Hietzinger Hauptstrasse, das Restaurant Mario gegenüber dem altehrwürdigen Plachutta: Dort gönnt sich Veli Kavlak zwischen erstem Training beim Fitnessguru Heinrich Bergmüller und Therapie der lädierten rechten Schulter beim ehemaligen Rapid-Physiotherapeuten Andreas Helfrich ein Carpaccio mit viel Parmesan und danach Spaghetti Bolognese. Der Gesichtsausdruck und das Reden schon viel entspannter als noch im September nach der fünften Operation in zwei Jahren. Denn bei der Kontrolluntersuchung in München beim Schulterspezialisten Peter Habermeyer hörte er von ihm den ersehnten Satz: „Du wirst sicher wieder spielen können.“ Das hob natürlich die Stimmung. Und er hat sich geschworen, es in seinem Ehrgeiz zum Comeback nicht zu übertreiben, nicht fünf Schritte auf einmal machen zu wollen.
Mittwoch Abend war er wieder einmal kurz im ORF zu sehen. Anläßlich der Kurzausschnitte vom überraschenden 3:2-Auswärtssieg von Besiktas Istanbul in der Champions League bei Napoli. Da erinnerte man sich des ehemaligen Kapitäns des türkischen Meisters und seiner zu langen Leidenszeit. Kavlak selbst hat weiterhin Kontakte zu den Mitspielern: „Drei Schüsse auf´s Tor von Napoli, alle drinnen. Da muss erst einmal gelingen“, lächelt er, „jetzt geht in Istanbul wieder alles drunter und drüber.“ Euphorie pur bei Besiktas, jetzt folgen zwei Heimspiele gegen Napoli und Benfica in der neuen Vodafon-Arena, in der 41.000 fanatische Fans für ohrenbetäubenden Lärm sorgen werden. Der Aufstieg ist möglich: „Ich möchte im Frühjahr mit Besiktas in der Champions League spielen“, sagt er. Dazu muss er im Winter neu auf die Kaderliste gesetzt werden. Die Konkurrenz wird mit Portugals Europameister Quaremsa, dem Kanadier Hutchinson, dem Schweizer Ex-Teamkapitän Inler, dem Brasilianer Talicsa, den Lokalmatadoren Uysal, Arslan und Özyakup groß sein: „Aber ich hab Konkurrenz noch nie gefürchtet.“ Stärker als vor der zweijährigen Zwangspause zurückkehren heißt seine Devise.
Am Handy zeigt er Fotos vom neuen Mannschaftsbus und dem neuen Flugzeug von Besiktas, seine GPS-Daten vom Training vor der fünften Operation. Immer Spitzenwerte trotz großer Schmerzen, weshalb ihm bei Besiktas zu viele nicht mehr glaubten, verletzt zu sein. Der Ärger sitzt noch tief und den versucht er zu verdrängen. Die nächsten drei Wochen weiterhin in Wien. Seit dieser Woche mit dreimal Training am Tag. Zunächst bei Bergmüller, der alles anhand der Lactat-Werte kontrolliert, dann Therapie, abends nochmals Training. Seit Mittwoch erstmals mit Gewichten und erstmals laufen, nicht mehr nur am Rad sitzen. Der Aufwand spielt ihm keine Rolle: „Wenn ich nicht dreimal am Tag trainiere, wird mir langweilig.“
Sonntag ist Kavlak, der am 3. November seinen 28. Geburtstag feiern wird, Gast Rapids beim Derby gegen Austria. Von der Mannschaft, die der Meister von 2008 drei Jahre später verließ, sind nur noch Steffen Hofmann und Mario Sonnleitner dabei. Das neue Rapid-Stadion weckt bei ihm ähnliche Sehnsüchte wie der erste Besiktas-Sieg in dieser Champions League: „Ein Länderspiel mit Österreich in Hütteldorf, das wär´super“. Muss gar keine Utopie ein, wenn das Happel-Stadion in absehbarer Zeit renoviert wird.
