Fußball

Frankfurt zahlte für Hütter 800.000 Euro

Nicht nur in Deutschland dreht sich derzeit das Trainerkarussell, sondern eigentlich europaweit. Marko Arnautovic bekommt nächste Saison bei West Ham eine neuen Trainer statt David Moyes, der den Londoner Traditionsklubs auf einem Abstiegsplatz übernommen und auf Rang 13 gebracht hatte. Das reichte aber den Klubbossen nicht. Auch Everton wechselte den Trainer, hat nach seben Monaten und Rang acht von Sam Allardyce, Englands ehemaligen 68 Tage-Teamchef genug. Und was bei Kroatiens Meister Dinamo Zagreb passiert, kann man nur mit den Launen des mächtigen Klubchefs Zdravko Mamic, der offiziell nur noch als Berater agiert, erklären: Der frühere Austria Salzburg-Torjäger Nikola Jurcevic, bis letzten November bei West Ham und Arnautovic als Assistent von Slaven Bilic begann, kam im März, um den Meistertitel zu sichern. Das gelang. Aber am 15. Mai war schon wieder Schluss. So bekam er in Polen bei Lech Posen entlassene Nenad Bjelica den Job. Vielleicht auch, weil er vor fünf Jahren mit der Austria Dinamo Zagreb in der Qualifikation zur Champions League eliminiert hatte. Scharfer Kritik in Kroatiens Medien zum Trainerwechsel bei Dinamo: Otto Baric, der heuer 85 Jahre alt wird, Trainer von Austria Salzburg zu Jurcevic-Spielerzeiten, danach auch bei Dinamo, Teamchef in Kroatien und Österreich.

Ein ehemaliger Mitspieler von Jurcevic, Adi Hütter, erfüllte sich im Zuge des Trainerkarussells seinen Traum von der deutschen Bundesliga. Eintracht Frankfurt zahlte 800.000 Euro, um den 48jährigern Vorarlberger aus dem Vertrag bei Young Boys Bern zu holen. Die Ausstiegsklausel hatte Hütter in Bern seit seinem Amtsantritt im September 2015.  „Bild“ begrüßte ihn mit der Feststellung „Wunder kann er schon mal“. Bezogen darauf, dass er  mit Grödig, einen Klub aus einem Dorf mit 7200 Einwohner, zunächst in die Bundesliga aufstieg und den in der erste Saison gleich in den Europacup führte. Auch, dass er in der folgende Doublesaison bei Red Bull Salzburg mit Ralf Rangnick, damals noch Sportdirektor bei RB Leipzig und Salzburg, aneinanderkrachte, weil er dessen Vorgaben und Pläne nicht so akzeptieren wollte, wird positiv vermerkt.

Paralellen zu Niko Kovac, der sich Samstag beim deutschen Pokalfinale von Eintracht verabschiedet, fanden sich rasch: Beide stammen aus der Schule von Red Bull Sazburg. Hütter gelte so wie Kovac als verbissen und  ehrgeizig, arbeitsbesessen und lernwillig. Hütters Familie, seine Frau Sabine und Tochter Celina, die Ende April  nach dem Meisterstück von Young Boys mit dem Vater temperamentvoll in seiner Coaching Zone gejubelt hatte, leben in Salzburg. So wird es auch in der Frankfurt-Zeit blieben. Frau und Tochter von Kovac leben ebenfalls in Salzburg. Aber wer Hütter kennt, weiß, dass er bei seiner Präsentation in Frankfurt nach dem Schweizer Cupfinale mit Young Boys am 27. Mai klarstellen wird, sich nicht als Kovac-Kopie zu sehen. Die Devise, Leistungen für sich sprechen zu lassen, wird er auch beim neuen Karrieresprung beibehalten, weil er damit bisher immer gut fuhr. Als die Spieler von Young Boys Ende April den Meistertitel drei Tage lang in Barcelona feierten, flog Hütter mit seinem steirischen Assistenten Christian Peintinger, den er zur Eintracht mitnimmt, nach Berlin. In die Heimatstadt von Frankfurts Sportchef Fredy Bobic. Ob damals die Verhandlungen begannen, ist jetzt egal. Bobic lobte Hütter als „Wunschlösung“, die wir haben wollten und gefunden haben.“

Der erfolgreichste österreichische Trainer in der deutschen Bundesliga ist auch 16 Jahre nach seinem Tod  Ernst Happel mit einem Punkteschnitt von 1,86 in 204 Spielen mit dem Hamburger SV. Dann kommt schon Ralph Hasenhüttl mit 1,57 aus 102 Partien mit Ingolstadt und RB Leipzig vor dem legendären „Peitschenknaller“ Max Merkel und Peter Pacult (51 Spiele bei 1860 München/Punktschnitt 1,41). Hasenhüttl hat nach der von ihn gewünschten Vertragsauflösung mit Leipzig vorerst einmal Pause. Er sah mit einem auslaufenden Vertrag keine Möglichkeit zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit, wollte nicht ohne vorzeitig Verlängerung angezählt in die kommende Saison gehen. Würden in Österreichs Bundesliga die Trainer so ähnlich denken, müssten sich Rapid und Austria andere Lösungen als die bereits getroffenen mit Goran Djuricin und Thomas Letsch überlegen. Auch Österreichs Meister wird von dem deutschen Trainerkarussell betroffen sein:  Weil in Deutschland der gebürtige Leipziger Marco Rose als Kandidat Nummer eins für Hasenhüttls Nachfolge gehandelt wird, sollte sich nicht Rangnick so wie 215 übergangsweise für ein Jahr selbst wieder auf die Bank setzen. Selbst Rose glaubwürdige Dementis über seinen Red Bull-Transfer werden das nicht verhindern können.

 

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