Fußball

Erklärungsnotstand in Violett: Diese Austria ist kein Spitzenteam!

Wolfgang Katzian hätte sich ein schöneres und erfolgreicheres letztes Spiel der Austria verdient, bevor er Montag auf der Generalversammlung nach zwölf Jahren an den gebürtigen Sachsen Frank Hensel übergibt.- Denn da passierte etwas, was für einen Erklärungnotstand in Violett, für Irritationen sorgen wird: Nach 16 Sekunden in  der Generali-Arena vor 8500 Zuschauern (unter dem bisherigen Schnitt)  durch Uros Matic 1:0 gegen Wolfsberg geführt, nach 17 Minuten 2:1. Das hielt bis zur 84. Minuten. Aber am Ende  gewannen die Kärntner 3:2, der dritte Sieg von Wolfsberg hintereinander gegen die Austria. Anderseits schon vier Runden lang kein violetter Sieg seit dem glücklichen 1:0 in Hartberg am 30. September. 0:3 in Altach, 1:1 gegen Sturm Graz, 0:0 bei Wacker Innsbruck und 2:3 gegen Wolfsberg _ das ist die negative Serie, die das Zittern um einen Platz in der Meisterrunde bedeutet.  Schon drei Heimspiele hintereinander kein Sieg. Und das in einem Schmuckkasterl, das zur neuen Festung werden sollte. Das 0:3 gegen den LASK, 1:1 gegen Sturm und 2:3 gegen Wolfsberg sagen etwas anderes. Austria gewann gegen die Kärntner nur 43 Prozent der Zweikämpfe, das ist Tiefstwert in dieser Saison, ließ 24 Torschüsse zu.

Was besonders weh tut: Der Mann, der alle drei Wolfsberger Tore erzielte, hat eine Austria-Vergangenheit. Ein Dreierpack gelang dem 30jährigen Mario Leitgeb bisher noch nie. Von 2014 bis Ende 2015 erzielte er nach seiner Zeit bei Grödig in 33 Partien für Austria zwei Treffer, ehe er in die Schweiz zu St.Gallen wechselte. Für Wolfsberg sind es jetzt in 46 Spielen fünf. Dabei schien heuer im Winter die Karriere des Grazers sogar in Gefahr:  Eine seltene Augenkrankheit, sogar die Erblindung drohte. Akanthamöben hatten sein linkes Auge angegriffen, er musste zwei Monate in einem abgedunkelten Raum liegen, verlor in dieser Zeit acht Kilogramm. Das Comeback gab er ausgerechnet im Mai beim 2:0-Heimsieg über die Austria. Sonntag ab 16.30 Uhr lachte Leitgeb über das ganze Gesicht: „Ich check das noch gar nicht richtig, das  wird noch einige Zeit brauchen. Bisher hab ich nicht einmal im Training einmal drei Tore erzielt.“

Gecheckt hat hingegen Austrias Trainer Thomas Letsch (Bild oben) die Konsequenzen aus der enttäuschenden Partie, in der alle drei Tore aus Standardsituationen kassiert worden. Das 2:2 und 2:3 nach je einem Eckball  und Freistoss des Ex-Austrianer Michael Liendl, weil mit James Jeggo einer der elf Neuen, die Austria holte, Leitgeb zweimal geradezu fahrlässig köpfen ließ: „Es fällt mir schwer, etwas positives rauszuziehen“, sagte Letsch in die Sky-Kameras. Unbegreiflich, wie eine Mannschaft, die Mittwoch im Cup daheim gegen Rapid eigentlichen chancenlos blieb, vieer Tage später auswärts die Austria nach der Pause total beherrschte. Auch wenn an diesem schwarzen Sonntag noch erspart blieb, vom Erzrivalen Rapid überholt zu werden, aus den ersten sechs zu fliegen: Es darf nicht passieren, dass Austria nach 13 Punkten drei Punkte hinter Wolfsberg liegt und wegen der schlechteren Tordifferenz auch hinter Hartberg.

„Derzeit sind wir kein Spitzenteam“ gestand Letsch. Ehrlich, aber zugleich auch bedenklich. Auch wenn Sportchef Ralf Muhr nachher betonte, der Trainer sitze fest im Sattel, gefordert seien jetzt die Spieler: Diskussionen, ob Letsch der richtige Trainer für Austria ist, werden nicht ausbleiben. Die Fragen wird sich auf der Generalversammlung auch AG-Vorstand Markus Kraetschmer anhören müssen, der Letsch und Muhr installiert hat. Die Hoffnung, das der sympathische Deutsche mit dem Know-How aus vier Jahren im Umfeld von Red Bull Salzburg, auch als Assistent von Roger Schmidt, für neue Impulse sorgen kann, erfüllten sich bisher nicht. Irgendwie passen die Letsch-Ideen nicht zu Violett. Man hört vielleicht zu viel vom aggressiven Anlaufen, vom Spiel gegen den Ball als von konstruktiven Ideen, die in besseren Zeiten einmal das Markenzeichen der Austria waren. Vor der Länderspielpause kommt nächsten Sonntag Meister Red Bull Salzburg in die Generali-Arena. Ob da die Wende gelingen wird?

Salzburg schafft gegen Mattersburg wieder einer seiner Siege in der Nachspielzeit. Vier der letzten fünf Tore gegen die Burgenländer erzielte der überlegene Tabellenführer erst nach Ende der regulären Spielzeit. Aber das 2:1 (0:0) war hoch verdient. Denn Mattersburgs Ausgleich von Joker Mario Kvasina per Kopf war 20 Minuten nach Salzburgs spektakulären Führung durch einen spektakulären Rückzieher von Frankreichs U 20-Kapitän Jerome Unguene war der erste Ball, der auf das Tor von Alexander Walke ging. Und das nach 87 Minuten. Aber in der gleichen Minute, in der in Wien Wolfsbergs Siegestor durch Leitgeb fiel, traf auch für die Salzburger ein Steirer: Hannes Wolf sorgte nach einer missglückten Abwehr von Mattersburgs Keeper Martin Kuster für das 2:1 und zwölf Punkte Vorsprung. Das Schussverhältnis am Ende hieß 25:5 für Salzburg. und sagt alles.

Meist gelesen

Nach oben