das hielt, was er versprach, lag nicht mehr in Deinem Bereich.

Zu Deinen Qualitäten zählt es auch, Dich nie selbst zu wichtig zu nehmen. Du hast Deinen Ärger und Enttäuschung meist in Dich hineingefressen. Da musste schon sehr viel passieren, dass Du Dich zu Sätzen wie „verarschen kann ich mich selber“ hinreißen ließest wie letztes Jahr, als Dich ÖFB-Präsident Leo Windtner bei der Bestellung des Nachfolgers von Marcel Koller wie zweimal zuvor nicht gut oder erfahren genug fand. Lächerlich. Wer bei der  WM 2014 in Brasilien erlebt habt, wie hoch Dein Stellenwert bei amerikanischen Teams als rechte Hand Deines Freunds Jürgen Klinsmann war, wie sehr der prominente Scout Berti Vogts Deine Fähigkeiten schätzte, der kann über solche oberflächlichen Meinungen nur den Kopf schütteln.

Es gibt sicher viel attraktivere  Städte, um seinen 50. Geburtstag zu feiern als Belfast. Aber wie ich Dich kenne, wird Dich das nicht stören. Abgesehen davon dass Deine Eltern, Deine Frau und die zwei Söhne nicht bei Dir sind. Aber so entgehst Du dem Geburtstagstrubel in der Heimat. Aber Dir wird´s auch in Nordirland taugen. Weil Du endlich und viel zu spät den Job hast, den Du schon lange haben wolltest und Dir auch verdient hättest: Für eine Mannschaft verantwortlich zu sei, sie zu entwickeln und verbessern. Du wirst Dich nicht beirren lassen, Deinen Weg konsequent weiter gehen, nicht aufzuhalten sein. Auch wenn Du als neuer Teamchef von Israel nicht die Gruppe in der Liga C der Nations League gewinnst. Aber auf Dauer, lieber Andi, werden sich Deine  Qualitäten durchsetzen. Auch in Österreich. Du weißt ja, wie das mit den Propheten im eigenen Land so läuft. Aber einmal wird es einen ÖFB-Präsidenten, der Dich richtig einschätzt, geben. Bei Rapid einen Präsidenten, der Dir nicht als Sportchef holen will, sondern als Trainer. Oder einen Sportchef, für den es nicht so wichtig ist, einen Trainer zu haben, den er leicht lenken kann. Wie gesagt, Du wirst nicht aufzuhalten sein. In diesem Sinne alles Gute.

Foto: Football.org.il.

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