Fußball

Adis Glück und „Hasis“ Ende

Dass Peter Stöger zu Beginn der kommenden Saison nicht in der deutschen Bundesliga arbeiten wird, stand eigentlich seit Wochen fest. Dass auf ihn Ralph Hasenhüttl folgte, stand überraschend Mittwoch Vormittag fest. Da löste er seinen bis 2019 laufenden Vertrag bei RB Leipzig auf eigenen Wunsch, obwohl dies Leipzigs Sportchef Ralf Rangnick offiziell nicht wollte. Wenn zwei „Alphatiere“ streiten, hat das eben Folgen. Aber am Abend kam die noch größere Überraschung: Österreich hat doch nächste Saison einen Trainer in der deutschen Bundesliga. Adi Hütter verlässt den Schweizer Meister Young Boys Bern, erfüllt sich mit dem Wechsel einen Bubentraum.

Als Spieler von Austria Salzburg täte Hütter die Möglichkeit gehabt, zu 1860 München in die Bundesliga zu übersiedeln, nahm sie aber nicht wahr. Aber da hinterließ er schon Spuren in Frankfurt: Am 3. Marz 1994 schoss er bei Salzburgs Erfolgsrun im UEFA-Cup im Viertelfinale gegen die Eintracht in Wien das  Siegestor zum 1:0. Und verwandelte zwei Wochen später im Frankfurter Waldstadion, seiner neuen fußballerischen Heimat, im entscheidenden Elferschießen zum Aufstieg seinen Penalty. Als Trainer lehnte der Vorarlberger im letzten Herbst ein Angebot von Werder Bremen ab, verlängerte in Bern bis 2019, allerdings mit einer Ausstiegsklausel. Die nützte er jetzt nach dem ersten Meistertitel der Young Boys seit 32 Jahren. Am 27. Mai kann er sich im Cupfinale gegen den FC Zürich mit dem Double, das wäre das erste in Bern seit 60 Jahren, noch triumphaler verabschieden.

Hütter verkündete seinen Wechsel mit neuer Frisur, die man als Fast-Glatze bezeichnen kann. Resultat einer Wette mit seinem steirischen Assistenten Christian Peintinger, den er nach Frankfurt mitnehmen wird. Im Jänner hatten die beiden vereinbart, die Haare bis auf zwei Millimeter Kürze schneiden zu lasen, falls Young Boys Meister wird. Dazu standen sie jetzt: „Ich hatte in Bern drei wundervolle Jahre, aber jetzt erfülle ich mir einen Traum.“ Damit hinterlässt er eine große Lücke beim Meister. Aber Sportchef Christoph Spycher, der selbst bei Eintracht Frankfurt gespielt hatte, sagte kein böses Wort: „Adi hat sich korrekt verhalfen, uns immer über den aktuellen Sand informiert.“ Mittwoch Früh hatten deutsche Medien den deutschen Huddersfield-Trainer David Wagner als Favorit für die Nachfolge des zu Bayer München wechselnden Niko Kovac bezeichnet, aber man kann sich irren. Frankfurts Sportchef Fredy Bobic bezeichnete Hütter als seinen Wunschkandidat, dessen bisherige Erfolge für ihn sprechen: „Er lebt Fußball.“ Hütter übernimmt von Kovac eine Multi-Kulti-Truppe,die Samstag im Cupfinale in Berlin mit einem Aussenseitersieg über Bayern noch die Qualifikation für die Europa League schaffen kann.

Hütter und Hasenhüttl spielten bei Austria Salzburg in den Neunzigerjahren zusammen. In der Bundesliga werden sie vorerst nicht aufeinandertreffen. Hasenhüttls selbst gewolltes Aus in Leipzig war Sonntag nach der Versicherung von Rangnick, man werde mit dem Steirer sicher als Trainer in die Saison 2018/19 gehen, nicht zu erwarten. Aber das monatelange Hin und Her endete mit einem Urknall. Den hatten Kenner von Hasenhüttl und Rangnick schon viel, viel früher erwartet. Im Winter wollten Leipzig-Boss Oliver Mintzlaff und Rangnick den Vertrag mit dem 50jährigen Grazer verlängern, weil sie nichts davon hielten, ab Juli einen Trainer auf der Bank zu haben. dessen Vertrag elf Monate später ausläuft.  Doch da vertröstete sie Hasenhüttl. Als er Monate später die Bereitschaft erkennen ließ, über 2019 bei RB Leipzig zu bleiben, reagierten aber Mintzlaff und Rangnick nicht mit einem neuen Angebot. Wollten abwarten, wie die Saison enden wird.Samstag lagen sich Hasenhüttl und Rangnick nach dem 6:2 in Berlin und dem Sprung in die Europa League Qualifikation in den Armen. Da schien alles klar zu sein. Aber am Dienstag hörte Hasenhüttl im Leipziger Trainingszentrum am Cottaweg von Mintzlaff und Rangnick, dass sie ihre Meinung geändert hatten, es für den Klub nicht gut finden, jetzt den Vertrag über 2019 hinaus zu verlängern. Im Saisonfinish war in den deutschen Gazetten öfters zu lesen, die 14 Punkte weniger als im Vorjahr und 1,50 im Schnitt hätten nicht die  Erwartungen der Bosse erfüllt.

Da fühlte sich Hasenhüttl nach Vizemeistertitel und Sprung in die Champions League in der Saison 2016/17, jetzt Platz sechs, Europa League-Viertelfinale nicht genug gewertschätzt: „Wir waren uns vor Monaten darüber einig, dass es für die Entwicklung keinen Sinn macht, wenn Leipzig einen Trainer hat, dessen Vertrag nur noch ein Jahr läuft. Daher sind nach einer erfolgreichen Zusammenarbeit  ehrliche Worte am Platz,ist ein klares Nein besser als ein beschwichtigendes Ja.“ Die Auflösung des Vertrags verhandelte Hasenhüttl Mittwoch Vormittag mit Mintzlaff selbst. Ohne Berater und Rechtsbeistand. Vielleicht wollten Mintzlaff und Rangnick dies entgegen ihrer Beteuerungen mit dem Nein zur Verlängerung über 2019 hinaus sogar provozieren. Es wäre keine Überraschung, sollte sich Sportchef Rangnick wieder selbst zum Trainer machen. Wie vor zwei Saisonen, als Leipzig den Aufstieg schaffte.

Um Hasenhüttls Zukunft muss sich keine Sorge machen. Sollten sich aber erste Gerüchte bestätigen, dass etwas mit Borussia Dortmund läuft, weil der Schweizer Lucien Favre nicht  wie angenommen schon fix zugesagt hat, dann hat vielleicht der clevere Steirer selbst darauf spekuliert, von Rangnick und Mintzlaff ein Argument dafür geliefert zu bekommen, aus dem Vertrag auszusteigen. Mit der selbst gewünschten Lösung verzichtet er  auf mehr als eine Mllion Euro. Ohne etwas in der Hinterhand zu haben?Man wird sehen. Und Stöger? Dem kann man glauben, dass er vorerst eine Pause einlegen wird.

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