Fußball

Krammers Fazit nach 2195 Tagen: „Bitte passt gut auf Rapid auf“

Montag endet nach 2199 Tagen die sechsjährige Präsidentenära von Michael Krammer bei Rapid. Nach 2195 zog er im Medienzentrum des Allianz-Stadions darüber Bilanz. Die schwankte zwischen Selbstkritik und Zufriedenheit. Selbstkritik, weil er deutlich mehr erwartet hatte, wie er zugab.  Und eigene Fehler dafür verantwortlich machte, dass es nicht dazu kam. Wenn alles so funktioniert hätte wie der Stadionbau, dann wäre es optimal gelaufen. Ein Projekt dieser Größenordnung innerhalb des Budgets und des Zeitplans so zu vollenden, das bedeutet speziell in Wien die Ausnahme der Regel. Rapid hat´s unter Krammer geschafft. Darauf kann er  mit Recht stolz sein. Auf manches andere nicht.

In der letzten Woche seiner Amtszeit war Rapid noch Gastgeber des Treffen des Boards der European Club Association, der Vereinigung der europäischen Spitzenklubs, die in Wien tagte. Mit ihrem Boss, Juventus-.Chef Andrea Agnelli, Barcelonas Präsident Josep Bartomeu, FC Liverpools Vorstand Peter Moore, Borussia Dortmunds Hans Joachim Watzke. Diese Herrn hätte Krammer lieber getroffen, wenn Rapid in der Champions League auf einen dieser Topklubs getroffen wäre. Aber in der Königsklasse war Rapid letztmals vor 14 Jahren, unter Krammer nur einmal nahe daran, Vor vier Jahren. Daher war das Wiedersehen mit dem ehemalige Klassetormann Edwin van der Sar, jetzt General Manager von Ajax Amsterdam, beim gemütlichen Abend in der Feinkosterei am Judenplatz (Bild oben) für Krammer Erinnerung an einen der schönsten Siege seiner Ära, wenn nicht sogar den schönsten. Das 3:2 vor vier Jahren in der Johan Cruyff-Arena mit zwei Toren von Louis Schaub mit dem Rapid ins Play-off der Qualifikation der Champions League aufgestiegen war. Etwas viel besseres kam danach nicht mehr.

In sechs Jahren viermal in der Gruppenphase der Europa League, davon zweimal in die k.o.-Phase gekommen, das sah Krammer aber schon durchaus positiv: „Diese Konstanz hat es vorher bei Rapid noch nicht gegeben“. Ebenso noch nicht Rang 62 in der Europarangliste der Klubs. Er übernahm Rapid auf Rang 105, wollte aber unter die ersten 50. Auch mit 2,6 Millionen Zuschauern bei den Heimspielen in sechs Jahren zeigte er sich zufrieden. National hätte er sich mehr gewünscht als dreimal Vizemeister zu werden und zweimal ins Cupfinale zu kommen. Aber das verhinderte eben der größte Fehler, den er als Rapid-Präsident beging, von dem bereits seit längerer Zeit redet. Mit dem neuen Stadion im Rücken hätte man die Abkürzung zum Erfolg gesucht statt bei der kontinuierlichen Entwicklung zu bleiben. Oder anders ausgedrückt: Das Wort des damaligen Sportchefs Andreas Müller zählte damals bei Krammer und seinem Präsidium mehr als das von Trainer Zoran Barisic, der gehen musste: „Wir sind leider am Holzweg gelandet und auf dem zwei Saisonen lang geblieben!“

Aber diese Zeiten seien jetzt vorbei, aus dem größten Eigentor, das ihm passierte, wurde gelernt. Auch weil er Barisic in neuer Funktion als Sport-Geschäftsführer zurückholte. Jetzt sieht Krammer wieder eine positive Entwicklung: „Aber wir haben noch nicht einmal die Hälfte des Wegs zurück erreicht!“ Und darum appellierte er an den Nachfolger, den eingeschlagenen Weg nicht zu verlassen, Barisic und Didi Kühbauer als Trainer kontinuierlich weiter arbeiten zu lassen. Ratschläge wollte er dem Nachfolger keine erteilen: „Ratschläge sind Schläge, die gibt´s nicht von mir.“ Er legte aber dem Nachfolger einen Satz nahe, den ihm sein Vorgänger Rudi Edlinger mit auf den Weg gegeben hatte, den Edlinger selbst vom legendären Anton Benya gehört hatte: „Bitte passt mir gut auf Rapid auf!“

Für seine Eindrücke vom laufenden Wahlkampf nahm er eine verbale Anleihe beim ehemaligen Wiener Bürgermeister Michael Häupl: „Eine Zeit von fokussierter Unintelligenz! “ Ob er künftig zu Rapids Entwicklung nichts sagen werden, wollte Krammer nicht versprechen. Fix ist, dass er für die nächsten drei Jahre eine Loge im VIP-Bereich gemietet hat.

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